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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840.

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Status und Capitis deminutio.
Es würde also ganz unrichtig sey, wenn man aus der
Vergleichung dieser Stellen mit der angeführten Institu-
tionenstelle beweisen wollte, das Wort caput habe bey
den Römern so viel bedeutet als jus oder als Status.

XIV.

II. Ein zweyter Grund gegen die Erklärung des Pau-
lus liegt in dem gänzlichen Mangel an einem befriedigen-
den logischen Zusammenhang. Die maxima, media, mi-
nima c. d.
sollen Arten derselben Gattung seyn: sie müs-
sen doch also etwas Gemeinsames haben, worin allein das
Wesen dieser sie umschließenden Gattung gesucht werden
kann. Nach unsrer Erklärung ist dieses Gemeinsame un-
verkennbar. Es ist die verminderte Rechtsfähigkeit, welche
in jeder dieser drey Rechtsveränderungen wahrzunehmen
ist, außer ihnen aber nirgends. Die Erklärung des Pau-
lus vermag ein solches gemeinsames Merkmal durchaus
nicht aufzuweisen. Es ist wohl der Ausweg versucht wor-
den, die Stellung in einer bestimmten Agnatenfamilie des-
wegen als Rechtsfähigkeit zu behandeln, weil man da-
durch fähig werde, eine Intestaterbschaft zu erwerben.
Allein dieser Auffassung liegt zum Grunde die Verwechs-
lung der Rechtsfähigkeit mit den faktischen Bedingungen
des Erwerbs von Rechten. Die justa causa bey der Tra-
dition, der Titel bey der Usucapion sind eben so, wie die
Agnation bey der hereditas intestati, faktische Bedingun-
gen des einzelnen, wirklichen Erwerbs: aber sie alle sind

Status und Capitis deminutio.
Es würde alſo ganz unrichtig ſey, wenn man aus der
Vergleichung dieſer Stellen mit der angeführten Inſtitu-
tionenſtelle beweiſen wollte, das Wort caput habe bey
den Römern ſo viel bedeutet als jus oder als Status.

XIV.

II. Ein zweyter Grund gegen die Erklärung des Pau-
lus liegt in dem gänzlichen Mangel an einem befriedigen-
den logiſchen Zuſammenhang. Die maxima, media, mi-
nima c. d.
ſollen Arten derſelben Gattung ſeyn: ſie müſ-
ſen doch alſo etwas Gemeinſames haben, worin allein das
Weſen dieſer ſie umſchließenden Gattung geſucht werden
kann. Nach unſrer Erklärung iſt dieſes Gemeinſame un-
verkennbar. Es iſt die verminderte Rechtsfähigkeit, welche
in jeder dieſer drey Rechtsveränderungen wahrzunehmen
iſt, außer ihnen aber nirgends. Die Erklärung des Pau-
lus vermag ein ſolches gemeinſames Merkmal durchaus
nicht aufzuweiſen. Es iſt wohl der Ausweg verſucht wor-
den, die Stellung in einer beſtimmten Agnatenfamilie des-
wegen als Rechtsfähigkeit zu behandeln, weil man da-
durch fähig werde, eine Inteſtaterbſchaft zu erwerben.
Allein dieſer Auffaſſung liegt zum Grunde die Verwechs-
lung der Rechtsfähigkeit mit den faktiſchen Bedingungen
des Erwerbs von Rechten. Die justa causa bey der Tra-
dition, der Titel bey der Uſucapion ſind eben ſo, wie die
Agnation bey der hereditas intestati, faktiſche Bedingun-
gen des einzelnen, wirklichen Erwerbs: aber ſie alle ſind

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[487/0501] Status und Capitis deminutio. Es würde alſo ganz unrichtig ſey, wenn man aus der Vergleichung dieſer Stellen mit der angeführten Inſtitu- tionenſtelle beweiſen wollte, das Wort caput habe bey den Römern ſo viel bedeutet als jus oder als Status. XIV. II. Ein zweyter Grund gegen die Erklärung des Pau- lus liegt in dem gänzlichen Mangel an einem befriedigen- den logiſchen Zuſammenhang. Die maxima, media, mi- nima c. d. ſollen Arten derſelben Gattung ſeyn: ſie müſ- ſen doch alſo etwas Gemeinſames haben, worin allein das Weſen dieſer ſie umſchließenden Gattung geſucht werden kann. Nach unſrer Erklärung iſt dieſes Gemeinſame un- verkennbar. Es iſt die verminderte Rechtsfähigkeit, welche in jeder dieſer drey Rechtsveränderungen wahrzunehmen iſt, außer ihnen aber nirgends. Die Erklärung des Pau- lus vermag ein ſolches gemeinſames Merkmal durchaus nicht aufzuweiſen. Es iſt wohl der Ausweg verſucht wor- den, die Stellung in einer beſtimmten Agnatenfamilie des- wegen als Rechtsfähigkeit zu behandeln, weil man da- durch fähig werde, eine Inteſtaterbſchaft zu erwerben. Allein dieſer Auffaſſung liegt zum Grunde die Verwechs- lung der Rechtsfähigkeit mit den faktiſchen Bedingungen des Erwerbs von Rechten. Die justa causa bey der Tra- dition, der Titel bey der Uſucapion ſind eben ſo, wie die Agnation bey der hereditas intestati, faktiſche Bedingun- gen des einzelnen, wirklichen Erwerbs: aber ſie alle ſind

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 2. Berlin, 1840, S. 487. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system02_1840/501>, abgerufen am 19.04.2024.