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Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679.

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Der
Römischen ARCHITECTURA
Historische Beschreibung.
Das I. Capittel.

Das Capitolium hat seinen Namen/ von einem gefundenen Menschenhaubt. Roßkopf/ in Erbauung der Stadt Carthago. Eine verguldte Wölfinn daselbst. Des Romuli und Remi unbekanter Vatter. Dero Mutter/ eine Vestalische Klosterfrau/ Rhea Silvia. Ihres Vettern Amulii Regiersucht. Heidnischer Götter erdichte Unkeuschheit. Alexander Magnus, ein unehlicher Neben-Sohn. Decii Mundi schändlicher Betrug. Livii Ruhmräthigkeit. Messalae Corvini Behutsamkeit. Romuli und Remi Seugamme. Dero wilde Jugend. Der Wölfinn Bildnis/ vom Donner berührt. Dergleichen Römische Schaupfennige.

Die alte Römers-Burg hat mächtig zugenommen/
nachdem sie/ von dem Haubt/ den Namen überkommen:
Dieweil Rom solte seyn das Haubt der gantzen Welt/
so mit dem Wirbel strebt/ bis an das Sternen-Zelt.
[Spaltenumbruch]

Plat. I.SIntemal aus denen alten Geschichten zur Gnüge bekant/ daß der höchste Schloßberg in der Welt-berühmten Stadt Rom/ (welche nunmehr einer Welt viel ähnlicher/ als einer Stadt Capitolium, woher es seinen Namen habe? Rycquius in Comm. de Capitol. Rom. cap. 10. Bochartus in Chanaan, lib. 1. cap. 14. zu seyn scheinet) deswegen CAPITOLIUM genennet worden; dieweil die damaligen Arbeiter ein Menschenhaubt/ eben an demjenigen Ort ausgegraben; allwo man den Grund/ zu solcher Königlichen Burg/ suchen und legen sollen: Gleichwie auch ein Roßkopf/ zum Zeichen eines streitbaren Volcks/ im Grund gefunden wurde/ da die Stadt Carthago solte erbauet werden: die von dem alten Wort Carcabe, so einen Roßkopf bedeutet/ Anfangs ihren Namen hatte.

Auf solcher Römischen Reichs-Vestung nun waren/ nach der Zeit/ unterschiedliche Götzen-Tempel/ und sehr prächtige Bilder-Seulen/ mit höchster Verwunderung/ zu sehen: Unter welchen sich denn auch/ neben des grossen Jupiters Seule/ Romulus und Remus befanden/ samt einer von Ertz gegossenen und vergüldten Wölfinn; an dero Brüsten eben dieselbigen Brüder/ als Seuglinge/ hiengen/ und mit begierigem Mund darnach schnappeten/ und langten.

Florus lib 1. c. 1. §. 1. 2. & seqq. Allein wer weiß nicht/ daß Romulus einen also genannten Vatter gehabt/ der (die Unehre seiner Mutter dardurch zu bescheinen) insgemein Mars genennet worden: Hingegen seine Mutter Amulii Regiersucht. war Rhea Silvia, welche ihr regier-süchtiger Vetter Amulius (nachdem dieser auch seinen Bruder Numitorem, samt all dessen Nachkommen/ allbereit schon aus dem Weg geraumt hatte) zu einer Vestalischen Nonnen gemacht; die das Gelübde der stets-währenden Keuschheit thun/ und beständig halten solte.

[Spaltenumbruch]

Diese heilige Jungfer aber wurde/ nach der Zeit/ aus Vergessenheit ihres gethanen Gelübdes/ Heidnische Götter werden der Unzucht beschuldiget. von jemand schwanger/ und damit der Handel einen bessern Schein gewinnen möchte/ der heidnische Abgott Mars zu des Kindes Vatter benennet. Welcher Betrug/ bey den Alten weiland sehr gebräuchlich gewest; vermittelst dessen sie ihre unehrliche Geburt/ und dannenhero auch unrechtmässige Ankunfft/ vielmals zu bemänteln pflegten. Also muste des Herculis Vatter denen Poeten der Jupiter Rupertus ad Flori. loc. cit. selbst heissen/ und seyn: welcher Zweifelsfrey ein allgemeiner Hurer/ und grosser Ehebrecher von einem sehr hohen Haus/ gewest. Also wird auch an Alexandro dem Grossen/ im wenigsten nicht gezweifelt/ daß er eines Neben-Vatters Sohn gewest; indem solches sein vermeinter Vatter Justin. lib. XI. cap.II. §.4. Joseph. l. 18. c. 4.Philippus selbst gestanden/ daß jener sein Sohn nicht wäre. Zudem so ist auch/ aus denen Historien sattsamlich bekant/ welcher massen Decius Mundus sich in einen Egyptischen Isis-Pfaffen verstellet/ dadurch die Römerinn Paullina schändlich von ihm hintergangen/ und zur Unehre würcklich verleitet worden.

