Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite
Den 15ten April.

In Frankenmark errieth ein Postmeister, der 1744.
mit der Armee über den Rhein ging, daß ich zwischen
Rastadt und Durlach zu Hause wäre. Er rümhte
noch die schönen Gegenden bei Offenburg und die Gut-
müthigkeit der Schwaben etc.

Man findet noch weiter hin, als hier, überall Tische
von Salzburger Marmor, der roth mit Kalkspatadern
hie und da fein durchlaufen ist.

Das Land ob der Ens ist schönes Land, und das
gute Wetter begünstigte den Ackerbau.

In Lambo trank ich zuerst Ofener Wein. Er ist
roth, etwas süslicht, steigt aber in Kopf. -- In Essen
und Trinken merkt man in dem Lande einen sichtbaren
Unterschied gegen Tyrol. Die Leute leben im Wohl-
stand, und doch wird man auf den Strassen von den
Bettlern fast gefressen, und unter so vielen sah ich einen
einzigen Taubstummen -- die andern waren alle gesund
und stark.

Die Strasse wird beständig mit weissem Kalk- und
Sandsteinen, die man zu beiden Seiten aus der Erde
gräbt, im Stande erhalten, daher entsteht der weisse fei-
ne Kalkstaub etc.

Die Ens fliest immer trüb; auf der Jage wird ge-
flößt etc. Zuweilen trift man gewaltig lange hölzerne Brü-
cken an, weil die Wasser oft schrecklich anlaufen.

Linz. Da traf ich heute ein. Die Stadt ist klein,
aber artig, hat einen schönen Marktplatz, liegt aber in
einem Winkel. Man muß wieder hinten hervor, wenn
man auf die Wiener Strasse will. Es war eben Mes-

se
Den 15ten April.

In Frankenmark errieth ein Poſtmeiſter, der 1744.
mit der Armee uͤber den Rhein ging, daß ich zwiſchen
Raſtadt und Durlach zu Hauſe waͤre. Er ruͤmhte
noch die ſchoͤnen Gegenden bei Offenburg und die Gut-
muͤthigkeit der Schwaben ꝛc.

Man findet noch weiter hin, als hier, uͤberall Tiſche
von Salzburger Marmor, der roth mit Kalkſpatadern
hie und da fein durchlaufen iſt.

Das Land ob der Ens iſt ſchoͤnes Land, und das
gute Wetter beguͤnſtigte den Ackerbau.

In Lambo trank ich zuerſt Ofener Wein. Er iſt
roth, etwas ſuͤslicht, ſteigt aber in Kopf. — In Eſſen
und Trinken merkt man in dem Lande einen ſichtbaren
Unterſchied gegen Tyrol. Die Leute leben im Wohl-
ſtand, und doch wird man auf den Straſſen von den
Bettlern faſt gefreſſen, und unter ſo vielen ſah ich einen
einzigen Taubſtummen — die andern waren alle geſund
und ſtark.

Die Straſſe wird beſtaͤndig mit weiſſem Kalk- und
Sandſteinen, die man zu beiden Seiten aus der Erde
graͤbt, im Stande erhalten, daher entſteht der weiſſe fei-
ne Kalkſtaub ꝛc.

Die Ens flieſt immer truͤb; auf der Jage wird ge-
floͤßt ꝛc. Zuweilen trift man gewaltig lange hoͤlzerne Bruͤ-
cken an, weil die Waſſer oft ſchrecklich anlaufen.

Linz. Da traf ich heute ein. Die Stadt iſt klein,
aber artig, hat einen ſchoͤnen Marktplatz, liegt aber in
einem Winkel. Man muß wieder hinten hervor, wenn
man auf die Wiener Straſſe will. Es war eben Meſ-

