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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692.

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Judas Iscarioth/ wolte sein liederliches Ende nehmen
ihnen vor die Füß/ den Beutel aber hat er zu vielen Stü-
cken zerrissen/ und ohne weitere Aufhaltung sich aus dem
Tempel hinaus gemacht/ den Weeg/ als schon verzweif-
felt an der Barmhertzigkeit GOttes/ durch das Thor/
so den Namen hatte Porta Piscium, das Fisch-Thor/ hin-
aus genommen; dieses Thor hatte darum solchen Na-
men/ weil man alle Fische durch dasselbe in die Stadt hin-
ein geführet oder getragen/ auch ohn-weit denselben auf
den Marck verkaufft hat. In Erwegung dessen will
ich den günstigen Leser zu einer Mahlzeit einladen/ und
ihn mit lauter Fischen bestens/ und nach Vermögen und
Vergnügen/ zwar tractiren.

Die erste Tracht ist ein Stierl: dieser ist gar ein stat-
licher Fisch. Die heilige Jungfrau Amelberga wird mit
einem Palm-Zweig in der Hand abgemahlt/ bey den
Fussen aber mit einem Fisch/ und zwar einem Stierl/
dann ihr Heil. Leib und Reliquien seynd in ein Schiff ge-
legt worden/ welches hernach ohne Ruder noch Men-
schen-Händ gegen den Fluß gefahren/ das Schiffl aber
wegen der heiligen Reliquien hat eine unglaubliche Men-
ge besagter Fische begleitet/ biß es an das gehörige Ort
gelanget/ aus welchem genugsam zu schöpffen ist/ wie
hoch die Reliquien und Heiligthümer zu halten seyen.

Mädel ich lob dich/ ob dich schon der Teufel überwun-
den: Töchterl/ ich rühme dich/ wann du schon in der Höll
sitzest. Madamoisel ich preiß/ unangesehen du verdammt
bist/ verstehe und meine ich dich Herodias, als eine Toch-
ter Philippi des Herodis Bruder/ dich lobe ich/ rühme ich/
preiß ich darum. Wie diese so hurtig getanzt/ und vor
dem Hirco Herode, so stattliche Capriol geschnitten/ hat
sich der berauschte König also darein verliebt/ daß er sich
verlauten lassen/ sie soll begehren/ was sie immer wolle/
wanns auch der halbe Theil des Königreichs soll seyn. O
Phantast! der Wein thut halt das sein. Die üppige

Toch-

Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen
ihnen vor die Fuͤß/ den Beutel aber hat er zu vielen Stuͤ-
cken zerriſſen/ und ohne weitere Aufhaltung ſich aus dem
Tempel hinaus gemacht/ den Weeg/ als ſchon verzweif-
felt an der Barmhertzigkeit GOttes/ durch das Thor/
ſo den Namen hatte Porta Piſcium, das Fiſch-Thor/ hin-
aus genommen; dieſes Thor hatte darum ſolchen Na-
men/ weil man alle Fiſche durch daſſelbe in die Stadt hin-
ein gefuͤhret oder getragen/ auch ohn-weit denſelben auf
den Marck verkaufft hat. In Erwegung deſſen will
ich den guͤnſtigen Leſer zu einer Mahlzeit einladen/ und
ihn mit lauter Fiſchen beſtens/ und nach Vermoͤgen und
Vergnuͤgen/ zwar tractiren.

Die erſte Tracht iſt ein Stierl: dieſer iſt gar ein ſtat-
licher Fiſch. Die heilige Jungfrau Amelberga wird mit
einem Palm-Zweig in der Hand abgemahlt/ bey den
Fuſſen aber mit einem Fiſch/ und zwar einem Stierl/
dann ihr Heil. Leib und Reliquien ſeynd in ein Schiff ge-
legt worden/ welches hernach ohne Ruder noch Men-
ſchen-Haͤnd gegen den Fluß gefahren/ das Schiffl aber
wegen der heiligen Reliquien hat eine unglaubliche Men-
ge beſagter Fiſche begleitet/ biß es an das gehoͤrige Ort
gelanget/ aus welchem genugſam zu ſchoͤpffen iſt/ wie
hoch die Reliquien und Heiligthuͤmer zu halten ſeyen.

