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Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

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alles gleich etc. Er hat für eine an den Churfürsten gehal-
tene Anrede von demselben eine goldne Uhr zum Geschenk
erhalten. Andre fingen erst an. Da bemerkte ich dann
schreckliche Verzerrungen der Lippen und unbegreifliche
Töne, sonderlich klang es bei einem jungen Frauenzim-
mer in der That erbarmenswürdig. Ich probirte die 5.
Vokalen mit ihr. A war ihr der leichteste, E der lieb-
ste, J der schwerste, O der deutlichste, aber bei U flos-
sen schon Konsonanten zusammen. Das R ist immer
das schwerste. Die Kinder lernen alle schreiben, malen
etc. Einer der jetzt weggegangen ist, malte den Direktor
und ist ein grosser Maler geworden. Schlecht aber ist's,
daß oft ein unsinniges Gelächter entsteht, und daß der Di-
rektor den Unglücklichen Sottisen etc. diktirt.

Weiter besah ich heute noch das Jablonowskysche
Palais und Garten. Es heist auch sonst der Chur-
prinz.
Ein schönes Gebäude, das den Vorstädten ge-
wis zur Zierde gereicht. Der Garten ist im alten Ge-
schmack mit graden Alleen etc. steht aber jedem offen.

Gellert's Monument in des Buchhändler Wend-
ler'
s Garten, aus Sächsischen weissem Marmor von
Oeser verfertigt. Idee und Ausführung sind vortref-
lich.

Sein Grab, auf dem Gottesacker bei der Johan-
niskirche,
mit einem ganz simpeln viereckigten Steine
bedeckt, der blos anzeigt, wer darunter liegt, nebst dem
Geburts- und Sterbejahre und Alter. Er starb 1769.
und das Jahr darauf sein Bruder, der hier Oberpostkom-
missar war. Beide ruhen nebeneinander. -- Friede
sei mit ihren Schatten, und das Andenken des frommen
Dichters sei unsterblich, sei im Segen! --

Sein
J 3

alles gleich ꝛc. Er hat fuͤr eine an den Churfuͤrſten gehal-
tene Anrede von demſelben eine goldne Uhr zum Geſchenk
erhalten. Andre fingen erſt an. Da bemerkte ich dann
ſchreckliche Verzerrungen der Lippen und unbegreifliche
Toͤne, ſonderlich klang es bei einem jungen Frauenzim-
mer in der That erbarmenswuͤrdig. Ich probirte die 5.
Vokalen mit ihr. A war ihr der leichteſte, E der lieb-
ſte, J der ſchwerſte, O der deutlichſte, aber bei U floſ-
ſen ſchon Konſonanten zuſammen. Das R iſt immer
das ſchwerſte. Die Kinder lernen alle ſchreiben, malen
ꝛc. Einer der jetzt weggegangen iſt, malte den Direktor
und iſt ein groſſer Maler geworden. Schlecht aber iſt’s,
daß oft ein unſinniges Gelaͤchter entſteht, und daß der Di-
rektor den Ungluͤcklichen Sottiſen ꝛc. diktirt.

Weiter beſah ich heute noch das Jablonowskyſche
Palais und Garten. Es heiſt auch ſonſt der Chur-
prinz.
Ein ſchoͤnes Gebaͤude, das den Vorſtaͤdten ge-
wis zur Zierde gereicht. Der Garten iſt im alten Ge-
ſchmack mit graden Alleen ꝛc. ſteht aber jedem offen.

Gellert’s Monument in des Buchhaͤndler Wend-
ler’
s Garten, aus Saͤchſiſchen weiſſem Marmor von
Oeſer verfertigt. Idee und Ausfuͤhrung ſind vortref-
lich.

Sein Grab, auf dem Gottesacker bei der Johan-
niskirche,
mit einem ganz ſimpeln viereckigten Steine
bedeckt, der blos anzeigt, wer darunter liegt, nebſt dem
Geburts- und Sterbejahre und Alter. Er ſtarb 1769.
und das Jahr darauf ſein Bruder, der hier Oberpoſtkom-
miſſar war. Beide ruhen nebeneinander. — Friede
ſei mit ihren Schatten, und das Andenken des frommen
Dichters ſei unſterblich, ſei im Segen! —

Sein
J 3
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[133/0171] alles gleich ꝛc. Er hat fuͤr eine an den Churfuͤrſten gehal- tene Anrede von demſelben eine goldne Uhr zum Geſchenk erhalten. Andre fingen erſt an. Da bemerkte ich dann ſchreckliche Verzerrungen der Lippen und unbegreifliche Toͤne, ſonderlich klang es bei einem jungen Frauenzim- mer in der That erbarmenswuͤrdig. Ich probirte die 5. Vokalen mit ihr. A war ihr der leichteſte, E der lieb- ſte, J der ſchwerſte, O der deutlichſte, aber bei U floſ- ſen ſchon Konſonanten zuſammen. Das R iſt immer das ſchwerſte. Die Kinder lernen alle ſchreiben, malen ꝛc. Einer der jetzt weggegangen iſt, malte den Direktor und iſt ein groſſer Maler geworden. Schlecht aber iſt’s, daß oft ein unſinniges Gelaͤchter entſteht, und daß der Di- rektor den Ungluͤcklichen Sottiſen ꝛc. diktirt. Weiter beſah ich heute noch das Jablonowskyſche Palais und Garten. Es heiſt auch ſonſt der Chur- prinz. Ein ſchoͤnes Gebaͤude, das den Vorſtaͤdten ge- wis zur Zierde gereicht. Der Garten iſt im alten Ge- ſchmack mit graden Alleen ꝛc. ſteht aber jedem offen. Gellert’s Monument in des Buchhaͤndler Wend- ler’s Garten, aus Saͤchſiſchen weiſſem Marmor von Oeſer verfertigt. Idee und Ausfuͤhrung ſind vortref- lich. Sein Grab, auf dem Gottesacker bei der Johan- niskirche, mit einem ganz ſimpeln viereckigten Steine bedeckt, der blos anzeigt, wer darunter liegt, nebſt dem Geburts- und Sterbejahre und Alter. Er ſtarb 1769. und das Jahr darauf ſein Bruder, der hier Oberpoſtkom- miſſar war. Beide ruhen nebeneinander. — Friede ſei mit ihren Schatten, und das Andenken des frommen Dichters ſei unſterblich, ſei im Segen! — Sein J 3

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Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/171>, abgerufen am 29.03.2024.