Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite
3.
Gesetze und Rechtsbücher.

Der Einfluß eigentlicher Gesetzgebung auf bürgerli-
ches Recht ist in einzelnen Stücken desselben nicht sel-
ten, aber die Gründe dieses Einflusses sind sehr ver-
schiedener Art. Zunächst kann nämlich gerade die
Abänderung des bestehenden Rechts Absicht des Ge-
setzgebers seyn, weil höhere politische Zwecke dieses
fordern. Wenn in unsren Tagen Nichtjuristen von
dem Bedürfniß neuer Gesetzgebung sprechen, so ist
gewöhnlich blos dieses gemeynt, wovon die Bestim-
mung der gutsherrlichen Rechte eines der wichtigsten
Beispiele ist. Auch die Geschichte des Römischen
Rechts liefert Beyspiele dieser Art, wenige aus der
freyen Republik, unter August die wichtige Lex Iu-
lia et Papia Poppaea,
seit den christlichen Kaisern
eine große Anzahl. Daß die Gesetze dieser Art leicht
eine fruchtlose Corruption des Rechts sind, und daß
gerade in ihnen die höchste Sparsamkeit nöthig ist,
wird jedem einleuchten, der die Geschichte zu Rathe
zieht. Die technische Seite des Rechts wird bey
ihnen blos für die Form, und für den Zusammen-
hang mit dem ganzen übrigen Rechte in Anspruch
genommen, welcher Zusammenhang diesen Theil der

Gesetz-
3.
Geſetze und Rechtsbücher.

Der Einfluß eigentlicher Geſetzgebung auf bürgerli-
ches Recht iſt in einzelnen Stücken deſſelben nicht ſel-
ten, aber die Gründe dieſes Einfluſſes ſind ſehr ver-
ſchiedener Art. Zunächſt kann nämlich gerade die
Abänderung des beſtehenden Rechts Abſicht des Ge-
ſetzgebers ſeyn, weil höhere politiſche Zwecke dieſes
fordern. Wenn in unſren Tagen Nichtjuriſten von
dem Bedürfniß neuer Geſetzgebung ſprechen, ſo iſt
gewöhnlich blos dieſes gemeynt, wovon die Beſtim-
mung der gutsherrlichen Rechte eines der wichtigſten
Beiſpiele iſt. Auch die Geſchichte des Römiſchen
Rechts liefert Beyſpiele dieſer Art, wenige aus der
freyen Republik, unter Auguſt die wichtige Lex Iu-
lia et Papia Poppaea,
ſeit den chriſtlichen Kaiſern
eine große Anzahl. Daß die Geſetze dieſer Art leicht
eine fruchtloſe Corruption des Rechts ſind, und daß
gerade in ihnen die höchſte Sparſamkeit nöthig iſt,
wird jedem einleuchten, der die Geſchichte zu Rathe
zieht. Die techniſche Seite des Rechts wird bey
ihnen blos für die Form, und für den Zuſammen-
hang mit dem ganzen übrigen Rechte in Anſpruch
genommen, welcher Zuſammenhang dieſen Theil der

Geſetz-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0026" n="16"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">3.<lb/><hi rendition="#g">Ge&#x017F;etze und Rechtsbücher</hi>.</hi> </head><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
        <p><hi rendition="#in">D</hi>er Einfluß eigentlicher Ge&#x017F;etzgebung auf bürgerli-<lb/>
ches Recht i&#x017F;t in einzelnen Stücken de&#x017F;&#x017F;elben nicht &#x017F;el-<lb/>
ten, aber die Gründe die&#x017F;es Einflu&#x017F;&#x017F;es &#x017F;ind &#x017F;ehr ver-<lb/>
&#x017F;chiedener Art. Zunäch&#x017F;t kann nämlich gerade die<lb/>
Abänderung des be&#x017F;tehenden Rechts Ab&#x017F;icht des Ge-<lb/>
&#x017F;etzgebers &#x017F;eyn, weil höhere politi&#x017F;che Zwecke die&#x017F;es<lb/>
fordern. Wenn in un&#x017F;ren Tagen Nichtjuri&#x017F;ten von<lb/>
dem Bedürfniß neuer Ge&#x017F;etzgebung &#x017F;prechen, &#x017F;o i&#x017F;t<lb/>
gewöhnlich blos die&#x017F;es gemeynt, wovon die Be&#x017F;tim-<lb/>
mung der gutsherrlichen Rechte eines der wichtig&#x017F;ten<lb/>
Bei&#x017F;piele i&#x017F;t. Auch die Ge&#x017F;chichte des Römi&#x017F;chen<lb/>
Rechts liefert Bey&#x017F;piele die&#x017F;er Art, wenige aus der<lb/>
freyen Republik, unter Augu&#x017F;t die wichtige <hi rendition="#aq">Lex Iu-<lb/>
lia et Papia Poppaea,</hi> &#x017F;eit den chri&#x017F;tlichen Kai&#x017F;ern<lb/>
eine große Anzahl. Daß die Ge&#x017F;etze die&#x017F;er Art leicht<lb/>
eine fruchtlo&#x017F;e Corruption des Rechts &#x017F;ind, und daß<lb/>
gerade in ihnen die höch&#x017F;te Spar&#x017F;amkeit nöthig i&#x017F;t,<lb/>
wird jedem einleuchten, der die Ge&#x017F;chichte zu Rathe<lb/>
zieht. Die techni&#x017F;che Seite des Rechts wird bey<lb/>
ihnen blos für die Form, und für den Zu&#x017F;ammen-<lb/>
hang mit dem ganzen übrigen Rechte in An&#x017F;pruch<lb/>
genommen, welcher Zu&#x017F;ammenhang die&#x017F;en Theil der<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Ge&#x017F;etz-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[16/0026] 3. Geſetze und Rechtsbücher. Der Einfluß eigentlicher Geſetzgebung auf bürgerli- ches Recht iſt in einzelnen Stücken deſſelben nicht ſel- ten, aber die Gründe dieſes Einfluſſes ſind ſehr ver- ſchiedener Art. Zunächſt kann nämlich gerade die Abänderung des beſtehenden Rechts Abſicht des Ge- ſetzgebers ſeyn, weil höhere politiſche Zwecke dieſes fordern. Wenn in unſren Tagen Nichtjuriſten von dem Bedürfniß neuer Geſetzgebung ſprechen, ſo iſt gewöhnlich blos dieſes gemeynt, wovon die Beſtim- mung der gutsherrlichen Rechte eines der wichtigſten Beiſpiele iſt. Auch die Geſchichte des Römiſchen Rechts liefert Beyſpiele dieſer Art, wenige aus der freyen Republik, unter Auguſt die wichtige Lex Iu- lia et Papia Poppaea, ſeit den chriſtlichen Kaiſern eine große Anzahl. Daß die Geſetze dieſer Art leicht eine fruchtloſe Corruption des Rechts ſind, und daß gerade in ihnen die höchſte Sparſamkeit nöthig iſt, wird jedem einleuchten, der die Geſchichte zu Rathe zieht. Die techniſche Seite des Rechts wird bey ihnen blos für die Form, und für den Zuſammen- hang mit dem ganzen übrigen Rechte in Anſpruch genommen, welcher Zuſammenhang dieſen Theil der Geſetz-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/26
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: Vom Beruf unsrer Zeit für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft. Heidelberg, 1814, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_gesetzgebung_1814/26>, abgerufen am 28.03.2024.