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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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rast ist Arznei, ist Stärkung, und Linderung für den
Menschen!
II) Les Eaux. Neben dem Morast ist ein noch
viel grösseres Haus für die Wasser von St. Amand.
Man sieht in die Quelle hinunter; darneben sind Küchen,
Kessel, eine Menge Badezimmer, oben Säle, Platz für
Kaufleute, Buchläden etc. Der Grund der Quellen ist
ein beweglicher Sand; man kan nie auf den Boden
kommen. Es ist der nämliche schwarze Morast, wie
darneben, nur daß oben eine grössere Menge Wasser ist.
Um das Haus zu bauen, hat man ebenfalls den Morast
durch viele verbundene Balken erst fest machen müssen.
Das Wasser ist nicht übel zu trinken, es schmeckt ein
Bischen brenzlicht, weil viel Oel von der Natur darin
verbreitet ist. Am Hause steht das französische Wap-
pen, und eine Inschrift des Inhalts, daß die Römer be-
reits diese Quellen gekannt hätten, daß sie aber nachher
in Vergessenheit gerathen, im Morast versunken, aber
unter Ludwig dem Grossen, durch den Marschal von
Bouffleur, der Commandant general de Flan-
dres
war, 1698. wieder erbaut und eingerichtet worden
wären. Die Schildwachen, die an den Alleen im Wal-
de stehen, sind blos wegen der Soldaten da, damit diese
nicht entwischen; diese dürfen daher auch da nicht spazie-
ren gehen. -- Im Walde ist eine Quelle so voller
Schwefel, daß sie in wenigen Minuten ein Silberstück
ganz goldgelb macht, und nur ein paar Schritte davon
ist eine ganz gesunde Quelle.

Das Reisen und die Hitze hatten mich so müde, schlaff
und schmutzig gemacht, daß ich mir auch eine Badstube
öfnen lies und mich 3/4 Stunden lang in ein kaltes Bad

setzte.
raſt iſt Arznei, iſt Staͤrkung, und Linderung fuͤr den
Menſchen!
II) Les Eaux. Neben dem Moraſt iſt ein noch
viel groͤſſeres Haus fuͤr die Waſſer von St. Amand.
Man ſieht in die Quelle hinunter; darneben ſind Kuͤchen,
Keſſel, eine Menge Badezimmer, oben Saͤle, Platz fuͤr
Kaufleute, Buchlaͤden ꝛc. Der Grund der Quellen iſt
ein beweglicher Sand; man kan nie auf den Boden
kommen. Es iſt der naͤmliche ſchwarze Moraſt, wie
darneben, nur daß oben eine groͤſſere Menge Waſſer iſt.
Um das Haus zu bauen, hat man ebenfalls den Moraſt
durch viele verbundene Balken erſt feſt machen muͤſſen.
Das Waſſer iſt nicht uͤbel zu trinken, es ſchmeckt ein
Bischen brenzlicht, weil viel Oel von der Natur darin
verbreitet iſt. Am Hauſe ſteht das franzoͤſiſche Wap-
pen, und eine Inſchrift des Inhalts, daß die Roͤmer be-
reits dieſe Quellen gekannt haͤtten, daß ſie aber nachher
in Vergeſſenheit gerathen, im Moraſt verſunken, aber
unter Ludwig dem Groſſen, durch den Marſchal von
Bouffleur, der Commandant general de Flan-
dres
war, 1698. wieder erbaut und eingerichtet worden
waͤren. Die Schildwachen, die an den Alleen im Wal-
de ſtehen, ſind blos wegen der Soldaten da, damit dieſe
nicht entwiſchen; dieſe duͤrfen daher auch da nicht ſpazie-
ren gehen. — Im Walde iſt eine Quelle ſo voller
Schwefel, daß ſie in wenigen Minuten ein Silberſtuͤck
ganz goldgelb macht, und nur ein paar Schritte davon
iſt eine ganz geſunde Quelle.

Das Reiſen und die Hitze hatten mich ſo muͤde, ſchlaff
und ſchmutzig gemacht, daß ich mir auch eine Badſtube
oͤfnen lies und mich ¾ Stunden lang in ein kaltes Bad

ſetzte.
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[412/0436] raſt iſt Arznei, iſt Staͤrkung, und Linderung fuͤr den Menſchen! II) Les Eaux. Neben dem Moraſt iſt ein noch viel groͤſſeres Haus fuͤr die Waſſer von St. Amand. Man ſieht in die Quelle hinunter; darneben ſind Kuͤchen, Keſſel, eine Menge Badezimmer, oben Saͤle, Platz fuͤr Kaufleute, Buchlaͤden ꝛc. Der Grund der Quellen iſt ein beweglicher Sand; man kan nie auf den Boden kommen. Es iſt der naͤmliche ſchwarze Moraſt, wie darneben, nur daß oben eine groͤſſere Menge Waſſer iſt. Um das Haus zu bauen, hat man ebenfalls den Moraſt durch viele verbundene Balken erſt feſt machen muͤſſen. Das Waſſer iſt nicht uͤbel zu trinken, es ſchmeckt ein Bischen brenzlicht, weil viel Oel von der Natur darin verbreitet iſt. Am Hauſe ſteht das franzoͤſiſche Wap- pen, und eine Inſchrift des Inhalts, daß die Roͤmer be- reits dieſe Quellen gekannt haͤtten, daß ſie aber nachher in Vergeſſenheit gerathen, im Moraſt verſunken, aber unter Ludwig dem Groſſen, durch den Marſchal von Bouffleur, der Commandant general de Flan- dres war, 1698. wieder erbaut und eingerichtet worden waͤren. Die Schildwachen, die an den Alleen im Wal- de ſtehen, ſind blos wegen der Soldaten da, damit dieſe nicht entwiſchen; dieſe duͤrfen daher auch da nicht ſpazie- ren gehen. — Im Walde iſt eine Quelle ſo voller Schwefel, daß ſie in wenigen Minuten ein Silberſtuͤck ganz goldgelb macht, und nur ein paar Schritte davon iſt eine ganz geſunde Quelle. Das Reiſen und die Hitze hatten mich ſo muͤde, ſchlaff und ſchmutzig gemacht, daß ich mir auch eine Badſtube oͤfnen lies und mich ¾ Stunden lang in ein kaltes Bad ſetzte.

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/436>, abgerufen am 24.04.2024.