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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675.

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[Spaltenumbruch] etliche meinen) aus der Cycladischen Inseln einer/ vor Alters Coos, nun Lango genannt/ in dem Egeischen Meer gelegen: Sein Vatter hieße Pythius, und ist sein Contrefät in der Kupferblatten/ mit Lit. E.gezeichnet/ zu sehen.

Wo er gelernet.Zu seiner Zeit/ ware Sicyonien vor allen Orten/ wegen der edlen Mahler-Kunst berühmt gewesen/ weßwegen auch Apelles (der schon einen guten Anfang in der Kunst hatte) sich dahin begeben/ bey dem vortreflichen Pamphilus eine Zeit lang (wie ich glaube/ ein Jahr) gelernet/ und ein Talent seinem Lehrmeister bezahlet hat. Plutarchus beschreibet zwar solches in dem Leben des Aratus, nennet aber seinen Lehrmeister nicht mit Namen/ wie Plinius; sondern sagt nur: Er habe in Sicyonien/ nicht so viel der Kunst halben/ als daß er möchte des vortreflichen Ruhms/ welchen selbiger Ort damals hatte/ theilhaftig werden/ indeme niemand von der Kunst geachtet wurde/ der nicht in Sicyonien dieselbe erlernet oder geübet. Daselbsten hat unser Apelles, an des Aristratus Contrefät/ seinem Condiscipul Melanthus geholfen/ und ist in der Kunst so fürtreflich worden/ daß er dieselbe mehr/ als alle seine Vorfahren/ in die Höhe gebracht/ ja/ wie Plinius darfür hält/ Ist der fürtreflichste unter allen. daß ihn auch kein Nachfolgender übertroffen/ wie man dann bey den Alten von keinem fürtreflichern lieset. Er hat etliche Bücher geschrieben/ darinn alle verborgene Wissenschaften der Kunst begriffen waren/ welche Plinius sehr oft anziehet.

Hie möchte jemand gedenken/ daß seine Gemähle/ da sie noch bey Handen wären/ und gegen jeziger Zeit wolgemachten Stucken gestellet würden/ Seine Gemälde geben den jezigen nichts nach. schwerlich den Ruhm des Vorzugs darvon tragen könten: ich bin aber/ was der Gemälde Zeichnung betrift/ widriger Meinung; Diese zu behaupten/ führe ich auf die runde/ von den Antichen/ aus Marmor und Metall/ gearbeitete/ und zu Rom noch befindliche Bilder/ welche das verderbliche Alter nicht gar verzehret hat: Wie fürtrefflich aber dieselbe anfänglich müßen gewesen seyn/ sehen und verstehen noch jezo alle Kunstverständige sehr wol/ und bekennen/ daß die bäste runde Bilder der modernen ihnen nicht vorgehen/ ja ich halte/ daß des berühmten Michael Angelo bäste Werke selbsten genug würden zu thun haben/ wann sie jene in der Kunst erreichen wolten. Nun aber sind ins gemein die Mahler- und runde Bilder-Kunst jederzeit in gleichem flor gewesen/ und ist selten eine ohne die andere erhoben oder unterdrucket worden/ daraus schliese ich also/ daß des Apelles runde (dann mit dem coloriren hat es eine andere Beschaffenheit) Bilder/ als welche zu seiner Zeit die bäste waren/ unsern jezigen nichts nachgegeben hätten.

