angewendet werden können, aber weniger auf die der zweyten (des unrichtigen Ausdrucks).
C. Der innere Werth des Resultats endlich ist unter allen Hülfsmitteln das gefährlichste, indem dadurch am leichtesten der Ausleger die Gränzen seines Geschäfts über- schreiten und in das Gebiet des Gesetzgebers hinüber grei- fen wird. Daher kann dieses Hülfsmittel lediglich bey der Unbestimmtheit des Ausdrucks (der ersten Art von Mängeln) angewendet werden, nicht zur Ausgleichung des Ausdrucks mit dem Gedanken.
Auch unter diesen Hülfsmitteln ist also wieder eine ähnliche Stufenfolge sichtbar, wie unter den Mängeln selbst. Das erste ist unbedenklich überall anzuwenden: das zweyte macht schon größere Vorsicht nöthig: das dritte endlich kann nur in den engsten Gränzen zugelas- sen werden.
Die Unbestimmtheit des Ausdrucks, welche es unmög- lich macht, durch ihn allein irgend einen vollendeten Ge- danken zu erkennen, kann zunächst auf zweyerlei Weise gedacht werden: als Unvollständigkeit, oder als Viel- deutigkeit.
Die Unvollständigkeit des gesetzlichen Ausdrucks hat eine ähnliche Natur, wie wenn eine angefangene Rede unterbrochen wird, so daß für den vollständigen Gedanken
angewendet werden können, aber weniger auf die der zweyten (des unrichtigen Ausdrucks).
C. Der innere Werth des Reſultats endlich iſt unter allen Hülfsmitteln das gefährlichſte, indem dadurch am leichteſten der Ausleger die Gränzen ſeines Geſchäfts über- ſchreiten und in das Gebiet des Geſetzgebers hinüber grei- fen wird. Daher kann dieſes Hülfsmittel lediglich bey der Unbeſtimmtheit des Ausdrucks (der erſten Art von Mängeln) angewendet werden, nicht zur Ausgleichung des Ausdrucks mit dem Gedanken.
Auch unter dieſen Hülfsmitteln iſt alſo wieder eine ähnliche Stufenfolge ſichtbar, wie unter den Mängeln ſelbſt. Das erſte iſt unbedenklich überall anzuwenden: das zweyte macht ſchon größere Vorſicht nöthig: das dritte endlich kann nur in den engſten Gränzen zugelaſ- ſen werden.
Die Unbeſtimmtheit des Ausdrucks, welche es unmög- lich macht, durch ihn allein irgend einen vollendeten Ge- danken zu erkennen, kann zunächſt auf zweyerlei Weiſe gedacht werden: als Unvollſtändigkeit, oder als Viel- deutigkeit.
Die Unvollſtändigkeit des geſetzlichen Ausdrucks hat eine ähnliche Natur, wie wenn eine angefangene Rede unterbrochen wird, ſo daß für den vollſtändigen Gedanken
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§. 36. Mangelhafte Geſetze. Unbeſtimmter Ausdruck.
angewendet werden können, aber weniger auf die der
zweyten (des unrichtigen Ausdrucks).
C. Der innere Werth des Reſultats endlich iſt unter
allen Hülfsmitteln das gefährlichſte, indem dadurch am
leichteſten der Ausleger die Gränzen ſeines Geſchäfts über-
ſchreiten und in das Gebiet des Geſetzgebers hinüber grei-
fen wird. Daher kann dieſes Hülfsmittel lediglich bey
der Unbeſtimmtheit des Ausdrucks (der erſten Art von
Mängeln) angewendet werden, nicht zur Ausgleichung des
Ausdrucks mit dem Gedanken.
Auch unter dieſen Hülfsmitteln iſt alſo wieder eine
ähnliche Stufenfolge ſichtbar, wie unter den Mängeln
ſelbſt. Das erſte iſt unbedenklich überall anzuwenden:
das zweyte macht ſchon größere Vorſicht nöthig: das
dritte endlich kann nur in den engſten Gränzen zugelaſ-
ſen werden.
§. 36.
Auslegung mangelhafter Geſetze. Fortſetzung.
(Unbeſtimmter Ausdruck.)
Die Unbeſtimmtheit des Ausdrucks, welche es unmög-
lich macht, durch ihn allein irgend einen vollendeten Ge-
danken zu erkennen, kann zunächſt auf zweyerlei Weiſe
gedacht werden: als Unvollſtändigkeit, oder als Viel-
deutigkeit.
Die Unvollſtändigkeit des geſetzlichen Ausdrucks
hat eine ähnliche Natur, wie wenn eine angefangene Rede
unterbrochen wird, ſo daß für den vollſtändigen Gedanken
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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 1. Berlin, 1840, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system01_1840/281>, abgerufen am 24.04.2024.
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