Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Warlich eine vortrefliche Erfindung, und herrlich aus-
geführt. Ich besuchte von da

Mr. Morand, Doct. en Med. & de l'Ac. R. des
Sc.
Schon ein etwas alter Mann, aber lebhaft und
affabel, hat ein kleines, hagres, blasses Gesicht, prakti-
cirt wenig oder gar nicht, und bearbeitet besonders die Ge-
schichte der Steinkohlen. Er erkundigte sich gleich sehr
umständlich, ob ich auch eine graduirte Person wäre, und
sprach hernach von nichts, als von seinem Werk sur
l'Exploitation des charbons de terre.
Er hohlte
die beiden Folianten her, und zeigte mir alle Kupferplat-
ten. Er hat selber eine starke Steinkohlensammlung, wuste
aber doch nicht, daß es auch in unserm Lande welche gä-
be. Er versprach mir, mich in die Königl. Akad. einzu-
führen.

Den 25sten Mai.

Heute hörte ich den

Discours de Mr. Baer, dans l'Eglise de
l'Ambassad. de Suede
an. Die Kapelle ist eigentlich
nur ein langes schmales Zimmer, hinten im Garten, der
am Hotel liegt, und sieht recht ländlich aus. An dem
einen Ende steht die Kanzel, am andern eine kleine Or-
gel, in der Mitte ein Tisch mit vergoldeten Füssen und
silbernen Leuchtern darauf, statt des Altars, und überall
Stühle, die von allen ohne Unterschied besetzt werden.
Allemahl am letzten Sonntag im Monat wird französisch
gepredigt, und so wars heute, sonst aber deutsch. Der
Gottesdienst ward in folgender Ordnung gehalten. Man
kam um 11. Uhr zusammen. Baer sprach zuerst ein

franzö-
E

Warlich eine vortrefliche Erfindung, und herrlich aus-
gefuͤhrt. Ich beſuchte von da

Mr. Morand, Doct. en Med. & de l’Ac. R. des
Sc.
Schon ein etwas alter Mann, aber lebhaft und
affabel, hat ein kleines, hagres, blaſſes Geſicht, prakti-
cirt wenig oder gar nicht, und bearbeitet beſonders die Ge-
ſchichte der Steinkohlen. Er erkundigte ſich gleich ſehr
umſtaͤndlich, ob ich auch eine graduirte Perſon waͤre, und
ſprach hernach von nichts, als von ſeinem Werk ſur
l’Exploitation des charbons de terre.
Er hohlte
die beiden Folianten her, und zeigte mir alle Kupferplat-
ten. Er hat ſelber eine ſtarke Steinkohlenſammlung, wuſte
aber doch nicht, daß es auch in unſerm Lande welche gaͤ-
be. Er verſprach mir, mich in die Koͤnigl. Akad. einzu-
fuͤhren.

Den 25ſten Mai.

Heute hoͤrte ich den

Diſcours de Mr. Baer, dans l’Egliſe de
l’Ambaſſad. de Suede
an. Die Kapelle iſt eigentlich
nur ein langes ſchmales Zimmer, hinten im Garten, der
am Hotel liegt, und ſieht recht laͤndlich aus. An dem
einen Ende ſteht die Kanzel, am andern eine kleine Or-
gel, in der Mitte ein Tiſch mit vergoldeten Fuͤſſen und
ſilbernen Leuchtern darauf, ſtatt des Altars, und uͤberall
Stuͤhle, die von allen ohne Unterſchied beſetzt werden.
Allemahl am letzten Sonntag im Monat wird franzoͤſiſch
gepredigt, und ſo wars heute, ſonſt aber deutſch. Der
Gottesdienſt ward in folgender Ordnung gehalten. Man
kam um 11. Uhr zuſammen. Baer ſprach zuerſt ein