Auf die Werke nun dieses Künstlers zu kommen/ so wird zuvorderst ihme das Zeugnis gegeben/ daß Seine Lieblichkeit im Mahlen. er eine solche Lieblichkeit in seinem Mahlen gebraucht/ die ihm kein einiger Meister/ seiner Zeit/ wie fürtreflich und erfahren auch dieselbe gewesen/ nachmachen können: Dannenhero er zwar ihre kunstreiche Arbeit selbst mit Verwunderung angesehen und betrachtet/ dabey gestehend/ daß sie nicht zu tadeln wären/ wann sie nur mehrere Gunst von [Spaltenumbruch] der Huld-Göttin Charis genossen hätten; womit er anzeigen wollen/ daß ihre Bilder der Lieblichkeit bedürftig wären/ welche in den seinigen zu finden. Aus diesem möchte einer oder der andere schliesen/ daß Apelles ruhmredig gewesen seye; Verständige aber werden es seiner großen Erfahrenheit zuschreiben/ wie man auch den fürtreflichsten Poeten hierinn viel zu gut halten muß. Dahin gehöret auch das Urtheil/ welches er über des Protogenes Arbeit gefället: Dann/ da er einsmals eine Tafel/ von selbigem gemahlet/ sehr fleißig beschauet/ alle verborgene Geheimnise der Kunst sorgfältig untersucht/ und die schöne Arbeit/ die der Meister darinn gethan/ ämsig betrachtet/ hat er bekennt/ daß Protogenes ihm in der Kunst wol gleich wäre/ ja auch in etlichen Stücken vorgienge; er hätte aber doch das zum voraus/ daß er seine Werke leicht zu Ende bringen könne/ welches Protogenes niemals wisse zu finden. Womit er nicht die eilfärtige Hudeley (als worinnen auch die schlechteste Mahlere die bäste Künstler übertreffen können) gelobet/ sondern zu erkennen geben wollen/ daß ein allzugroßer Fleiß/ und viel zu geschäftige Müh/ bißweilen auch schädlich seye: wie dann dergleichen durch allzugroße Sorgfalt herausgenöthete Dinge/ gemeiniglich auch den Augen gezwungen vorkommen/ indeme ihnen der Geist und die Seele/ nämlich die Annehmlichkeit ermangelt/ welches mit vielen Werken Seine aufrichtige Herzhaftigkeit. der modernen Meister zu bezeugen wäre. Woraus dann erhellet/ daß Apelles alles frey heraus gesagt/ wie ers verstanden/ und niemand geheuchelt: Welche aufrichtige Herzhaftigkeit ihm/ neben seiner großen Wissenschaft/ bey jedermann großen Ruhm gemacht hat.

Mit eben diesem Protogenes kame unser Apelles Dessen Wet-Streit mit dem Protogenes. in einen Wett-Streit/ der von vielen Gelehrten aufgezeichnet worden. Apelles, von der Begierde/ den künstlichen Protogenes zu kennen/ und seine berühmte Arbeit zu sehen/ angetrieben/ begabe sich zu See/ und segelte nach der Stadt Rhodus: Sobald er daselbst ankommen/ begabe er sich nach des Protogenes Behausung/ ohne daß er sich jemand zu erkennen gegeben; Er fande aber ihn eben nicht; sondern eine alte Frau/ die des Hauses hütete/ zu Hauß: Sie liese ihn in des Protogenes Werkstatt/ und begehrte seinen Namen zu wissen/ um solches ihrem Herrn zu vermelden: Apelles, ein leeres Tuch auf der Staffeley erblikkend/ ergriefe den Pinsel/ und zoge darauf einen sehr subtilen Umriß/ sagende: Sie solte den Meister berichten/ daß dieser/ so den Riß gemacht/ nach ihne gefragt hätte. Als nun Protogenes nach Hauß kommen/ seiner Haußhalterin Bericht vernommen/ und den gemachten Umriß ersehen/ hat er alsobald des Apelles Hand daraus erkannt/ und geschlossen/ er müße zu Rhodus seyn/ weilen kein anderer einen so subtilen Zug thun könte: Er machte aber auf selbiges Tuch/ mit einer andern Farb/ einen noch zärtern Umriß/ und befahle der alten Frauen/ daß/ wann voriger Künstler wider käme/ solte sie ihm diesen seinen Riß zeigen/ und vermelden: Dieses seye die Hand dessen/ den er suche. Apelles kame wider/ besahe den schönen Umriß/ und schämte sich/ daß Protogenes ihn in der Kunst

[Spaltenumbruch] etliche meinen) aus der Cycladischen Inseln einer/ vor Alters Coos, nun Lango genannt/ in dem Egeischen Meer gelegen: Sein Vatter hieße Pythius, und ist sein Contrefät in der Kupferblatten/ mit Lit. E.gezeichnet/ zu sehen.

