Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784.

Bild:
<< vorherige Seite

schöne Leute, viele von 6. Schuh, gar viele zu 5. Schuh
10 -- 11. Zoll.

Der jetzige Fürst hat das alles, was man hier sieht,
erst gebaut. Er ist nur Kapitän bei der Ungarischen
Leibgarde, und hat keine Stelle bei Hofe; daher ist er
meistens hier, und geht nur im Winter auf einige Wo-
chen nach Wien. Er ist bereits 68. Jahr alt, liebt
Musik, Komödien, Opern etc.

Im Schlosse sowohl *) als im sogenannten Gewöl-
be,
wo man aufhebt, was man nicht immer braucht,
fand ich folgendes besonders merkwürdig und sehenswerth:

1) Drei und funfzig Gastzimmer für ganze Familien. --
In einem andern Gebäude sind noch 24. Gastzimmer
für ledige Kavaliere.
2) Ein Sommermusiksaal ganz mit Gemälden behan-
gen, unter welchen besonders zwei sehr rar und schön
seyn sollen; -- schöne Aussichten auf den Neusied-
ler
See hinaus hat man hier auch.
3) Ein Speise- und darneben ein Gesellschaftssaal
für Fremde, sehr hoch, herrlich und doch niedlich mö-
blirt. Dabei auch immer sehr hell. Im letzten
Saale stehen zwölf blaue Vasen aus Seve, die
1050. Dukaten kosteten.
4) Ein Zimmer, dessen Wände mit ausgesuchten Chi-
nesischen Papierstücken tapezirt sind.
5) Einige Säle voll Bücher. -- Man unterscheidet
auch noch die grosse und die Handbibliothek, die ich
auch zu sehen bekam.
6) Ein goldenes Service, das gebraucht wurde, als
die verstorbene Kaiserin hier war.
7) Ein
*) Der Oberpfleger mußte mir es zeigen.

ſchoͤne Leute, viele von 6. Schuh, gar viele zu 5. Schuh
10 — 11. Zoll.

Der jetzige Fuͤrſt hat das alles, was man hier ſieht,
erſt gebaut. Er iſt nur Kapitaͤn bei der Ungariſchen
Leibgarde, und hat keine Stelle bei Hofe; daher iſt er
meiſtens hier, und geht nur im Winter auf einige Wo-
chen nach Wien. Er iſt bereits 68. Jahr alt, liebt
Muſik, Komoͤdien, Opern ꝛc.

Im Schloſſe ſowohl *) als im ſogenannten Gewoͤl-
be,
wo man aufhebt, was man nicht immer braucht,
fand ich folgendes beſonders merkwuͤrdig und ſehenswerth:

