Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Eingang in Tyrol geschieht durch Einlässe,
oder Zäune von starken Planken, wobei man scharf exa-
minirt und der Koffer versiegelt wird. Auch den Sitz
in der Kutsche untersuchte der Kerl, und stach mit einem
Eisendrath auf beiden Seiten in einen Habersack. Man
passirt verschiedene Bergfestungen und Pässe, die jetzt
verfallen und nur von einigen alten Invaliden besetzt sind.

In Reutheim ist ein Mautamt; da ward der Kof-
fer aufgesiegelt, und wieder überall visitirt, man bekommt
dann ein Pollet, und ist hernach frei.

Den 7ten April.

Bald nach dem Nachtlager passirte ich die Ehren-
berger Klause,
eine in einer schrecklichen Höhe erbaute
massive Bergfestung. Man kömmt durch etliche gewal-
tig dicke Thore. Der Kaiser läßt sie verfallen, und will
sie verkaufen, wenn er Käufer fände. Es liegen nur
Invaliden und einige Kommandirte darin.

Noch immer ist Tyrol auf beiden Seiten eine Ket-
te von Bergen, und Berg an Berg mit schmalen We-
gen und Thälern darzwischen, wo nichts als Holz und
Holzhandel ist, aber jemehr ich hineinkam, jemehr er-
weiterte sich das Land, und man sah auch Aecker und
Wiesen. Auch prächtige Waldungen von den schönsten
Tannen, deren mannichfaltiges Farbenspiel unbeschreib-
lich ist, erblickte ich. Man sieht auch viele, aber kleine
Dörfer, doch weiter hinein sollen auch welche von 200.
Häusern seyn etc. Die Häuser sind alle ganz von Holz
gebaut, sogar mit hölzernen, fast platten Dächern.

Unter den Einwohnern gibts viele grosse Leute.
Welche von 6. Schuh hoch und breit wie eine Stuben-

thüre,
E e 2

Der Eingang in Tyrol geſchieht durch Einlaͤſſe,
oder Zaͤune von ſtarken Planken, wobei man ſcharf exa-
minirt und der Koffer verſiegelt wird. Auch den Sitz
in der Kutſche unterſuchte der Kerl, und ſtach mit einem
Eiſendrath auf beiden Seiten in einen Haberſack. Man
paſſirt verſchiedene Bergfeſtungen und Paͤſſe, die jetzt
verfallen und nur von einigen alten Invaliden beſetzt ſind.

In Reutheim iſt ein Mautamt; da ward der Kof-
fer aufgeſiegelt, und wieder uͤberall viſitirt, man bekommt
dann ein Pollet, und iſt hernach frei.

Den 7ten April.

Bald nach dem Nachtlager paſſirte ich die Ehren-
berger Klauſe,
eine in einer ſchrecklichen Hoͤhe erbaute
maſſive Bergfeſtung. Man koͤmmt durch etliche gewal-
tig dicke Thore. Der Kaiſer laͤßt ſie verfallen, und will
ſie verkaufen, wenn er Kaͤufer faͤnde. Es liegen nur
Invaliden und einige Kommandirte darin.

Noch immer iſt Tyrol auf beiden Seiten eine Ket-
te von Bergen, und Berg an Berg mit ſchmalen We-
gen und Thaͤlern darzwiſchen, wo nichts als Holz und
Holzhandel iſt, aber jemehr ich hineinkam, jemehr er-
weiterte ſich das Land, und man ſah auch Aecker und
Wieſen. Auch praͤchtige Waldungen von den ſchoͤnſten
Tannen, deren mannichfaltiges Farbenſpiel unbeſchreib-
lich iſt, erblickte ich. Man ſieht auch viele, aber kleine
Doͤrfer, doch weiter hinein ſollen auch welche von 200.
Haͤuſern ſeyn ꝛc. Die Haͤuſer ſind alle ganz von Holz
gebaut, ſogar mit hoͤlzernen, faſt platten Daͤchern.

Unter den Einwohnern gibts viele groſſe Leute.
Welche von 6. Schuh hoch und breit wie eine Stuben-