Wo er gelernet.Zu seiner Zeit/ ware Sicyonien vor allen Orten/ wegen der edlen Mahler-Kunst berühmt gewesen/ weßwegen auch Apelles (der schon einen guten Anfang in der Kunst hatte) sich dahin begeben/ bey dem vortreflichen Pamphilus eine Zeit lang (wie ich glaube/ ein Jahr) gelernet/ und ein Talent seinem Lehrmeister bezahlet hat. Plutarchus beschreibet zwar solches in dem Leben des Aratus, nennet aber seinen Lehrmeister nicht mit Namen/ wie Plinius; sondern sagt nur: Er habe in Sicyonien/ nicht so viel der Kunst halben/ als daß er möchte des vortreflichen Ruhms/ welchen selbiger Ort damals hatte/ theilhaftig werden/ indeme niemand von der Kunst geachtet wurde/ der nicht in Sicyonien dieselbe erlernet oder geübet. Daselbsten hat unser Apelles, an des Aristratus Contrefät/ seinem Condiscipul Melanthus geholfen/ und ist in der Kunst so fürtreflich worden/ daß er dieselbe mehr/ als alle seine Vorfahren/ in die Höhe gebracht/ ja/ wie Plinius darfür hält/ Ist der fürtreflichste unter allen. daß ihn auch kein Nachfolgender übertroffen/ wie man dann bey den Alten von keinem fürtreflichern lieset. Er hat etliche Bücher geschrieben/ darinn alle verborgene Wissenschaften der Kunst begriffen waren/ welche Plinius sehr oft anziehet.

Hie möchte jemand gedenken/ daß seine Gemähle/ da sie noch bey Handen wären/ und gegen jeziger Zeit wolgemachten Stucken gestellet würden/ Seine Gemälde geben den jezigen nichts nach. schwerlich den Ruhm des Vorzugs darvon tragen könten: ich bin aber/ was der Gemälde Zeichnung betrift/ widriger Meinung; Diese zu behaupten/ führe ich auf die runde/ von den Antichen/ aus Marmor und Metall/ gearbeitete/ und zu Rom noch befindliche Bilder/ welche das verderbliche Alter nicht gar verzehret hat: Wie fürtrefflich aber dieselbe anfänglich müßen gewesen seyn/ sehen und verstehen noch jezo alle Kunstverständige sehr wol/ und bekennen/ daß die bäste runde Bilder der modernen ihnen nicht vorgehen/ ja ich halte/ daß des berühmten Michaël Angelo bäste Werke selbsten genug würden zu thun haben/ wann sie jene in der Kunst erreichen wolten. Nun aber sind ins gemein die Mahler- und runde Bilder-Kunst jederzeit in gleichem flor gewesen/ und ist selten eine ohne die andere erhoben oder unterdrucket worden/ daraus schliese ich also/ daß des Apelles runde (dann mit dem coloriren hat es eine andere Beschaffenheit) Bilder/ als welche zu seiner Zeit die bäste waren/ unsern jezigen nichts nachgegeben hätten.

