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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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Einwohner sind unter der Menge der Bedienten, der
Fremden, der Geistlichen, der Müssiggänger etc. un-
kenntlich. Aus allen Provinzen des Königreichs, so
wie aus allen Gegenden Europens sind beständig Leute
da, die entweder ihr Geld, um sich zu amusiren, lieber
da verzehren, als in andern kleinen Städten; oder die
um der Wissenschaften und schönen Künste willen, oder
wegen des Handels und der Geschäfte bei Hof und in der
Regierung, oder blos um die Welt, -- die grosse glän-
zende Welt, -- zu sehen, oder um ein zügelloses Leben
zu führen, und aufs Abwechseln im Laster zu studiren etc.
da zusammen kommen.

Das Erste, was ein Fremder braucht, ist ein Fia-
ker oder Miethkutsche. Man rechnet über 1500. in Pa-
ris.
Sie stehen auf allen Strassen, haben 2. Pferde,
die Kutschen sind zum Theil schlecht, eng, niedrig, stos-
sen gewaltig, sind oft unsauber. Man bezahlt sie
Stundenweis zu 24. Sous. Sie fahren, wohin man's
verlangt, sind gegen die Fremden oft grob, wenn man
ihnen nicht gleich mit den Kommissaren droht, die über
sie gesetzt sind, und ihren Muthwillen mit dem Kerker
bestrafen.

In diesen Miethkutschen sucht man mit seiner Equi-
page ein Hotel. So heissen hier, nicht blos Aubergen
oder Wirthshäuser, sondern fast alle Bürgerhäuser, wo
chambres garnies für Fremde offen stehen. Jedes
Haus hat seinen angeschriebenen Namen, z. B. Hotel
de Nevers, de Dauemarc, d'Espagne, d'Angle-
terre, de l'Empire
etc. Man kan Zimmer haben,
a plein pied, so nennt der Franzose die erste Flur, die
bei uns der erste Stock heißt. Im dritten sind die Zim-

mer

Einwohner ſind unter der Menge der Bedienten, der
Fremden, der Geiſtlichen, der Muͤſſiggaͤnger ꝛc. un-
kenntlich. Aus allen Provinzen des Koͤnigreichs, ſo
wie aus allen Gegenden Europens ſind beſtaͤndig Leute
da, die entweder ihr Geld, um ſich zu amuſiren, lieber
da verzehren, als in andern kleinen Staͤdten; oder die
um der Wiſſenſchaften und ſchoͤnen Kuͤnſte willen, oder
wegen des Handels und der Geſchaͤfte bei Hof und in der
Regierung, oder blos um die Welt, — die groſſe glaͤn-
zende Welt, — zu ſehen, oder um ein zuͤgelloſes Leben
zu fuͤhren, und aufs Abwechſeln im Laſter zu ſtudiren ꝛc.
da zuſammen kommen.

Das Erſte, was ein Fremder braucht, iſt ein Fia-
ker oder Miethkutſche. Man rechnet uͤber 1500. in Pa-
ris.
Sie ſtehen auf allen Straſſen, haben 2. Pferde,
die Kutſchen ſind zum Theil ſchlecht, eng, niedrig, ſtoſ-
ſen gewaltig, ſind oft unſauber. Man bezahlt ſie
Stundenweis zu 24. Sous. Sie fahren, wohin man’s
verlangt, ſind gegen die Fremden oft grob, wenn man
ihnen nicht gleich mit den Kommiſſaren droht, die uͤber
ſie geſetzt ſind, und ihren Muthwillen mit dem Kerker
beſtrafen.

In dieſen Miethkutſchen ſucht man mit ſeiner Equi-
page ein Hôtel. So heiſſen hier, nicht blos Aubergen
oder Wirthshaͤuſer, ſondern faſt alle Buͤrgerhaͤuſer, wo
chambres garnies fuͤr Fremde offen ſtehen. Jedes
Haus hat ſeinen angeſchriebenen Namen, z. B. Hôtel
de Nevers, de Dauemarc, d’Eſpagne, d’Angle-
terre, de l’Empire
ꝛc. Man kan Zimmer haben,
à plein pied, ſo nennt der Franzoſe die erſte Flur, die
bei uns der erſte Stock heißt. Im dritten ſind die Zim-

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[28/0052] Einwohner ſind unter der Menge der Bedienten, der Fremden, der Geiſtlichen, der Muͤſſiggaͤnger ꝛc. un- kenntlich. Aus allen Provinzen des Koͤnigreichs, ſo wie aus allen Gegenden Europens ſind beſtaͤndig Leute da, die entweder ihr Geld, um ſich zu amuſiren, lieber da verzehren, als in andern kleinen Staͤdten; oder die um der Wiſſenſchaften und ſchoͤnen Kuͤnſte willen, oder wegen des Handels und der Geſchaͤfte bei Hof und in der Regierung, oder blos um die Welt, — die groſſe glaͤn- zende Welt, — zu ſehen, oder um ein zuͤgelloſes Leben zu fuͤhren, und aufs Abwechſeln im Laſter zu ſtudiren ꝛc. da zuſammen kommen. Das Erſte, was ein Fremder braucht, iſt ein Fia- ker oder Miethkutſche. Man rechnet uͤber 1500. in Pa- ris. Sie ſtehen auf allen Straſſen, haben 2. Pferde, die Kutſchen ſind zum Theil ſchlecht, eng, niedrig, ſtoſ- ſen gewaltig, ſind oft unſauber. Man bezahlt ſie Stundenweis zu 24. Sous. Sie fahren, wohin man’s verlangt, ſind gegen die Fremden oft grob, wenn man ihnen nicht gleich mit den Kommiſſaren droht, die uͤber ſie geſetzt ſind, und ihren Muthwillen mit dem Kerker beſtrafen. In dieſen Miethkutſchen ſucht man mit ſeiner Equi- page ein Hôtel. So heiſſen hier, nicht blos Aubergen oder Wirthshaͤuſer, ſondern faſt alle Buͤrgerhaͤuſer, wo chambres garnies fuͤr Fremde offen ſtehen. Jedes Haus hat ſeinen angeſchriebenen Namen, z. B. Hôtel de Nevers, de Dauemarc, d’Eſpagne, d’Angle- terre, de l’Empire ꝛc. Man kan Zimmer haben, à plein pied, ſo nennt der Franzoſe die erſte Flur, die bei uns der erſte Stock heißt. Im dritten ſind die Zim- mer

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/52>, abgerufen am 24.04.2024.