blüte dazu. Die Fabel von Goldfäden an den Re- ben entstand von ausgetretenen und in der Sonne am Stocke wie Harz so zähe gewordenen Saft der Trauben. Der Ungarische Wein hält sich 16, 18. auch 20. Jah- re, verliert immer mehr von seinem Feuer, wird milder, bleibt aber doch so lange immer trinkbar. Das Jahr 1779. war eins der besten und reichsten Weinjahre. Die Schlesier holen insbesondre ihren Wein in Oeden- burg. Damals wurden 70-80000. Ungarische Ei- mer Wein hier verkauft, zu 20. bis 40. Gulden. Also kamen allein für selbigen Wein zwischen 2. bis 300,000. Gulden ins Land.
In dem Weinreichen Lande braut man doch sehr gu- tes Bier, und auch reiche Leute trinken es bei Tisch. Denn die guten Weine gehen alle aus dem Lande.
In der Kunst, Käse zu machen, sind die Ungarn hinter den Schweizern noch weit zurück. Ich konnte von zweierlei Sorten nicht einen Bissen geniessen, sie hat- ten alle einen unangenehmen Beigeschmack.
Man hat ganz schwarzen Schnupftoback, der im Lande fabrizirt wird. Doch ist die Nation weder an das Schnupfen, noch an das Rauchen stark gewohnt.
Schwerze Wolfspelze, die hier nicht selten sind, sehen mit einem rothen Ueberzug und weisser Einfassung sehr schön aus.
Ein Ungarischer Bettler, der seinen Mantel und Pelz aus mehr als 100. Stücken zusammengeflickt hat, und so dahergeht, sieht ekelhaft und wirklich fürchterlich aus.
Vierzig Stühle blauwollenes Tuch sind hier. Das Tuch geht meistens nach Sklavonien.
Den
bluͤte dazu. Die Fabel von Goldfaͤden an den Re- ben entſtand von ausgetretenen und in der Sonne am Stocke wie Harz ſo zaͤhe gewordenen Saft der Trauben. Der Ungariſche Wein haͤlt ſich 16, 18. auch 20. Jah- re, verliert immer mehr von ſeinem Feuer, wird milder, bleibt aber doch ſo lange immer trinkbar. Das Jahr 1779. war eins der beſten und reichſten Weinjahre. Die Schleſier holen insbeſondre ihren Wein in Oeden- burg. Damals wurden 70-80000. Ungariſche Ei- mer Wein hier verkauft, zu 20. bis 40. Gulden. Alſo kamen allein fuͤr ſelbigen Wein zwiſchen 2. bis 300,000. Gulden ins Land.
In dem Weinreichen Lande braut man doch ſehr gu- tes Bier, und auch reiche Leute trinken es bei Tiſch. Denn die guten Weine gehen alle aus dem Lande.
In der Kunſt, Kaͤſe zu machen, ſind die Ungarn hinter den Schweizern noch weit zuruͤck. Ich konnte von zweierlei Sorten nicht einen Biſſen genieſſen, ſie hat- ten alle einen unangenehmen Beigeſchmack.
Man hat ganz ſchwarzen Schnupftoback, der im Lande fabrizirt wird. Doch iſt die Nation weder an das Schnupfen, noch an das Rauchen ſtark gewohnt.
Schwerze Wolfspelze, die hier nicht ſelten ſind, ſehen mit einem rothen Ueberzug und weiſſer Einfaſſung ſehr ſchoͤn aus.
Ein Ungariſcher Bettler, der ſeinen Mantel und Pelz aus mehr als 100. Stuͤcken zuſammengeflickt hat, und ſo dahergeht, ſieht ekelhaft und wirklich fuͤrchterlich aus.
Vierzig Stuͤhle blauwollenes Tuch ſind hier. Das Tuch geht meiſtens nach Sklavonien.
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bluͤte dazu. Die Fabel von Goldfaͤden an den Re-
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Stocke wie Harz ſo zaͤhe gewordenen Saft der Trauben.
Der Ungariſche Wein haͤlt ſich 16, 18. auch 20. Jah-
re, verliert immer mehr von ſeinem Feuer, wird milder,
bleibt aber doch ſo lange immer trinkbar. Das Jahr
1779. war eins der beſten und reichſten Weinjahre.
Die Schleſier holen insbeſondre ihren Wein in Oeden-
burg. Damals wurden 70-80000. Ungariſche Ei-
mer Wein hier verkauft, zu 20. bis 40. Gulden. Alſo
kamen allein fuͤr ſelbigen Wein zwiſchen 2. bis 300,000.
Gulden ins Land.
In dem Weinreichen Lande braut man doch ſehr gu-
tes Bier, und auch reiche Leute trinken es bei Tiſch.
Denn die guten Weine gehen alle aus dem Lande.
In der Kunſt, Kaͤſe zu machen, ſind die Ungarn
hinter den Schweizern noch weit zuruͤck. Ich konnte
von zweierlei Sorten nicht einen Biſſen genieſſen, ſie hat-
ten alle einen unangenehmen Beigeſchmack.
Man hat ganz ſchwarzen Schnupftoback, der
im Lande fabrizirt wird. Doch iſt die Nation weder an
das Schnupfen, noch an das Rauchen ſtark gewohnt.
Schwerze Wolfspelze, die hier nicht ſelten ſind,
ſehen mit einem rothen Ueberzug und weiſſer Einfaſſung
ſehr ſchoͤn aus.
Ein Ungariſcher Bettler, der ſeinen Mantel und
Pelz aus mehr als 100. Stuͤcken zuſammengeflickt hat,
und ſo dahergeht, ſieht ekelhaft und wirklich fuͤrchterlich
aus.
Vierzig Stuͤhle blauwollenes Tuch ſind hier.
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird … [mehr]
Erst ein Jahr nach dem Tod Heinrich Sanders wird dessen Reisebeschreibung veröffentlicht. Es handelt sich dabei um ein druckfertiges Manuskript aus dem Nachlass, welches Sanders Vater dem Verleger Friedrich Gotthold Jacobäer zur Verfügung stellte. Nach dem Vorbericht des Herausgebers wurden nur einige wenige Schreibfehler berichtigt (siehe dazu den Vorbericht des Herausgebers des ersten Bandes, Faksimile 0019f.).
Sander, Heinrich: Beschreibung seiner Reisen durch Frankreich, die Niederlande, Holland, Deutschland und Italien. Bd. 2. Leipzig, 1784, S. 572. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sander_beschreibung02_1784/610>, abgerufen am 19.04.2024.
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