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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Beylage IV.
Beylage IV.
Über die Wirksamkeit der von Römischen
Sklaven contrahirten Obligationen
.
(Zu § 65 Note i).

Wenn ein Römischer Sklave solche Handlungen vor-
nahm, aus welchen für einen Freyen Obligationen ent-
standen seyn würden, so konnte die Wirksamkeit derselben
unter ganz verschiedenen Umständen zur Sprache kommen:
während des Sklavenstandes, und nach der Freylassung.
Während des Sklavenstandes war schon an sich unmög-
lich eine civilis obligatio, da ein Sklave durchaus nicht
vor Gericht stehen konnte, weder als Kläger noch als Be-
klagter: eine naturalis obligatio war in diesem Zustand
allerdings denkbar. Nach der Freylassung dagegen war
eben sowohl eine civilis, als eine naturalis obligatio denk-
bar. Um nun zu bestimmen, was die Römer hierüber
wirklich angenommen haben, ist es nöthig, zwey Haupt-
fragen zu unterscheiden: Konnte der Sklave Forderungen
erwerben? Konnte er Schulden auf sich nehmen? Oder
was dasselbe sagt: Konnte er Glaubiger, konnte er
Schuldner werden?

I. Forderungen der Sklaven.

Diese waren in der Regel deswegen unmöglich, weil
der Sklave durch seine juristische Handlungen stets dem

Beylage IV.
Beylage IV.
Über die Wirkſamkeit der von Römiſchen
Sklaven contrahirten Obligationen
.
(Zu § 65 Note i).

Wenn ein Römiſcher Sklave ſolche Handlungen vor-
nahm, aus welchen für einen Freyen Obligationen ent-
ſtanden ſeyn würden, ſo konnte die Wirkſamkeit derſelben
unter ganz verſchiedenen Umſtänden zur Sprache kommen:
während des Sklavenſtandes, und nach der Freylaſſung.
Während des Sklavenſtandes war ſchon an ſich unmög-
lich eine civilis obligatio, da ein Sklave durchaus nicht
vor Gericht ſtehen konnte, weder als Kläger noch als Be-
klagter: eine naturalis obligatio war in dieſem Zuſtand
allerdings denkbar. Nach der Freylaſſung dagegen war
eben ſowohl eine civilis, als eine naturalis obligatio denk-
bar. Um nun zu beſtimmen, was die Römer hierüber
wirklich angenommen haben, iſt es nöthig, zwey Haupt-
fragen zu unterſcheiden: Konnte der Sklave Forderungen
erwerben? Konnte er Schulden auf ſich nehmen? Oder
was daſſelbe ſagt: Konnte er Glaubiger, konnte er
Schuldner werden?

I. Forderungen der Sklaven.

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der Sklave durch ſeine juriſtiſche Handlungen ſtets dem

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[418/0432] Beylage IV. Beylage IV. Über die Wirkſamkeit der von Römiſchen Sklaven contrahirten Obligationen. (Zu § 65 Note i). Wenn ein Römiſcher Sklave ſolche Handlungen vor- nahm, aus welchen für einen Freyen Obligationen ent- ſtanden ſeyn würden, ſo konnte die Wirkſamkeit derſelben unter ganz verſchiedenen Umſtänden zur Sprache kommen: während des Sklavenſtandes, und nach der Freylaſſung. Während des Sklavenſtandes war ſchon an ſich unmög- lich eine civilis obligatio, da ein Sklave durchaus nicht vor Gericht ſtehen konnte, weder als Kläger noch als Be- klagter: eine naturalis obligatio war in dieſem Zuſtand allerdings denkbar. Nach der Freylaſſung dagegen war eben ſowohl eine civilis, als eine naturalis obligatio denk- bar. Um nun zu beſtimmen, was die Römer hierüber wirklich angenommen haben, iſt es nöthig, zwey Haupt- fragen zu unterſcheiden: Konnte der Sklave Forderungen erwerben? Konnte er Schulden auf ſich nehmen? Oder was daſſelbe ſagt: Konnte er Glaubiger, konnte er Schuldner werden? I. Forderungen der Sklaven. Dieſe waren in der Regel deswegen unmoͤglich, weil der Sklave durch ſeine juriſtiſche Handlungen ſtets dem

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/432>, abgerufen am 24.04.2024.