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Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699.

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Von der Demuth


Die Eilffte Geistliche
LECTION
Von der Demuth.
Discite a me, quia mitis sum & humilis corde.Matth.
11. v.
29.

Lernet von mir dann ich bin sanfftmuthig und De-
muthig von Hertzen.

Der Erste Theil.

1. GLeich wie ein Gebäu ohne Grund-Vest nicht bestehen kan/ also wird
an dem herrlichen Bau der Tugenden/ ohne die Demuth vergeb-
lich gearbeitet; dergestalt/ daß auch ein jede Tugend verdächtig ge-
halten werde/ so mit der Demuth nicht versehen ist. So ist dann diese Tu-
gend so nothwendig/ daß sie ohne andere seyn kan/ ohne sie aber andere nicht
bestehen können; dieweilen sie ist eine Erfüllung oder Ersetzung der andern/
wie der Gottseelige Rodericius beweiset. Dahin ziehlet auch der Heil.
Vatter Augustinus mit diesen Worten: Wilstu groß seyn: soTr. 3. c. 39.
p.
2.

fange vom niedrigisten an. Gedenckestu auffzurichten
einen Ban grosser Höhe; so laß dir vorhin angelegen seyn
das Grund-Vest der Demuth.
Weiters höre/ mein Christliche
Seel/ mit was vor Ehren-Titulen diese Tugend von den H. H. Vättern
benambset werde. Einige nennen die Demuth ein Fundament oder Grund-
Vest der Christlichen Weißheit: andere ein Artzeney der auffgeblasse-
nen oder hoffertigen Menschen/ andere ein Schildwacht der Tugenden:
andere/ den meist-glantzenden Edelgestein an dem herrlichen Kleyd deß ho-
hen Priesters. Der Heil. Basilius tauffet sie den aller-sicheresten Schatz
aller Tugenden. Der vor - benennte Rodericius bricht also von dieser
Tugend loß/ und sagt; gleich wie alle Stern in Ankunfft der Son-
nen ihren Schein verliehren; also werden alle andere Tugenden
verduncklet/ nachdem die Demuth in das menschliche Hertz ist eingetretten.

Und
Von der Demuth


Die Eilffte Geiſtliche
LECTION
Von der Demuth.
Diſcite à me, quia mitis ſum & humilis corde.Matth.
11. v.
29.

Lernet von mir dann ich bin ſanfftmůthig und De-
můthig von Hertzen.

Der Erſte Theil.

1. GLeich wie ein Gebaͤu ohne Grund-Veſt nicht beſtehen kan/ alſo wird
an dem herrlichen Bau der Tugenden/ ohne die Demuth vergeb-
lich gearbeitet; dergeſtalt/ daß auch ein jede Tugend verdaͤchtig ge-
halten werde/ ſo mit der Demuth nicht verſehen iſt. So iſt dann dieſe Tu-
gend ſo nothwendig/ daß ſie ohne andere ſeyn kan/ ohne ſie aber andere nicht
beſtehen koͤnnen; dieweilen ſie iſt eine Erfuͤllung oder Erſetzung der andern/
wie der Gottſeelige Rodericius beweiſet. Dahin ziehlet auch der Heil.
Vatter Auguſtinus mit dieſen Worten: Wilſtu groß ſeyn: ſoTr. 3. c. 39.
p.
2.

fange vom niedrigiſten an. Gedenckeſtu auffzurichten
einen Ban groſſer Hoͤhe; ſo laß dir vorhin angelegen ſeyn
das Grund-Veſt der Demuth.
Weiters hoͤre/ mein Chriſtliche
Seel/ mit was vor Ehren-Titulen dieſe Tugend von den H. H. Vaͤttern
benambſet werde. Einige nennen die Demuth ein Fundament oder Grund-
Veſt der Chriſtlichen Weißheit: andere ein Artzeney der auffgeblaſſe-
nen oder hoffertigen Menſchen/ andere ein Schildwacht der Tugenden:
andere/ den meiſt-glantzenden Edelgeſtein an dem herrlichen Kleyd deß ho-
hen Prieſters. Der Heil. Baſilius tauffet ſie den aller-ſichereſten Schatz
aller Tugenden. Der vor - benennte Rodericius bricht alſo von dieſer
Tugend loß/ und ſagt; gleich wie alle Stern in Ankunfft der Son-
nen ihren Schein verliehren; alſo werden alle andere Tugenden
verduncklet/ nachdem die Demuth in das menſchliche Hertz iſt eingetretten.

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[111/0139] Von der Demuth Die Eilffte Geiſtliche LECTION Von der Demuth. Diſcite à me, quia mitis ſum & humilis corde. Lernet von mir dann ich bin ſanfftmůthig und De- můthig von Hertzen. Der Erſte Theil. 1. GLeich wie ein Gebaͤu ohne Grund-Veſt nicht beſtehen kan/ alſo wird an dem herrlichen Bau der Tugenden/ ohne die Demuth vergeb- lich gearbeitet; dergeſtalt/ daß auch ein jede Tugend verdaͤchtig ge- halten werde/ ſo mit der Demuth nicht verſehen iſt. So iſt dann dieſe Tu- gend ſo nothwendig/ daß ſie ohne andere ſeyn kan/ ohne ſie aber andere nicht beſtehen koͤnnen; dieweilen ſie iſt eine Erfuͤllung oder Erſetzung der andern/ wie der Gottſeelige Rodericius beweiſet. Dahin ziehlet auch der Heil. Vatter Auguſtinus mit dieſen Worten: Wilſtu groß ſeyn: ſo fange vom niedrigiſten an. Gedenckeſtu auffzurichten einen Ban groſſer Hoͤhe; ſo laß dir vorhin angelegen ſeyn das Grund-Veſt der Demuth. Weiters hoͤre/ mein Chriſtliche Seel/ mit was vor Ehren-Titulen dieſe Tugend von den H. H. Vaͤttern benambſet werde. Einige nennen die Demuth ein Fundament oder Grund- Veſt der Chriſtlichen Weißheit: andere ein Artzeney der auffgeblaſſe- nen oder hoffertigen Menſchen/ andere ein Schildwacht der Tugenden: andere/ den meiſt-glantzenden Edelgeſtein an dem herrlichen Kleyd deß ho- hen Prieſters. Der Heil. Baſilius tauffet ſie den aller-ſichereſten Schatz aller Tugenden. Der vor - benennte Rodericius bricht alſo von dieſer Tugend loß/ und ſagt; gleich wie alle Stern in Ankunfft der Son- nen ihren Schein verliehren; alſo werden alle andere Tugenden verduncklet/ nachdem die Demuth in das menſchliche Hertz iſt eingetretten. Und Tr. 3. c. 39. p. 2.

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Zitationshilfe: Santa Clara, Abraham a: Grammatica Religiosa, Oder Geistliche Tugend-Schul. Köln, 1699, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/santaclara_grammatica_1699/139>, abgerufen am 19.04.2024.