Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite
§. 123. Bedingung. Unsittliche. (Fortsetzung.)

Allein es folgt zugleich aus dieser Zusammenstellung,
daß überall die Ungültigkeit nur insoweit behauptet wer-
den kann, als dabey Derjenige, welcher gab oder versprach,
durch Furcht oder Hoffnung bestimmt seyn konnte. Auch
beziehen sich alle angeführte Stellen (Note k. m. n.) auf
solche Fälle, worin ein eigenes Interesse des Gebers ent-
weder augenscheinlich ist, oder als vorausgesetzt leicht hin-
zugedacht werden kann. Wenn dagegen Jemand einem
Trunkenbold, um dessen Besserung zu befördern, eine Geld-
summe verspricht unter der Bedingung, daß derselbe ein
ganzes Jahr lang die Trunkenheit vermeide, so ist das
Versprechen gültig, weil der Versprechende kein persön-
liches Interesse bey Erfüllung der Bedingung hat, also
auch nicht zu befürchten ist, daß der Andere durch die
Drohung, das Laster fortzusetzen, in unzulässiger Weise
auf den Willen des Versprechenden einwirken werde.

§. 123.
III. Willenserklärungen. -- Bedingung. Unsittliche.
(Fortsetzung.)

Bisher war von solchen Bedingungen die Rede, deren
Gegenstand eine an sich selbst unsittliche Handlung ist.
Es giebt aber auch mehrere Fälle, in welchen die an sich
tadellose Handlung nur dadurch einen unsittlichen Cha-
racter annimmt, daß sie eben zur Bedingung eines Rechts-

12*
§. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.)

Allein es folgt zugleich aus dieſer Zuſammenſtellung,
daß überall die Ungültigkeit nur inſoweit behauptet wer-
den kann, als dabey Derjenige, welcher gab oder verſprach,
durch Furcht oder Hoffnung beſtimmt ſeyn konnte. Auch
beziehen ſich alle angeführte Stellen (Note k. m. n.) auf
ſolche Fälle, worin ein eigenes Intereſſe des Gebers ent-
weder augenſcheinlich iſt, oder als vorausgeſetzt leicht hin-
zugedacht werden kann. Wenn dagegen Jemand einem
Trunkenbold, um deſſen Beſſerung zu befördern, eine Geld-
ſumme verſpricht unter der Bedingung, daß derſelbe ein
ganzes Jahr lang die Trunkenheit vermeide, ſo iſt das
Verſprechen gültig, weil der Verſprechende kein perſön-
liches Intereſſe bey Erfüllung der Bedingung hat, alſo
auch nicht zu befürchten iſt, daß der Andere durch die
Drohung, das Laſter fortzuſetzen, in unzuläſſiger Weiſe
auf den Willen des Verſprechenden einwirken werde.

§. 123.
III. Willenserklärungen. — Bedingung. Unſittliche.
(Fortſetzung.)

Bisher war von ſolchen Bedingungen die Rede, deren
Gegenſtand eine an ſich ſelbſt unſittliche Handlung iſt.
Es giebt aber auch mehrere Fälle, in welchen die an ſich
tadelloſe Handlung nur dadurch einen unſittlichen Cha-
racter annimmt, daß ſie eben zur Bedingung eines Rechts-

12*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0191" n="179"/>
            <fw place="top" type="header">§. 123. Bedingung. Un&#x017F;ittliche. (Fort&#x017F;etzung.)</fw><lb/>
            <p>Allein es folgt zugleich aus die&#x017F;er Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung,<lb/>
daß überall die Ungültigkeit nur in&#x017F;oweit behauptet wer-<lb/>
den kann, als dabey Derjenige, welcher gab oder ver&#x017F;prach,<lb/>
durch Furcht oder Hoffnung be&#x017F;timmt &#x017F;eyn konnte. Auch<lb/>
beziehen &#x017F;ich alle angeführte Stellen (Note <hi rendition="#aq">k. m. n.</hi>) auf<lb/>
&#x017F;olche Fälle, worin ein eigenes Intere&#x017F;&#x017F;e des Gebers ent-<lb/>
weder augen&#x017F;cheinlich i&#x017F;t, oder als vorausge&#x017F;etzt leicht hin-<lb/>
zugedacht werden kann. Wenn dagegen Jemand einem<lb/>
Trunkenbold, um de&#x017F;&#x017F;en Be&#x017F;&#x017F;erung zu befördern, eine Geld-<lb/>
&#x017F;umme ver&#x017F;pricht unter der Bedingung, daß der&#x017F;elbe ein<lb/>
ganzes Jahr lang die Trunkenheit vermeide, &#x017F;o i&#x017F;t das<lb/>
Ver&#x017F;prechen gültig, weil der Ver&#x017F;prechende kein per&#x017F;ön-<lb/>
liches Intere&#x017F;&#x017F;e bey Erfüllung der Bedingung hat, al&#x017F;o<lb/>
auch nicht zu befürchten i&#x017F;t, daß der Andere durch die<lb/>
Drohung, das La&#x017F;ter fortzu&#x017F;etzen, in unzulä&#x017F;&#x017F;iger Wei&#x017F;e<lb/>
auf den Willen des Ver&#x017F;prechenden einwirken werde.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 123.<lb/><hi rendition="#aq">III.</hi> <hi rendition="#g">Willenserklärungen. &#x2014; Bedingung. Un&#x017F;ittliche</hi>.<lb/>
(Fort&#x017F;etzung.)</head><lb/>
            <p>Bisher war von &#x017F;olchen Bedingungen die Rede, deren<lb/>
Gegen&#x017F;tand eine an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t un&#x017F;ittliche Handlung i&#x017F;t.<lb/>
Es giebt aber auch mehrere Fälle, in welchen die an &#x017F;ich<lb/>
tadello&#x017F;e Handlung nur dadurch einen un&#x017F;ittlichen Cha-<lb/>
racter annimmt, daß &#x017F;ie eben zur Bedingung eines Rechts-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">12*</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[179/0191] §. 123. Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.) Allein es folgt zugleich aus dieſer Zuſammenſtellung, daß überall die Ungültigkeit nur inſoweit behauptet wer- den kann, als dabey Derjenige, welcher gab oder verſprach, durch Furcht oder Hoffnung beſtimmt ſeyn konnte. Auch beziehen ſich alle angeführte Stellen (Note k. m. n.) auf ſolche Fälle, worin ein eigenes Intereſſe des Gebers ent- weder augenſcheinlich iſt, oder als vorausgeſetzt leicht hin- zugedacht werden kann. Wenn dagegen Jemand einem Trunkenbold, um deſſen Beſſerung zu befördern, eine Geld- ſumme verſpricht unter der Bedingung, daß derſelbe ein ganzes Jahr lang die Trunkenheit vermeide, ſo iſt das Verſprechen gültig, weil der Verſprechende kein perſön- liches Intereſſe bey Erfüllung der Bedingung hat, alſo auch nicht zu befürchten iſt, daß der Andere durch die Drohung, das Laſter fortzuſetzen, in unzuläſſiger Weiſe auf den Willen des Verſprechenden einwirken werde. §. 123. III. Willenserklärungen. — Bedingung. Unſittliche. (Fortſetzung.) Bisher war von ſolchen Bedingungen die Rede, deren Gegenſtand eine an ſich ſelbſt unſittliche Handlung iſt. Es giebt aber auch mehrere Fälle, in welchen die an ſich tadelloſe Handlung nur dadurch einen unſittlichen Cha- racter annimmt, daß ſie eben zur Bedingung eines Rechts- 12*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/191
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/191>, abgerufen am 25.04.2024.