Auf die Werke nun dieses Künstlers zu kommen/ so wird zuvorderst ihme das Zeugnis gegeben/ daß Seine Lieblichkeit im Mahlen. er eine solche Lieblichkeit in seinem Mahlen gebraucht/ die ihm kein einiger Meister/ seiner Zeit/ wie fürtreflich und erfahren auch dieselbe gewesen/ nachmachen können: Dannenhero er zwar ihre kunstreiche Arbeit selbst mit Verwunderung angesehen und betrachtet/ dabey gestehend/ daß sie nicht zu tadeln wären/ wann sie nur mehrere Gunst von [Spaltenumbruch] der Huld-Göttin Charis genossen hätten; womit er anzeigen wollen/ daß ihre Bilder der Lieblichkeit bedürftig wären/ welche in den seinigen zu finden. Aus diesem möchte einer oder der andere schliesen/ daß Apelles ruhmredig gewesen seye; Verständige aber werden es seiner großen Erfahrenheit zuschreiben/ wie man auch den fürtreflichsten Poëten hierinn viel zu gut halten muß. Dahin gehöret auch das Urtheil/ welches er über des Protogenes Arbeit gefället: Dann/ da er einsmals eine Tafel/ von selbigem gemahlet/ sehr fleißig beschauet/ alle verborgene Geheimnise der Kunst sorgfältig untersucht/ und die schöne Arbeit/ die der Meister darinn gethan/ ämsig betrachtet/ hat er bekennt/ daß Protogenes ihm in der Kunst wol gleich wäre/ ja auch in etlichen Stücken vorgienge; er hätte aber doch das zum voraus/ daß er seine Werke leicht zu Ende bringen könne/ welches Protogenes niemals wisse zu finden. Womit er nicht die eilfärtige Hudeley (als worinnen auch die schlechteste Mahlere die bäste Künstler übertreffen können) gelobet/ sondern zu erkennen geben wollen/ daß ein allzugroßer Fleiß/ und viel zu geschäftige Müh/ bißweilen auch schädlich seye: wie dann dergleichen durch allzugroße Sorgfalt herausgenöthete Dinge/ gemeiniglich auch den Augen gezwungen vorkommen/ indeme ihnen der Geist und die Seele/ nämlich die Annehmlichkeit ermangelt/ welches mit vielen Werken Seine aufrichtige Herzhaftigkeit. der modernen Meister zu bezeugen wäre. Woraus dann erhellet/ daß Apelles alles frey heraus gesagt/ wie ers verstanden/ und niemand geheuchelt: Welche aufrichtige Herzhaftigkeit ihm/ neben seiner großen Wissenschaft/ bey jedermann großen Ruhm gemacht hat.

Mit eben diesem Protogenes kame unser Apelles Dessen Wet-Streit mit dem Protogenes. in einen Wett-Streit/ der von vielen Gelehrten aufgezeichnet worden. Apelles, von der Begierde/ den künstlichen Protogenes zu kennen/ und seine berühmte Arbeit zu sehen/ angetrieben/ begabe sich zu See/ und segelte nach der Stadt Rhodus: Sobald er daselbst ankommen/ begabe er sich nach des Protogenes Behausung/ ohne daß er sich jemand zu erkennen gegeben; Er fande aber ihn eben nicht; sondern eine alte Frau/ die des Hauses hütete/ zu Hauß: Sie liese ihn in des Protogenes Werkstatt/ und begehrte seinen Namen zu wissen/ um solches ihrem Herrn zu vermelden: Apelles, ein leeres Tuch auf der Staffeley erblikkend/ ergriefe den Pinsel/ und zoge darauf einen sehr subtilen Umriß/ sagende: Sie solte den Meister berichten/ daß dieser/ so den Riß gemacht/ nach ihne gefragt hätte. Als nun Protogenes nach Hauß kommen/ seiner Haußhalterin Bericht vernommen/ und den gemachten Umriß ersehen/ hat er alsobald des Apelles Hand daraus erkannt/ und geschlossen/ er müße zu Rhodus seyn/ weilen kein anderer einen so subtilen Zug thun könte: Er machte aber auf selbiges Tuch/ mit einer andern Farb/ einen noch zärtern Umriß/ und befahle der alten Frauen/ daß/ wann voriger Künstler wider käme/ solte sie ihm diesen seinen Riß zeigen/ und vermelden: Dieses seye die Hand dessen/ den er suche. Apelles kame wider/ besahe den schönen Umriß/ und schämte sich/ daß Protogenes ihn in der Kunst