ſe
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0499" n="461"/>
            <div n="3">
              <head>Den 15ten April.</head><lb/>
              <p>In <hi rendition="#fr">Frankenmark</hi> errieth ein Po&#x017F;tmei&#x017F;ter, der 1744.<lb/>
mit der Armee u&#x0364;ber den <hi rendition="#fr">Rhein</hi> ging, daß ich zwi&#x017F;chen<lb/><hi rendition="#fr">Ra&#x017F;tadt</hi> und <hi rendition="#fr">Durlach</hi> zu Hau&#x017F;e wa&#x0364;re. Er ru&#x0364;mhte<lb/>
noch die &#x017F;cho&#x0364;nen Gegenden bei <hi rendition="#fr">Offenburg</hi> und die Gut-<lb/>
mu&#x0364;thigkeit der <hi rendition="#fr">Schwaben</hi> &#xA75B;c.</p><lb/>
              <p>Man findet noch weiter hin, als hier, u&#x0364;berall Ti&#x017F;che<lb/>
von <hi rendition="#fr">Salzburger Marmor,</hi> der roth mit Kalk&#x017F;patadern<lb/>
hie und da fein durchlaufen i&#x017F;t.</p><lb/>
              <p>Das Land <hi rendition="#fr">ob der Ens</hi> i&#x017F;t &#x017F;cho&#x0364;nes Land, und das<lb/>
gute Wetter begu&#x0364;n&#x017F;tigte den Ackerbau.</p><lb/>
              <p>In <hi rendition="#fr">Lambo</hi> trank ich zuer&#x017F;t Ofener Wein. Er i&#x017F;t<lb/>
roth, etwas &#x017F;u&#x0364;slicht, &#x017F;teigt aber in Kopf. &#x2014; In E&#x017F;&#x017F;en<lb/>
und Trinken merkt man in dem Lande einen &#x017F;ichtbaren<lb/>
Unter&#x017F;chied gegen <hi rendition="#fr">Tyrol.</hi> Die Leute leben im Wohl-<lb/>
&#x017F;tand, und doch wird man auf den Stra&#x017F;&#x017F;en von den<lb/><hi rendition="#fr">Bettlern</hi> fa&#x017F;t gefre&#x017F;&#x017F;en, und unter &#x017F;o vielen &#x017F;ah ich einen<lb/>
einzigen Taub&#x017F;tummen &#x2014; die andern waren alle ge&#x017F;und<lb/>
und &#x017F;tark.</p><lb/>
              <p>Die <hi rendition="#fr">Stra&#x017F;&#x017F;e</hi> wird be&#x017F;ta&#x0364;ndig mit wei&#x017F;&#x017F;em Kalk- und<lb/>
Sand&#x017F;teinen, die man zu beiden Seiten aus der Erde<lb/>
gra&#x0364;bt, im Stande erhalten, daher ent&#x017F;teht der wei&#x017F;&#x017F;e fei-<lb/>
ne Kalk&#x017F;taub &#xA75B;c.</p><lb/>
              <p>Die <hi rendition="#fr">Ens</hi> flie&#x017F;t immer tru&#x0364;b; auf der <hi rendition="#fr">Jage</hi> wird ge-<lb/>
flo&#x0364;ßt &#xA75B;c. Zuweilen trift man gewaltig lange ho&#x0364;lzerne Bru&#x0364;-<lb/>
cken an, weil die Wa&#x017F;&#x017F;er oft &#x017F;chrecklich anlaufen.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#fr">Linz.</hi> Da traf ich heute ein. Die Stadt i&#x017F;t klein,<lb/>
aber artig, hat einen &#x017F;cho&#x0364;nen Marktplatz, liegt aber in<lb/>
einem Winkel. Man muß wieder hinten hervor, wenn<lb/>
man auf die <hi rendition="#fr">Wien</hi>er Stra&#x017F;&#x017F;e will. Es war eben Me&#x017F;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;e</fw><lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[461/0499] Den 15ten April. In Frankenmark errieth ein Poſtmeiſter, der 1744. mit der Armee uͤber den Rhein ging, daß ich zwiſchen Raſtadt und Durlach zu Hauſe waͤre. Er ruͤmhte noch die ſchoͤnen Gegenden bei Offenburg und die Gut- muͤthigkeit der Schwaben ꝛc. Man findet noch weiter hin, als hier, uͤberall Tiſche von Salzburger Marmor, der roth mit Kalkſpatadern hie und da fein durchlaufen iſt. Das Land ob der Ens iſt ſchoͤnes Land, und das gute Wetter beguͤnſtigte den Ackerbau. In Lambo trank ich zuerſt Ofener Wein. Er iſt roth, etwas ſuͤslicht, ſteigt aber in Kopf. — In Eſſen und Trinken merkt man in dem Lande einen ſichtbaren Unterſchied gegen Tyrol. Die Leute leben im Wohl- ſtand, und doch wird man auf den Straſſen von den Bettlern faſt gefreſſen, und unter ſo vielen ſah ich einen einzigen Taubſtummen — die andern waren alle geſund und ſtark. Die Straſſe wird beſtaͤndig mit weiſſem Kalk- und Sandſteinen, die man zu beiden Seiten aus der Erde graͤbt, im Stande erhalten, daher entſteht der weiſſe fei- ne Kalkſtaub ꝛc. Die Ens flieſt immer truͤb; auf der Jage wird ge- floͤßt ꝛc. Zuweilen trift man gewaltig lange hoͤlzerne Bruͤ- cken an, weil die Waſſer oft ſchrecklich anlaufen. Linz. Da traf ich heute ein. Die Stadt iſt klein, aber artig, hat einen ſchoͤnen Marktplatz, liegt aber in einem Winkel. Man muß wieder hinten hervor, wenn man auf die Wiener Straſſe will. Es war eben Meſ- ſe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/499
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/499>, abgerufen am 25.04.2024.