Demnach rühmet sich der Römische Geschichtschreiber/Livius, Livius l. I. desjenigen/ so wol Schweigens wehrt wäre; und betriegt sich selbst/ samt anderen/ wenn er sich nicht scheuet/ zu schreiben: Solches gereiche dem Römischen Volck zu sonderbarem Ruhm ihrer kriegerischen Tapfferkeit/ indem der Kriegs-Gott Mars für den Vatter ihres Urhebers Romuli, ohne einiges Widersprechen/ gehalten; und von Jedermänniglich so wol/ als dessen Reich selbst/ beliebet werde. Allein dessen unerachtet/ ob gleich manche Völcker das Römische Joch tragen/ und ihnen solchen unverschämten Ruhm gefallen lassen müssen; so haben sich dannoch Unterschiedliche gefunden/ bey denen die Warheit viel eine grössere Macht/ als der Römer Gewalt

Der
Römischen ARCHITECTURA
Historische Beschreibung.
Das I. Capittel.

Das Capitolium hat seinen Namen/ von einem gefundenen Menschenhaubt. Roßkopf/ in Erbauung der Stadt Carthago. Eine verguldte Wölfinn daselbst. Des Romuli und Remi unbekanter Vatter. Dero Mutter/ eine Vestalische Klosterfrau/ Rhea Silvia. Ihres Vettern Amulii Regiersucht. Heidnischer Götter erdichte Unkeuschheit. Alexander Magnus, ein unehlicher Neben-Sohn. Decii Mundi schändlicher Betrug. Livii Ruhmräthigkeit. Messalae Corvini Behutsamkeit. Romuli und Remi Seugamme. Dero wilde Jugend. Der Wölfinn Bildnis/ vom Donner berührt. Dergleichen Römische Schaupfennige.

Die alte Römers-Burg hat mächtig zugenommen/
nachdem sie/ von dem Haubt/ den Namen überkommen:
Dieweil Rom solte seyn das Haubt der gantzen Welt/
so mit dem Wirbel strebt/ bis an das Sternen-Zelt.
[Spaltenumbruch]

Plat. I.SIntemal aus denen alten Geschichten zur Gnüge bekant/ daß der höchste Schloßberg in der Welt-berühmten Stadt Rom/ (welche nunmehr einer Welt viel ähnlicher/ als einer Stadt Capitolium, woher es seinen Namen habe? Rycquius in Comm. de Capitol. Rom. cap. 10. Bochartus in Chanaan, lib. 1. cap. 14. zu seyn scheinet) deswegen CAPITOLIUM genennet worden; dieweil die damaligen Arbeiter ein Menschenhaubt/ eben an demjenigen Ort ausgegraben; allwo man den Grund/ zu solcher Königlichen Burg/ suchen und legen sollen: Gleichwie auch ein Roßkopf/ zum Zeichen eines streitbaren Volcks/ im Grund gefunden wurde/ da die Stadt Carthago solte erbauet werden: die von dem alten Wort Carcabe, so einen Roßkopf bedeutet/ Anfangs ihren Namen hatte.

Auf solcher Römischen Reichs-Vestung nun waren/ nach der Zeit/ unterschiedliche Götzen-Tempel/ und sehr prächtige Bilder-Seulen/ mit höchster Verwunderung/ zu sehen: Unter welchen sich denn auch/ neben des grossen Jupiters Seule/ Romulus und Remus befanden/ samt einer von Ertz gegossenen und vergüldten Wölfinn; an dero Brüsten eben dieselbigen Brüder/ als Seuglinge/ hiengen/ und mit begierigem Mund darnach schnappeten/ und langten.

Florus lib 1. c. 1. §. 1. 2. & seqq. Allein wer weiß nicht/ daß Romulus einen also genannten Vatter gehabt/ der (die Unehre seiner Mutter dardurch zu bescheinen) insgemein Mars genennet worden: Hingegen seine Mutter Amulii Regiersucht. war Rhea Silvia, welche ihr regier-süchtiger Vetter Amulius (nachdem dieser auch seinen Bruder Numitorem, samt all dessen Nachkommen/ allbereit schon aus dem Weg geraumt hatte) zu einer Vestalischen Nonnen gemacht; die das Gelübde der stets-währenden Keuschheit thun/ und beständig halten solte.