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        <p xml:id="p231.4">Mit eben diesem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-581 http://d-nb.info/gnd/119505916 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123634">Protogenes</persName></hi> kame unser <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-117 http://d-nb.info/gnd/118649787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021288">Apelles</persName></hi> <note place="right">Dessen Wet-Streit mit dem <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-581 http://d-nb.info/gnd/119505916 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123634">Protogenes</persName></hi>.</note> in einen Wett-Streit/ der von vielen Gelehrten aufgezeichnet worden. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-117 http://d-nb.info/gnd/118649787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021288">Apelles</persName>,</hi> von der Begierde/ den künstlichen <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-581 http://d-nb.info/gnd/119505916 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123634">Protogenes</persName></hi> zu kennen/ und seine berühmte Arbeit zu sehen/ angetrieben/ begabe sich zu See/ und segelte nach der Stadt <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-688 http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7011265">Rhodus</placeName></hi>: Sobald er daselbst ankommen/ begabe er sich nach des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-581 http://d-nb.info/gnd/119505916 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123634">Protogenes</persName></hi> Behausung/ ohne daß er sich jemand zu erkennen gegeben; Er fande aber ihn eben nicht; sondern eine alte Frau/ die des Hauses hütete/ zu Hauß: Sie liese ihn in des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-581 http://d-nb.info/gnd/119505916 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123634">Protogenes</persName></hi> Werkstatt/ und begehrte seinen Namen zu wissen/ um solches ihrem Herrn zu vermelden: <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-117 http://d-nb.info/gnd/118649787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021288">Apelles</persName>,</hi> ein leeres Tuch auf der Staffeley erblikkend/ ergriefe den Pinsel/ und zoge darauf einen sehr <hi rendition="#aq">subtil</hi>en Umriß/ sagende: Sie solte den Meister berichten/ daß dieser/ so den Riß gemacht/ nach ihne gefragt hätte. Als nun <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-581 http://d-nb.info/gnd/119505916 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123634">Protogenes</persName></hi> nach Hauß kommen/ seiner Haußhalterin Bericht vernommen/ und den gemachten Umriß ersehen/ hat er alsobald des <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-117 http://d-nb.info/gnd/118649787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021288">Apelles</persName></hi> Hand daraus erkannt/ und geschlossen/ er müße zu <hi rendition="#aq"><placeName ref="http://ta.sandrart.net/-place-31 http://www.geonames.org/400665/ http://www.getty.edu/vow/TGNFullDisplay?find=&amp;place=&amp;nation=&amp;subjectid=7011266">Rhodus</placeName></hi> seyn/ weilen kein anderer einen so <hi rendition="#aq">subtil</hi>en Zug thun könte: Er machte aber auf selbiges Tuch/ mit einer andern Farb/ einen noch zärtern Umriß/ und befahle der alten Frauen/ daß/ wann voriger Künstler wider käme/ solte sie ihm diesen seinen Riß zeigen/ und vermelden: Dieses seye die Hand dessen/ den er suche. <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-117 http://d-nb.info/gnd/118649787 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500021288">Apelles</persName></hi> kame wider/ besahe den schönen Umriß/ und schämte sich/ daß <hi rendition="#aq"><persName ref="http://ta.sandrart.net/-person-581 http://d-nb.info/gnd/119505916 http://www.getty.edu/vow/ULANFullDisplay?find=&amp;role=&amp;nation=&amp;subjectid=500123634">Protogenes</persName></hi> ihn in der Kunst