franzoͤ-
E
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0089" n="65"/>
Warlich eine vortrefliche Erfindung, und herrlich aus-<lb/>
gefu&#x0364;hrt. Ich be&#x017F;uchte von da</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Mr. <hi rendition="#i">Morand,</hi> Doct. en Med. &amp; de l&#x2019;Ac. R. des<lb/>
Sc.</hi> Schon ein etwas alter Mann, aber lebhaft und<lb/>
affabel, hat ein kleines, hagres, bla&#x017F;&#x017F;es Ge&#x017F;icht, prakti-<lb/>
cirt wenig oder gar nicht, und bearbeitet be&#x017F;onders die Ge-<lb/>
&#x017F;chichte der Steinkohlen. Er erkundigte &#x017F;ich gleich &#x017F;ehr<lb/>
um&#x017F;ta&#x0364;ndlich, ob ich auch eine graduirte Per&#x017F;on wa&#x0364;re, und<lb/>
&#x017F;prach hernach von nichts, als von &#x017F;einem Werk <hi rendition="#aq">&#x017F;ur<lb/>
l&#x2019;Exploitation des charbons de terre.</hi> Er hohlte<lb/>
die beiden Folianten her, und zeigte mir alle Kupferplat-<lb/>
ten. Er hat &#x017F;elber eine &#x017F;tarke Steinkohlen&#x017F;ammlung, wu&#x017F;te<lb/>
aber doch nicht, daß es auch in un&#x017F;erm Lande welche ga&#x0364;-<lb/>
be. Er ver&#x017F;prach mir, mich in die Ko&#x0364;nigl. Akad. einzu-<lb/>
fu&#x0364;hren.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Den 25&#x017F;ten Mai.</head><lb/>
            <p>Heute ho&#x0364;rte ich den</p><lb/>
            <p><hi rendition="#aq">Di&#x017F;cours de Mr. <hi rendition="#i">Baer,</hi> dans l&#x2019;Egli&#x017F;e de<lb/>
l&#x2019;Amba&#x017F;&#x017F;ad. de <hi rendition="#i">Suede</hi></hi> an. Die Kapelle i&#x017F;t eigentlich<lb/>
nur ein langes &#x017F;chmales Zimmer, hinten im Garten, der<lb/>
am Hotel liegt, und &#x017F;ieht recht la&#x0364;ndlich aus. An dem<lb/>
einen Ende &#x017F;teht die Kanzel, am andern eine kleine Or-<lb/>
gel, in der Mitte ein Ti&#x017F;ch mit vergoldeten Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en und<lb/>
&#x017F;ilbernen Leuchtern darauf, &#x017F;tatt des Altars, und u&#x0364;berall<lb/>
Stu&#x0364;hle, die von allen ohne Unter&#x017F;chied be&#x017F;etzt werden.<lb/>
Allemahl am letzten Sonntag im Monat wird franzo&#x0364;&#x017F;i&#x017F;ch<lb/>
gepredigt, und &#x017F;o wars heute, &#x017F;on&#x017F;t aber deut&#x017F;ch. Der<lb/>
Gottesdien&#x017F;t ward in folgender Ordnung gehalten. Man<lb/>
kam um 11. Uhr zu&#x017F;ammen. <hi rendition="#fr">Baer</hi> &#x017F;prach zuer&#x017F;t ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E</fw><fw place="bottom" type="catch">franzo&#x0364;-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[65/0089] Warlich eine vortrefliche Erfindung, und herrlich aus- gefuͤhrt. Ich beſuchte von da Mr. Morand, Doct. en Med. & de l’Ac. R. des Sc. Schon ein etwas alter Mann, aber lebhaft und affabel, hat ein kleines, hagres, blaſſes Geſicht, prakti- cirt wenig oder gar nicht, und bearbeitet beſonders die Ge- ſchichte der Steinkohlen. Er erkundigte ſich gleich ſehr umſtaͤndlich, ob ich auch eine graduirte Perſon waͤre, und ſprach hernach von nichts, als von ſeinem Werk ſur l’Exploitation des charbons de terre. Er hohlte die beiden Folianten her, und zeigte mir alle Kupferplat- ten. Er hat ſelber eine ſtarke Steinkohlenſammlung, wuſte aber doch nicht, daß es auch in unſerm Lande welche gaͤ- be. Er verſprach mir, mich in die Koͤnigl. Akad. einzu- fuͤhren. Den 25ſten Mai. Heute hoͤrte ich den Diſcours de Mr. Baer, dans l’Egliſe de l’Ambaſſad. de Suede an. Die Kapelle iſt eigentlich nur ein langes ſchmales Zimmer, hinten im Garten, der am Hotel liegt, und ſieht recht laͤndlich aus. An dem einen Ende ſteht die Kanzel, am andern eine kleine Or- gel, in der Mitte ein Tiſch mit vergoldeten Fuͤſſen und ſilbernen Leuchtern darauf, ſtatt des Altars, und uͤberall Stuͤhle, die von allen ohne Unterſchied beſetzt werden. Allemahl am letzten Sonntag im Monat wird franzoͤſiſch gepredigt, und ſo wars heute, ſonſt aber deutſch. Der Gottesdienſt ward in folgender Ordnung gehalten. Man kam um 11. Uhr zuſammen. Baer ſprach zuerſt ein franzoͤ- E

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/89
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung01_1783/89>, abgerufen am 24.04.2024.