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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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§. 122. Bedingung. Unsittliche.
res sacra oder religiosa veräußert werde, so ist der Ver-
trag schlechthin ungültig, obgleich es denkbar wäre, daß
durch ein neues Gesetz auch diese Sachen dem freyen Ver-
kehr überlassen würden (z); denn auf die Veränderlichkeit
der factischen Zustände zu rechnen, liegt in der Natur der
Bedingungen, aber nicht auf die Veränderlichkeit der Rechts-
regeln.

§. 122.
III. Willenserklärungen. -- Bedingung. Unsittliche.

Nach der Lehre neuerer Schriftsteller giebt es eine drey-
fache Unmöglichkeit der Bedingungen: physische, juristische,
moralische, je nachdem in den Gesetzen der Natur, des
Rechts, oder der Sittlichkeit, der Grund der Unmöglichkeit

(z) L. 137 § 6 de verb. oblig.
(45. 1.). "... nec ad rem per-
tinet, quod jus mutari potest,
et id quod nunc impossibile
est, postea possibile fieri: non
enim secundum futuri tempo-
ris jus, sed secundum praesen-
tis,
aestimari debet stipulatio."

(Allerdings könnte man die Stelle
auch beziehen auf die in der Note w
erwähnten Veränderungen, doch
scheint mir die hier angenommene
Erklärung natürlicher. Gleich
wahr sind ohnehin beide denkbare
Bedeutungen, denn auch eine Ver-
änderung der gesetzlichen Regel
gehört nicht zu den gewöhnlichen
Ereignissen, auf deren Erwartung
man Rechtsgeschäfte einzurichten
pflegt). Ganz dasselbe muß aber
in dieser Hinsicht auch von Erb-
einsetzungen und Legaten gelten.
-- Sell S. 47. 51 übersieht die
wesentliche Verschiedenheit des In-
halts der in den vorhergehenden
Noten benutzten Stellen, und be-
hauptet deshalb mit Unrecht, ei-
nen Unterschied zwischen Verträ-
gen und Testamenten; der Ver-
trag soll nämlich ungültig seyn
und bleiben, wenn die Bedin-
gung zur Zeit des Abschlusses eine
unmögliche war, mag sie auch
durch spätere Veränderung der
Umstände möglich werden.

§. 122. Bedingung. Unſittliche.
res sacra oder religiosa veräußert werde, ſo iſt der Ver-
trag ſchlechthin ungültig, obgleich es denkbar wäre, daß
durch ein neues Geſetz auch dieſe Sachen dem freyen Ver-
kehr überlaſſen würden (z); denn auf die Veränderlichkeit
der factiſchen Zuſtände zu rechnen, liegt in der Natur der
Bedingungen, aber nicht auf die Veränderlichkeit der Rechts-
regeln.

§. 122.
III. Willenserklärungen. — Bedingung. Unſittliche.

Nach der Lehre neuerer Schriftſteller giebt es eine drey-
fache Unmöglichkeit der Bedingungen: phyſiſche, juriſtiſche,
moraliſche, je nachdem in den Geſetzen der Natur, des
Rechts, oder der Sittlichkeit, der Grund der Unmöglichkeit

(z) L. 137 § 6 de verb. oblig.
(45. 1.). „… nec ad rem per-
tinet, quod jus mutari potest,
et id quod nunc impossibile
est, postea possibile fieri: non
enim secundum futuri tempo-
ris jus, sed secundum praesen-
tis,
aestimari debet stipulatio.”

(Allerdings könnte man die Stelle
auch beziehen auf die in der Note w
erwähnten Veränderungen, doch
ſcheint mir die hier angenommene
Erklärung natürlicher. Gleich
wahr ſind ohnehin beide denkbare
Bedeutungen, denn auch eine Ver-
änderung der geſetzlichen Regel
gehört nicht zu den gewöhnlichen
Ereigniſſen, auf deren Erwartung
man Rechtsgeſchäfte einzurichten
pflegt). Ganz daſſelbe muß aber
in dieſer Hinſicht auch von Erb-
einſetzungen und Legaten gelten.
Sell S. 47. 51 überſieht die
weſentliche Verſchiedenheit des In-
halts der in den vorhergehenden
Noten benutzten Stellen, und be-
hauptet deshalb mit Unrecht, ei-
nen Unterſchied zwiſchen Verträ-
gen und Teſtamenten; der Ver-
trag ſoll nämlich ungültig ſeyn
und bleiben, wenn die Bedin-
gung zur Zeit des Abſchluſſes eine
unmögliche war, mag ſie auch
durch ſpätere Veränderung der
Umſtände möglich werden.
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[169/0181] §. 122. Bedingung. Unſittliche. res sacra oder religiosa veräußert werde, ſo iſt der Ver- trag ſchlechthin ungültig, obgleich es denkbar wäre, daß durch ein neues Geſetz auch dieſe Sachen dem freyen Ver- kehr überlaſſen würden (z); denn auf die Veränderlichkeit der factiſchen Zuſtände zu rechnen, liegt in der Natur der Bedingungen, aber nicht auf die Veränderlichkeit der Rechts- regeln. §. 122. III. Willenserklärungen. — Bedingung. Unſittliche. Nach der Lehre neuerer Schriftſteller giebt es eine drey- fache Unmöglichkeit der Bedingungen: phyſiſche, juriſtiſche, moraliſche, je nachdem in den Geſetzen der Natur, des Rechts, oder der Sittlichkeit, der Grund der Unmöglichkeit (z) L. 137 § 6 de verb. oblig. (45. 1.). „… nec ad rem per- tinet, quod jus mutari potest, et id quod nunc impossibile est, postea possibile fieri: non enim secundum futuri tempo- ris jus, sed secundum praesen- tis, aestimari debet stipulatio.” (Allerdings könnte man die Stelle auch beziehen auf die in der Note w erwähnten Veränderungen, doch ſcheint mir die hier angenommene Erklärung natürlicher. Gleich wahr ſind ohnehin beide denkbare Bedeutungen, denn auch eine Ver- änderung der geſetzlichen Regel gehört nicht zu den gewöhnlichen Ereigniſſen, auf deren Erwartung man Rechtsgeſchäfte einzurichten pflegt). Ganz daſſelbe muß aber in dieſer Hinſicht auch von Erb- einſetzungen und Legaten gelten. — Sell S. 47. 51 überſieht die weſentliche Verſchiedenheit des In- halts der in den vorhergehenden Noten benutzten Stellen, und be- hauptet deshalb mit Unrecht, ei- nen Unterſchied zwiſchen Verträ- gen und Teſtamenten; der Ver- trag ſoll nämlich ungültig ſeyn und bleiben, wenn die Bedin- gung zur Zeit des Abſchluſſes eine unmögliche war, mag ſie auch durch ſpätere Veränderung der Umſtände möglich werden.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/181>, abgerufen am 19.04.2024.