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[[II, Buch 1 (antike Künstler), S. 31]/0039] etliche meinen) aus der Cycladischen Inseln einer/ vor Alters Coos, nun Lango genannt/ in dem Egeischen Meer gelegen: Sein Vatter hieße Pythius, und ist sein Contrefät in der Kupferblatten/ mit Lit. E.gezeichnet/ zu sehen. Zu seiner Zeit/ ware Sicyonien vor allen Orten/ wegen der edlen Mahler-Kunst berühmt gewesen/ weßwegen auch Apelles (der schon einen guten Anfang in der Kunst hatte) sich dahin begeben/ bey dem vortreflichen Pamphilus eine Zeit lang (wie ich glaube/ ein Jahr) gelernet/ und ein Talent seinem Lehrmeister bezahlet hat. Plutarchus beschreibet zwar solches in dem Leben des Aratus, nennet aber seinen Lehrmeister nicht mit Namen/ wie Plinius; sondern sagt nur: Er habe in Sicyonien/ nicht so viel der Kunst halben/ als daß er möchte des vortreflichen Ruhms/ welchen selbiger Ort damals hatte/ theilhaftig werden/ indeme niemand von der Kunst geachtet wurde/ der nicht in Sicyonien dieselbe erlernet oder geübet. Daselbsten hat unser Apelles, an des Aristratus Contrefät/ seinem Condiscipul Melanthus geholfen/ und ist in der Kunst so fürtreflich worden/ daß er dieselbe mehr/ als alle seine Vorfahren/ in die Höhe gebracht/ ja/ wie Plinius darfür hält/ daß ihn auch kein Nachfolgender übertroffen/ wie man dann bey den Alten von keinem fürtreflichern lieset. Er hat etliche Bücher geschrieben/ darinn alle verborgene Wissenschaften der Kunst begriffen waren/ welche Plinius sehr oft anziehet. Wo er gelernet. Ist der fürtreflichste unter allen. Hie möchte jemand gedenken/ daß seine Gemähle/ da sie noch bey Handen wären/ und gegen jeziger Zeit wolgemachten Stucken gestellet würden/ schwerlich den Ruhm des Vorzugs darvon tragen könten: ich bin aber/ was der Gemälde Zeichnung betrift/ widriger Meinung; Diese zu behaupten/ führe ich auf die runde/ von den Antichen/ aus Marmor und Metall/ gearbeitete/ und zu Rom noch befindliche Bilder/ welche das verderbliche Alter nicht gar verzehret hat: Wie fürtrefflich aber dieselbe anfänglich müßen gewesen seyn/ sehen und verstehen noch jezo alle Kunstverständige sehr wol/ und bekennen/ daß die bäste runde Bilder der modernen ihnen nicht vorgehen/ ja ich halte/ daß des berühmten Michaël Angelo bäste Werke selbsten genug würden zu thun haben/ wann sie jene in der Kunst erreichen wolten. Nun aber sind ins gemein die Mahler- und runde Bilder-Kunst jederzeit in gleichem flor gewesen/ und ist selten eine ohne die andere erhoben oder unterdrucket worden/ daraus schliese ich also/ daß des Apelles runde (dann mit dem coloriren hat es eine andere Beschaffenheit) Bilder/ als welche zu seiner Zeit die bäste waren/ unsern jezigen nichts nachgegeben hätten. Seine Gemälde geben den jezigen nichts nach. Auf die Werke nun dieses Künstlers zu kommen/ so wird zuvorderst ihme das Zeugnis gegeben/ daß er eine solche Lieblichkeit in seinem Mahlen gebraucht/ die ihm kein einiger Meister/ seiner Zeit/ wie fürtreflich und erfahren auch dieselbe gewesen/ nachmachen können: Dannenhero er zwar ihre kunstreiche Arbeit selbst mit Verwunderung angesehen und betrachtet/ dabey gestehend/ daß sie nicht zu tadeln wären/ wann sie nur mehrere Gunst von der Huld-Göttin Charis genossen hätten; womit er anzeigen wollen/ daß ihre Bilder der Lieblichkeit bedürftig wären/ welche in den seinigen zu finden. Aus diesem möchte einer oder der andere schliesen/ daß Apelles ruhmredig gewesen seye; Verständige aber werden es seiner großen Erfahrenheit zuschreiben/ wie man auch den fürtreflichsten Poëten hierinn viel zu gut halten muß. Dahin gehöret auch das Urtheil/ welches er über des Protogenes Arbeit gefället: Dann/ da er einsmals eine Tafel/ von selbigem gemahlet/ sehr fleißig beschauet/ alle verborgene Geheimnise der Kunst sorgfältig untersucht/ und die schöne Arbeit/ die der Meister darinn gethan/ ämsig betrachtet/ hat er bekennt/ daß Protogenes ihm in der Kunst wol gleich wäre/ ja auch in etlichen Stücken vorgienge; er hätte aber doch das zum voraus/ daß er seine Werke leicht zu Ende bringen könne/ welches Protogenes niemals wisse zu finden. Womit er nicht die eilfärtige Hudeley (als worinnen auch die schlechteste Mahlere die bäste Künstler übertreffen können) gelobet/ sondern zu erkennen geben wollen/ daß ein allzugroßer Fleiß/ und viel zu geschäftige Müh/ bißweilen auch schädlich seye: wie dann dergleichen durch allzugroße Sorgfalt herausgenöthete Dinge/ gemeiniglich auch den Augen gezwungen vorkommen/ indeme ihnen der Geist und die Seele/ nämlich die Annehmlichkeit ermangelt/ welches mit vielen Werken der modernen Meister zu bezeugen wäre. Woraus dann erhellet/ daß Apelles alles frey heraus gesagt/ wie ers verstanden/ und niemand geheuchelt: Welche aufrichtige Herzhaftigkeit ihm/ neben seiner großen Wissenschaft/ bey jedermann großen Ruhm gemacht hat. Seine Lieblichkeit im Mahlen. Seine aufrichtige Herzhaftigkeit. Mit eben diesem Protogenes kame unser Apelles in einen Wett-Streit/ der von vielen Gelehrten aufgezeichnet worden. Apelles, von der Begierde/ den künstlichen Protogenes zu kennen/ und seine berühmte Arbeit zu sehen/ angetrieben/ begabe sich zu See/ und segelte nach der Stadt Rhodus: Sobald er daselbst ankommen/ begabe er sich nach des Protogenes Behausung/ ohne daß er sich jemand zu erkennen gegeben; Er fande aber ihn eben nicht; sondern eine alte Frau/ die des Hauses hütete/ zu Hauß: Sie liese ihn in des Protogenes Werkstatt/ und begehrte seinen Namen zu wissen/ um solches ihrem Herrn zu vermelden: Apelles, ein leeres Tuch auf der Staffeley erblikkend/ ergriefe den Pinsel/ und zoge darauf einen sehr subtilen Umriß/ sagende: Sie solte den Meister berichten/ daß dieser/ so den Riß gemacht/ nach ihne gefragt hätte. Als nun Protogenes nach Hauß kommen/ seiner Haußhalterin Bericht vernommen/ und den gemachten Umriß ersehen/ hat er alsobald des Apelles Hand daraus erkannt/ und geschlossen/ er müße zu Rhodus seyn/ weilen kein anderer einen so subtilen Zug thun könte: Er machte aber auf selbiges Tuch/ mit einer andern Farb/ einen noch zärtern Umriß/ und befahle der alten Frauen/ daß/ wann voriger Künstler wider käme/ solte sie ihm diesen seinen Riß zeigen/ und vermelden: Dieses seye die Hand dessen/ den er suche. Apelles kame wider/ besahe den schönen Umriß/ und schämte sich/ daß Protogenes ihn in der Kunst Dessen Wet-Streit mit dem Protogenes.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 1,2. Nürnberg, 1675, S. [II, Buch 1 (antike Künstler), S. 31]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0102_1675/39>, abgerufen am 18.04.2024.