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Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695.

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und gibt es seinem Weib/ und Kindern.
Freund/ der die arme Ruth zu Mittlen gebracht/ die arme ver-
waiste Esther zu Reichthumb erhoben/ der kan und wird auch
ihr Vatter seyn/ so ihnen das tägliche Brod verschafft.

Die dreyssig Silberling/ umb welche der
Iscarioth Christum den HErrn verrathen/
seynd den Verstorbenen zu Nutzen
kommen.

WJe Judas den gefählten Sentenz und blutige Urtheil
über Christum in dem Palast deß Pilati vernommen/ da
hat ihn alsobald das böse Gewissen als ein einhaimbi-
scher Hencker dergestalten peiniget/ und gleichsam Tiranni-
scher Weiß gefoltert/ daß er gleich einem rasenden und tobenden
Menschen über die Gassen geloffen/ die Hohepriester und Für-
sten der Synagog allenthalben gesucht/ und da er die maisten
derselben im Tempel angetroffen/ welche für die herzunahende
Oesterliche Zeit alle gehörige Anstalten machten/ hat er ihnen
das empfangene Blut-Gelt wider zuruck geben/ und anbey of-
fentlich bekennt und außgesagt/ daß JEsus unschuldig seye: in-
deme sie endlich solches Gelt gewaigert anzunemmen/ hat er sol-
ches ihnen für die Füß geworffen/ und nachmals sich auß dem
Augen gemacht/ dann er schambte sich wegen solcher unerhörter
Lasterthat vor ehrlichen Leuthen/ deren doch damahlen wenig
waren/ zu erscheinen: die Geistliche Herren und Vorsteher der
Synagog thäten sich alsobald berathschlagen/ zu was besagtes
Geld möcht angewendet werden/ haben endlich sammentlich be-
schlossen/ daß man hiervon einen Acker solle kauffen/ worinnen
künfftige Zeit die Frembde möchten begraben werden. Dises
wäre ein stattliches Mittel und glückseeliger Vorschub gewe-
sen/ spricht mein Heil. Vatter Augustinus, daß solche gottlose
Hohe-Prister hetten leicht können zur Göttlichen Gnad und

Nach-
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und gibt es ſeinem Weib/ und Kindern.
Freund/ der die arme Ruth zu Mittlen gebracht/ die arme ver-
waiſte Eſther zu Reichthumb erhoben/ der kan und wird auch
ihr Vatter ſeyn/ ſo ihnen das taͤgliche Brod verſchafft.

Die dreyſſig Silberling/ umb welche der
Iſcarioth Chriſtum den HErrn verrathen/
ſeynd den Verſtorbenen zu Nutzen
kommen.

WJe Judas den gefaͤhlten Sentenz und blutige Urtheil
uͤber Chriſtum in dem Palaſt deß Pilati vernom̃en/ da
hat ihn alſobald das boͤſe Gewiſſen als ein einhaimbi-
ſcher Hencker dergeſtalten peiniget/ und gleichſam Tiranni-
ſcher Weiß gefoltert/ daß er gleich einem raſenden und tobendẽ
Menſchen uͤber die Gaſſen geloffen/ die Hoheprieſter und Fuͤr-
ſten der Synagog allenthalben geſucht/ und da er die maiſten
derſelben im Tempel angetroffen/ welche fuͤr die herzunahende
Oeſterliche Zeit alle gehoͤrige Anſtalten machten/ hat er ihnen
das empfangene Blut-Gelt wider zuruck geben/ und anbey of-
fentlich bekennt und außgeſagt/ daß JEſus unſchuldig ſeye: in-
deme ſie endlich ſolches Gelt gewaigert anzunem̃en/ hat er ſol-
ches ihnen fuͤr die Fuͤß geworffen/ und nachmals ſich auß dem
Augen gemacht/ dañ er ſchambte ſich wegen ſolcher unerhoͤrter
Laſterthat vor ehrlichen Leuthen/ deren doch damahlen wenig
waren/ zu erſcheinen: die Geiſtliche Herꝛen und Vorſteher der
Synagog thaͤten ſich alſobald berathſchlagen/ zu was beſagtes
Geld moͤcht angewendet werden/ haben endlich ſam̃entlich be-
ſchloſſen/ daß man hiervon einen Acker ſolle kauffen/ worinnen
kuͤnfftige Zeit die Frembde moͤchten begraben werden. Diſes
waͤre ein ſtattliches Mittel und gluͤckſeeliger Vorſchub gewe-
ſen/ ſpricht mein Heil. Vatter Auguſtinus, daß ſolche gottloſe
Hohe-Priſter hetten leicht koͤnnen zur Goͤttlichen Gnad und

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[291/0303] und gibt es ſeinem Weib/ und Kindern. Freund/ der die arme Ruth zu Mittlen gebracht/ die arme ver- waiſte Eſther zu Reichthumb erhoben/ der kan und wird auch ihr Vatter ſeyn/ ſo ihnen das taͤgliche Brod verſchafft. Die dreyſſig Silberling/ umb welche der Iſcarioth Chriſtum den HErrn verrathen/ ſeynd den Verſtorbenen zu Nutzen kommen. WJe Judas den gefaͤhlten Sentenz und blutige Urtheil uͤber Chriſtum in dem Palaſt deß Pilati vernom̃en/ da hat ihn alſobald das boͤſe Gewiſſen als ein einhaimbi- ſcher Hencker dergeſtalten peiniget/ und gleichſam Tiranni- ſcher Weiß gefoltert/ daß er gleich einem raſenden und tobendẽ Menſchen uͤber die Gaſſen geloffen/ die Hoheprieſter und Fuͤr- ſten der Synagog allenthalben geſucht/ und da er die maiſten derſelben im Tempel angetroffen/ welche fuͤr die herzunahende Oeſterliche Zeit alle gehoͤrige Anſtalten machten/ hat er ihnen das empfangene Blut-Gelt wider zuruck geben/ und anbey of- fentlich bekennt und außgeſagt/ daß JEſus unſchuldig ſeye: in- deme ſie endlich ſolches Gelt gewaigert anzunem̃en/ hat er ſol- ches ihnen fuͤr die Fuͤß geworffen/ und nachmals ſich auß dem Augen gemacht/ dañ er ſchambte ſich wegen ſolcher unerhoͤrter Laſterthat vor ehrlichen Leuthen/ deren doch damahlen wenig waren/ zu erſcheinen: die Geiſtliche Herꝛen und Vorſteher der Synagog thaͤten ſich alſobald berathſchlagen/ zu was beſagtes Geld moͤcht angewendet werden/ haben endlich ſam̃entlich be- ſchloſſen/ daß man hiervon einen Acker ſolle kauffen/ worinnen kuͤnfftige Zeit die Frembde moͤchten begraben werden. Diſes waͤre ein ſtattliches Mittel und gluͤckſeeliger Vorſchub gewe- ſen/ ſpricht mein Heil. Vatter Auguſtinus, daß ſolche gottloſe Hohe-Priſter hetten leicht koͤnnen zur Goͤttlichen Gnad und Nach- O o 2

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Zitationshilfe: Clara, Abraham a Sancta: Judas Der Ertz-Schelm. Bd. 4. Salzburg, 1695, S. 291. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santa_judas04_1695/303>, abgerufen am 24.04.2024.