[Spaltenumbruch]

Diese heilige Jungfer aber wurde/ nach der Zeit/ aus Vergessenheit ihres gethanen Gelübdes/ Heidnische Götter werden der Unzucht beschuldiget. von jemand schwanger/ und damit der Handel einen bessern Schein gewinnen möchte/ der heidnische Abgott Mars zu des Kindes Vatter benennet. Welcher Betrug/ bey den Alten weiland sehr gebräuchlich gewest; vermittelst dessen sie ihre unehrliche Geburt/ und dannenhero auch unrechtmässige Ankunfft/ vielmals zu bemänteln pflegten. Also muste des Herculis Vatter denen Poeten der Jupiter Rupertus ad Flori. loc. cit. selbst heissen/ und seyn: welcher Zweifelsfrey ein allgemeiner Hurer/ und grosser Ehebrecher von einem sehr hohen Haus/ gewest. Also wird auch an Alexandro dem Grossen/ im wenigsten nicht gezweifelt/ daß er eines Neben-Vatters Sohn gewest; indem solches sein vermeinter Vatter Justin. lib. XI. cap.II. §.4. Joseph. l. 18. c. 4.Philippus selbst gestanden/ daß jener sein Sohn nicht wäre. Zudem so ist auch/ aus denen Historien sattsamlich bekant/ welcher massen Decius Mundus sich in einen Egyptischen Isis-Pfaffen verstellet/ dadurch die Römerinn Paullina schändlich von ihm hintergangen/ und zur Unehre würcklich verleitet worden.

Demnach rühmet sich der Römische Geschichtschreiber/Livius, Livius l. I. desjenigen/ so wol Schweigens wehrt wäre; und betriegt sich selbst/ samt anderen/ wenn er sich nicht scheuet/ zu schreiben: Solches gereiche dem Römischen Volck zu sonderbarem Ruhm ihrer kriegerischen Tapfferkeit/ indem der Kriegs-Gott Mars für den Vatter ihres Urhebers Romuli, ohne einiges Widersprechen/ gehalten; und von Jedermänniglich so wol/ als dessen Reich selbst/ beliebet werde. Allein dessen unerachtet/ ob gleich manche Völcker das Römische Joch tragen/ und ihnen solchen unverschämten Ruhm gefallen lassen müssen; so haben sich dannoch Unterschiedliche gefunden/ bey denen die Warheit viel eine grössere Macht/ als der Römer Gewalt