1) Drei und funfzig Gaſtzimmer fuͤr ganze Familien. —
In einem andern Gebaͤude ſind noch 24. Gaſtzimmer
fuͤr ledige Kavaliere.
2) Ein Sommermuſikſaal ganz mit Gemaͤlden behan-
gen, unter welchen beſonders zwei ſehr rar und ſchoͤn
ſeyn ſollen; — ſchoͤne Ausſichten auf den Neuſied-
ler
See hinaus hat man hier auch.
3) Ein Speiſe- und darneben ein Geſellſchaftsſaal
fuͤr Fremde, ſehr hoch, herrlich und doch niedlich moͤ-
blirt. Dabei auch immer ſehr hell. Im letzten
Saale ſtehen zwoͤlf blaue Vaſen aus Seve, die
1050. Dukaten koſteten.
4) Ein Zimmer, deſſen Waͤnde mit ausgeſuchten Chi-
neſiſchen Papierſtuͤcken tapezirt ſind.
5) Einige Saͤle voll Buͤcher. — Man unterſcheidet
auch noch die groſſe und die Handbibliothek, die ich
auch zu ſehen bekam.
6) Ein goldenes Service, das gebraucht wurde, als
die verſtorbene Kaiſerin hier war.
7) Ein
*) Der Oberpfleger mußte mir es zeigen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <p><pb facs="#f0602" n="564"/>
&#x017F;cho&#x0364;ne Leute, viele von 6. Schuh, gar viele zu 5. Schuh<lb/>
10 &#x2014; 11. Zoll.</p><lb/>
              <p>Der jetzige Fu&#x0364;r&#x017F;t hat das alles, was man hier &#x017F;ieht,<lb/>
er&#x017F;t gebaut. Er i&#x017F;t nur Kapita&#x0364;n bei der <hi rendition="#fr">Ungar</hi>i&#x017F;chen<lb/>
Leibgarde, und hat keine Stelle bei Hofe; daher i&#x017F;t er<lb/>
mei&#x017F;tens hier, und geht nur im Winter auf einige Wo-<lb/>
chen nach <hi rendition="#fr">Wien.</hi> Er i&#x017F;t bereits 68. Jahr alt, liebt<lb/>
Mu&#x017F;ik, Komo&#x0364;dien, Opern &#xA75B;c.</p><lb/>
              <p>Im Schlo&#x017F;&#x017F;e &#x017F;owohl <note place="foot" n="*)">Der Oberpfleger mußte mir es zeigen.</note> als im &#x017F;ogenannten <hi rendition="#fr">Gewo&#x0364;l-<lb/>
be,</hi> wo man aufhebt, was man nicht immer braucht,<lb/>
fand ich folgendes be&#x017F;onders merkwu&#x0364;rdig und &#x017F;ehenswerth:</p><lb/>
              <list>
                <item>1) Drei und funfzig <hi rendition="#fr">Ga&#x017F;tzimmer</hi> fu&#x0364;r ganze Familien. &#x2014;<lb/>
In einem andern Geba&#x0364;ude &#x017F;ind noch 24. Ga&#x017F;tzimmer<lb/>
fu&#x0364;r ledige Kavaliere.</item><lb/>
                <item>2) Ein <hi rendition="#fr">Sommermu&#x017F;ik&#x017F;aal</hi> ganz mit Gema&#x0364;lden behan-<lb/>
gen, unter welchen be&#x017F;onders zwei &#x017F;ehr rar und &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
&#x017F;eyn &#x017F;ollen; &#x2014; &#x017F;cho&#x0364;ne Aus&#x017F;ichten auf den <hi rendition="#fr">Neu&#x017F;ied-<lb/>
ler</hi> See hinaus hat man hier auch.</item><lb/>
                <item>3) Ein <hi rendition="#fr">Spei&#x017F;e-</hi> und darneben ein <hi rendition="#fr">Ge&#x017F;ell&#x017F;chafts&#x017F;aal</hi><lb/>
fu&#x0364;r Fremde, &#x017F;ehr hoch, herrlich und doch niedlich mo&#x0364;-<lb/>
blirt. Dabei auch immer &#x017F;ehr hell. Im letzten<lb/>
Saale &#x017F;tehen zwo&#x0364;lf <hi rendition="#fr">blaue Va&#x017F;en</hi> aus <hi rendition="#fr">Seve,</hi> die<lb/>
1050. Dukaten ko&#x017F;teten.</item><lb/>
                <item>4) Ein Zimmer, de&#x017F;&#x017F;en <hi rendition="#fr">Wa&#x0364;nde</hi> mit ausge&#x017F;uchten Chi-<lb/>
ne&#x017F;i&#x017F;chen Papier&#x017F;tu&#x0364;cken tapezirt &#x017F;ind.</item><lb/>
                <item>5) Einige Sa&#x0364;le voll <hi rendition="#fr">Bu&#x0364;cher.</hi> &#x2014; Man unter&#x017F;cheidet<lb/>
auch noch die gro&#x017F;&#x017F;e und die Handbibliothek, die ich<lb/>
auch zu &#x017F;ehen bekam.</item><lb/>
                <item>6) Ein <hi rendition="#fr">goldenes Service,</hi> das gebraucht wurde, als<lb/>
die ver&#x017F;torbene Kai&#x017F;erin hier war.</item>
              </list><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">7) Ein</fw><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[564/0602] ſchoͤne Leute, viele von 6. Schuh, gar viele zu 5. Schuh 10 — 11. Zoll. Der jetzige Fuͤrſt hat das alles, was man hier ſieht, erſt gebaut. Er iſt nur Kapitaͤn bei der Ungariſchen Leibgarde, und hat keine Stelle bei Hofe; daher iſt er meiſtens hier, und geht nur im Winter auf einige Wo- chen nach Wien. Er iſt bereits 68. Jahr alt, liebt Muſik, Komoͤdien, Opern ꝛc. Im Schloſſe ſowohl *) als im ſogenannten Gewoͤl- be, wo man aufhebt, was man nicht immer braucht, fand ich folgendes beſonders merkwuͤrdig und ſehenswerth: 1) Drei und funfzig Gaſtzimmer fuͤr ganze Familien. — In einem andern Gebaͤude ſind noch 24. Gaſtzimmer fuͤr ledige Kavaliere. 2) Ein Sommermuſikſaal ganz mit Gemaͤlden behan- gen, unter welchen beſonders zwei ſehr rar und ſchoͤn ſeyn ſollen; — ſchoͤne Ausſichten auf den Neuſied- ler See hinaus hat man hier auch. 3) Ein Speiſe- und darneben ein Geſellſchaftsſaal fuͤr Fremde, ſehr hoch, herrlich und doch niedlich moͤ- blirt. Dabei auch immer ſehr hell. Im letzten Saale ſtehen zwoͤlf blaue Vaſen aus Seve, die 1050. Dukaten koſteten. 4) Ein Zimmer, deſſen Waͤnde mit ausgeſuchten Chi- neſiſchen Papierſtuͤcken tapezirt ſind. 5) Einige Saͤle voll Buͤcher. — Man unterſcheidet auch noch die groſſe und die Handbibliothek, die ich auch zu ſehen bekam. 6) Ein goldenes Service, das gebraucht wurde, als die verſtorbene Kaiſerin hier war. 7) Ein *) Der Oberpfleger mußte mir es zeigen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/602
Zitationshilfe: Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/602>, abgerufen am 23.04.2024.