thuͤre,
E e 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <pb facs="#f0473" n="435"/>
              <p>Der Eingang in <hi rendition="#fr">Tyrol</hi> ge&#x017F;chieht durch <hi rendition="#fr">Einla&#x0364;&#x017F;&#x017F;e,</hi><lb/>
oder Za&#x0364;une von &#x017F;tarken Planken, wobei man &#x017F;charf exa-<lb/>
minirt und der Koffer ver&#x017F;iegelt wird. Auch den Sitz<lb/>
in der Kut&#x017F;che unter&#x017F;uchte der Kerl, und &#x017F;tach mit einem<lb/>
Ei&#x017F;endrath auf beiden Seiten in einen Haber&#x017F;ack. Man<lb/>
pa&#x017F;&#x017F;irt ver&#x017F;chiedene <hi rendition="#fr">Bergfe&#x017F;tungen</hi> und Pa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e, die jetzt<lb/>
verfallen und nur von einigen alten Invaliden be&#x017F;etzt &#x017F;ind.</p><lb/>
              <p>In <hi rendition="#fr">Reutheim</hi> i&#x017F;t ein Mautamt; da ward der Kof-<lb/>
fer aufge&#x017F;iegelt, und wieder u&#x0364;berall vi&#x017F;itirt, man bekommt<lb/>
dann ein Pollet, und i&#x017F;t hernach frei.</p>
            </div><lb/>
            <div n="3">
              <head>Den 7ten April.</head><lb/>
              <p>Bald nach dem Nachtlager pa&#x017F;&#x017F;irte ich die <hi rendition="#fr">Ehren-<lb/>
berger Klau&#x017F;e,</hi> eine in einer &#x017F;chrecklichen Ho&#x0364;he erbaute<lb/>
ma&#x017F;&#x017F;ive Bergfe&#x017F;tung. Man ko&#x0364;mmt durch etliche gewal-<lb/>
tig dicke Thore. Der Kai&#x017F;er la&#x0364;ßt &#x017F;ie verfallen, und will<lb/>
&#x017F;ie verkaufen, wenn er Ka&#x0364;ufer fa&#x0364;nde. Es liegen nur<lb/>
Invaliden und einige Kommandirte darin.</p><lb/>
              <p>Noch immer i&#x017F;t <hi rendition="#fr">Tyrol</hi> auf beiden Seiten eine Ket-<lb/>
te von Bergen, und Berg an Berg mit &#x017F;chmalen We-<lb/>
gen und Tha&#x0364;lern darzwi&#x017F;chen, wo nichts als Holz und<lb/>
Holzhandel i&#x017F;t, aber jemehr ich hineinkam, jemehr er-<lb/>
weiterte &#x017F;ich das Land, und man &#x017F;ah auch Aecker und<lb/>
Wie&#x017F;en. Auch pra&#x0364;chtige Waldungen von den &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;ten<lb/><hi rendition="#fr">Tannen,</hi> deren mannichfaltiges Farben&#x017F;piel unbe&#x017F;chreib-<lb/>
lich i&#x017F;t, erblickte ich. Man &#x017F;ieht auch viele, aber kleine<lb/><hi rendition="#fr">Do&#x0364;rfer,</hi> doch weiter hinein &#x017F;ollen auch welche von 200.<lb/>
Ha&#x0364;u&#x017F;ern &#x017F;eyn &#xA75B;c. Die Ha&#x0364;u&#x017F;er &#x017F;ind alle ganz von Holz<lb/>
gebaut, &#x017F;ogar mit ho&#x0364;lzernen, fa&#x017F;t platten Da&#x0364;chern.</p><lb/>
              <p>Unter den Einwohnern gibts viele <hi rendition="#fr">gro&#x017F;&#x017F;e Leute.</hi><lb/>
Welche von 6. Schuh hoch und breit wie eine Stuben-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">E e 2</fw><fw place="bottom" type="catch">thu&#x0364;re,</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[435/0473] Der Eingang in Tyrol geſchieht durch Einlaͤſſe, oder Zaͤune von ſtarken Planken, wobei man ſcharf exa- minirt und der Koffer verſiegelt wird. Auch den Sitz in der Kutſche unterſuchte der Kerl, und ſtach mit einem Eiſendrath auf beiden Seiten in einen Haberſack. Man paſſirt verſchiedene Bergfeſtungen und Paͤſſe, die jetzt verfallen und nur von einigen alten Invaliden beſetzt ſind. In Reutheim iſt ein Mautamt; da ward der Kof- fer aufgeſiegelt, und wieder uͤberall viſitirt, man bekommt dann ein Pollet, und iſt hernach frei. Den 7ten April. Bald nach dem Nachtlager paſſirte ich die Ehren- berger Klauſe, eine in einer ſchrecklichen Hoͤhe erbaute maſſive Bergfeſtung. Man koͤmmt durch etliche gewal- tig dicke Thore. Der Kaiſer laͤßt ſie verfallen, und will ſie verkaufen, wenn er Kaͤufer faͤnde. Es liegen nur Invaliden und einige Kommandirte darin. Noch immer iſt Tyrol auf beiden Seiten eine Ket- te von Bergen, und Berg an Berg mit ſchmalen We- gen und Thaͤlern darzwiſchen, wo nichts als Holz und Holzhandel iſt, aber jemehr ich hineinkam, jemehr er- weiterte ſich das Land, und man ſah auch Aecker und Wieſen. Auch praͤchtige Waldungen von den ſchoͤnſten Tannen, deren mannichfaltiges Farbenſpiel unbeſchreib- lich iſt, erblickte ich. Man ſieht auch viele, aber kleine Doͤrfer, doch weiter hinein ſollen auch welche von 200. Haͤuſern ſeyn ꝛc. Die Haͤuſer ſind alle ganz von Holz gebaut, ſogar mit hoͤlzernen, faſt platten Daͤchern. Unter den Einwohnern gibts viele groſſe Leute. Welche von 6. Schuh hoch und breit wie eine Stuben- thuͤre, E e 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/473
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 435. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/473>, abgerufen am 19.04.2024.