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[[I (Architektur), S. 35]/0232] Der Römischen ARCHITECTURA Historische Beschreibung. Das I. Capittel. Das Capitolium hat seinen Namen/ von einem gefundenen Menschenhaubt. Roßkopf/ in Erbauung der Stadt Carthago. Eine verguldte Wölfinn daselbst. Des Romuli und Remi unbekanter Vatter. Dero Mutter/ eine Vestalische Klosterfrau/ Rhea Silvia. Ihres Vettern Amulii Regiersucht. Heidnischer Götter erdichte Unkeuschheit. Alexander Magnus, ein unehlicher Neben-Sohn. Decii Mundi schändlicher Betrug. Livii Ruhmräthigkeit. Messalae Corvini Behutsamkeit. Romuli und Remi Seugamme. Dero wilde Jugend. Der Wölfinn Bildnis/ vom Donner berührt. Dergleichen Römische Schaupfennige. Die alte Römers-Burg hat mächtig zugenommen/ nachdem sie/ von dem Haubt/ den Namen überkommen: Dieweil Rom solte seyn das Haubt der gantzen Welt/ so mit dem Wirbel strebt/ bis an das Sternen-Zelt. SIntemal aus denen alten Geschichten zur Gnüge bekant/ daß der höchste Schloßberg in der Welt-berühmten Stadt Rom/ (welche nunmehr einer Welt viel ähnlicher/ als einer Stadt zu seyn scheinet) deswegen CAPITOLIUM genennet worden; dieweil die damaligen Arbeiter ein Menschenhaubt/ eben an demjenigen Ort ausgegraben; allwo man den Grund/ zu solcher Königlichen Burg/ suchen und legen sollen: Gleichwie auch ein Roßkopf/ zum Zeichen eines streitbaren Volcks/ im Grund gefunden wurde/ da die Stadt Carthago solte erbauet werden: die von dem alten Wort Carcabe, so einen Roßkopf bedeutet/ Anfangs ihren Namen hatte. Plat. I. Capitolium, woher es seinen Namen habe? Rycquius in Comm. de Capitol. Rom. cap. 10. Bochartus in Chanaan, lib. 1. cap. 14.Auf solcher Römischen Reichs-Vestung nun waren/ nach der Zeit/ unterschiedliche Götzen-Tempel/ und sehr prächtige Bilder-Seulen/ mit höchster Verwunderung/ zu sehen: Unter welchen sich denn auch/ neben des grossen Jupiters Seule/ Romulus und Remus befanden/ samt einer von Ertz gegossenen und vergüldten Wölfinn; an dero Brüsten eben dieselbigen Brüder/ als Seuglinge/ hiengen/ und mit begierigem Mund darnach schnappeten/ und langten. Allein wer weiß nicht/ daß Romulus einen also genannten Vatter gehabt/ der (die Unehre seiner Mutter dardurch zu bescheinen) insgemein Mars genennet worden: Hingegen seine Mutter war Rhea Silvia, welche ihr regier-süchtiger Vetter Amulius (nachdem dieser auch seinen Bruder Numitorem, samt all dessen Nachkommen/ allbereit schon aus dem Weg geraumt hatte) zu einer Vestalischen Nonnen gemacht; die das Gelübde der stets-währenden Keuschheit thun/ und beständig halten solte. Florus lib 1. c. 1. §. 1. 2. & seqq. Amulii Regiersucht. Diese heilige Jungfer aber wurde/ nach der Zeit/ aus Vergessenheit ihres gethanen Gelübdes/ von jemand schwanger/ und damit der Handel einen bessern Schein gewinnen möchte/ der heidnische Abgott Mars zu des Kindes Vatter benennet. Welcher Betrug/ bey den Alten weiland sehr gebräuchlich gewest; vermittelst dessen sie ihre unehrliche Geburt/ und dannenhero auch unrechtmässige Ankunfft/ vielmals zu bemänteln pflegten. Also muste des Herculis Vatter denen Poeten der Jupiter selbst heissen/ und seyn: welcher Zweifelsfrey ein allgemeiner Hurer/ und grosser Ehebrecher von einem sehr hohen Haus/ gewest. Also wird auch an Alexandro dem Grossen/ im wenigsten nicht gezweifelt/ daß er eines Neben-Vatters Sohn gewest; indem solches sein vermeinter Vatter Philippus selbst gestanden/ daß jener sein Sohn nicht wäre. Zudem so ist auch/ aus denen Historien sattsamlich bekant/ welcher massen Decius Mundus sich in einen Egyptischen Isis-Pfaffen verstellet/ dadurch die Römerinn Paullina schändlich von ihm hintergangen/ und zur Unehre würcklich verleitet worden. Heidnische Götter werden der Unzucht beschuldiget. Rupertus ad Flori. loc. cit. Justin. lib. XI. cap.II. §.4. Joseph. l. 18. c. 4.Demnach rühmet sich der Römische Geschichtschreiber/Livius, desjenigen/ so wol Schweigens wehrt wäre; und betriegt sich selbst/ samt anderen/ wenn er sich nicht scheuet/ zu schreiben: Solches gereiche dem Römischen Volck zu sonderbarem Ruhm ihrer kriegerischen Tapfferkeit/ indem der Kriegs-Gott Mars für den Vatter ihres Urhebers Romuli, ohne einiges Widersprechen/ gehalten; und von Jedermänniglich so wol/ als dessen Reich selbst/ beliebet werde. Allein dessen unerachtet/ ob gleich manche Völcker das Römische Joch tragen/ und ihnen solchen unverschämten Ruhm gefallen lassen müssen; so haben sich dannoch Unterschiedliche gefunden/ bey denen die Warheit viel eine grössere Macht/ als der Römer Gewalt Livius l. I.

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Zitationshilfe: Sandrart, Joachim von: L’Academia Todesca. della Architectura, Scultura & Pittura: Oder Teutsche Academie der Edlen Bau- Bild- und Mahlerey-Künste. Bd. 2,1. Nürnberg, 1679, S. [I (Architektur), S. 35]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sandrart_academie0201_1679/232>, abgerufen am 29.03.2024.