Maͤdel ich lob dich/ ob dich ſchon der Teufel uͤberwun-
den: Toͤchterl/ ich ruͤhme dich/ wann du ſchon in der Hoͤll
ſitzeſt. Madamoiſel ich preiß/ unangeſehen du verdammt
biſt/ verſtehe und meine ich dich Herodias, als eine Toch-
ter Philippi des Herodis Bruder/ dich lobe ich/ ruͤhme ich/
preiß ich darum. Wie dieſe ſo hurtig getanzt/ und vor
dem Hirco Herode, ſo ſtattliche Capriol geſchnitten/ hat
ſich der berauſchte Koͤnig alſo darein verliebt/ daß er ſich
verlauten laſſen/ ſie ſoll begehren/ was ſie immer wolle/
wanns auch der halbe Theil des Koͤnigreichs ſoll ſeyn. O
Phantaſt! der Wein thut halt das ſein. Die uͤppige

Toch-
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[478/0510] Judas Iſcarioth/ wolte ſein liederliches Ende nehmen ihnen vor die Fuͤß/ den Beutel aber hat er zu vielen Stuͤ- cken zerriſſen/ und ohne weitere Aufhaltung ſich aus dem Tempel hinaus gemacht/ den Weeg/ als ſchon verzweif- felt an der Barmhertzigkeit GOttes/ durch das Thor/ ſo den Namen hatte Porta Piſcium, das Fiſch-Thor/ hin- aus genommen; dieſes Thor hatte darum ſolchen Na- men/ weil man alle Fiſche durch daſſelbe in die Stadt hin- ein gefuͤhret oder getragen/ auch ohn-weit denſelben auf den Marck verkaufft hat. In Erwegung deſſen will ich den guͤnſtigen Leſer zu einer Mahlzeit einladen/ und ihn mit lauter Fiſchen beſtens/ und nach Vermoͤgen und Vergnuͤgen/ zwar tractiren. Die erſte Tracht iſt ein Stierl: dieſer iſt gar ein ſtat- licher Fiſch. Die heilige Jungfrau Amelberga wird mit einem Palm-Zweig in der Hand abgemahlt/ bey den Fuſſen aber mit einem Fiſch/ und zwar einem Stierl/ dann ihr Heil. Leib und Reliquien ſeynd in ein Schiff ge- legt worden/ welches hernach ohne Ruder noch Men- ſchen-Haͤnd gegen den Fluß gefahren/ das Schiffl aber wegen der heiligen Reliquien hat eine unglaubliche Men- ge beſagter Fiſche begleitet/ biß es an das gehoͤrige Ort gelanget/ aus welchem genugſam zu ſchoͤpffen iſt/ wie hoch die Reliquien und Heiligthuͤmer zu halten ſeyen. Maͤdel ich lob dich/ ob dich ſchon der Teufel uͤberwun- den: Toͤchterl/ ich ruͤhme dich/ wann du ſchon in der Hoͤll ſitzeſt. Madamoiſel ich preiß/ unangeſehen du verdammt biſt/ verſtehe und meine ich dich Herodias, als eine Toch- ter Philippi des Herodis Bruder/ dich lobe ich/ ruͤhme ich/ preiß ich darum. Wie dieſe ſo hurtig getanzt/ und vor dem Hirco Herode, ſo ſtattliche Capriol geſchnitten/ hat ſich der berauſchte Koͤnig alſo darein verliebt/ daß er ſich verlauten laſſen/ ſie ſoll begehren/ was ſie immer wolle/ wanns auch der halbe Theil des Koͤnigreichs ſoll ſeyn. O Phantaſt! der Wein thut halt das ſein. Die uͤppige Toch-

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 3. Salzburg, 1692, S. 478. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas03_1692/510>, abgerufen am 19.04.2024.