Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Irrthum und Unwissenheit.
einer einseitigen, schon ihrer Form nach nicht verbindli-
chen, Handlung, wobey es einer Condiction gar nicht be-
darf (Num. XXXIV. c).

L. 20 pr. fam. herc. (10. 2.). Es gilt hier dasselbe
wie bey der vorhergehenden Stelle (Num. XXXIV. f)
Auch ist dabey nicht einmal gesagt, daß gerade ein Rechts-
irrthum zum Grunde gelegen habe.

XXXIX.

Die condictio indebiti giebt außerdem Veranlassung,
auf eine schon oben (Num. III.) aufgestellte Ansicht über
den Beweis des Irrthums zurück zu kommen. Wo näm-
lich der Irrthum überhaupt hilft (welches in der Regel
nur vom factischen gilt), da wird zugleich sein Daseyn
von selbst angenommen, anstatt daß bey dem Rechtsirr-
thum, welcher überhaupt nicht helfen soll, auch schon das
bloße Daseyn nicht anzunehmen ist. Daher braucht denn
bey der Usucapion, der mit einem Titel versehene Besitzer
den factischen Irrthum, der die bona fides möglich machte,
nicht zu beweisen: eben so der Bonorum Possessor, dem
der Lauf der Agnitionsfrist erst angerechnet werden kann
von dem Tage, für welchen ihm die Kenntniß der Dela-
tion zuerst nachgewiesen werden kann.

Diese ganze Ansicht liegt zum Grunde bey folgender
Bestimmung, welche in Anwendung auf die condictio in-
debiti
eine festere Regel über die Beweislast enthält, als

III. 30

Irrthum und Unwiſſenheit.
einer einſeitigen, ſchon ihrer Form nach nicht verbindli-
chen, Handlung, wobey es einer Condiction gar nicht be-
darf (Num. XXXIV. c).

L. 20 pr. fam. herc. (10. 2.). Es gilt hier daſſelbe
wie bey der vorhergehenden Stelle (Num. XXXIV. f)
Auch iſt dabey nicht einmal geſagt, daß gerade ein Rechts-
irrthum zum Grunde gelegen habe.

XXXIX.

Die condictio indebiti giebt außerdem Veranlaſſung,
auf eine ſchon oben (Num. III.) aufgeſtellte Anſicht über
den Beweis des Irrthums zurück zu kommen. Wo näm-
lich der Irrthum überhaupt hilft (welches in der Regel
nur vom factiſchen gilt), da wird zugleich ſein Daſeyn
von ſelbſt angenommen, anſtatt daß bey dem Rechtsirr-
thum, welcher überhaupt nicht helfen ſoll, auch ſchon das
bloße Daſeyn nicht anzunehmen iſt. Daher braucht denn
bey der Uſucapion, der mit einem Titel verſehene Beſitzer
den factiſchen Irrthum, der die bona fides möglich machte,
nicht zu beweiſen: eben ſo der Bonorum Possessor, dem
der Lauf der Agnitionsfriſt erſt angerechnet werden kann
von dem Tage, für welchen ihm die Kenntniß der Dela-
tion zuerſt nachgewieſen werden kann.

Dieſe ganze Anſicht liegt zum Grunde bey folgender
Beſtimmung, welche in Anwendung auf die condictio in-
debiti
eine feſtere Regel über die Beweislaſt enthält, als

III. 30
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0477" n="465"/><fw place="top" type="header">Irrthum und Unwi&#x017F;&#x017F;enheit.</fw><lb/>
einer ein&#x017F;eitigen, &#x017F;chon ihrer Form nach nicht verbindli-<lb/>
chen, Handlung, wobey es einer Condiction gar nicht be-<lb/>
darf (Num. <hi rendition="#aq">XXXIV. c</hi>).</p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 20 <hi rendition="#i">pr. fam. herc.</hi></hi> (10. 2.). Es gilt hier da&#x017F;&#x017F;elbe<lb/>
wie bey der vorhergehenden Stelle (Num. <hi rendition="#aq">XXXIV. f</hi>)<lb/>
Auch i&#x017F;t dabey nicht einmal ge&#x017F;agt, daß gerade ein Rechts-<lb/>
irrthum zum Grunde gelegen habe.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq">XXXIX.</hi> </head><lb/>
          <p>Die <hi rendition="#aq">condictio indebiti</hi> giebt außerdem Veranla&#x017F;&#x017F;ung,<lb/>
auf eine &#x017F;chon oben (Num. <hi rendition="#aq">III.</hi>) aufge&#x017F;tellte An&#x017F;icht über<lb/>
den Beweis des Irrthums zurück zu kommen. Wo näm-<lb/>
lich der Irrthum überhaupt hilft (welches in der Regel<lb/>
nur vom facti&#x017F;chen gilt), da wird zugleich &#x017F;ein Da&#x017F;eyn<lb/>
von &#x017F;elb&#x017F;t angenommen, an&#x017F;tatt daß bey dem Rechtsirr-<lb/>
thum, welcher überhaupt nicht helfen &#x017F;oll, auch &#x017F;chon das<lb/>
bloße Da&#x017F;eyn nicht anzunehmen i&#x017F;t. Daher braucht denn<lb/>
bey der U&#x017F;ucapion, der mit einem Titel ver&#x017F;ehene Be&#x017F;itzer<lb/>
den facti&#x017F;chen Irrthum, der die <hi rendition="#aq">bona fides</hi> möglich machte,<lb/>
nicht zu bewei&#x017F;en: eben &#x017F;o der <hi rendition="#aq">Bonorum Possessor,</hi> dem<lb/>
der Lauf der Agnitionsfri&#x017F;t er&#x017F;t angerechnet werden kann<lb/>
von dem Tage, für welchen ihm die Kenntniß der Dela-<lb/>
tion zuer&#x017F;t nachgewie&#x017F;en werden kann.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;e ganze An&#x017F;icht liegt zum Grunde bey folgender<lb/>
Be&#x017F;timmung, welche in Anwendung auf die <hi rendition="#aq">condictio in-<lb/>
debiti</hi> eine fe&#x017F;tere Regel über die Beweisla&#x017F;t enthält, als<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">III.</hi> 30</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[465/0477] Irrthum und Unwiſſenheit. einer einſeitigen, ſchon ihrer Form nach nicht verbindli- chen, Handlung, wobey es einer Condiction gar nicht be- darf (Num. XXXIV. c). L. 20 pr. fam. herc. (10. 2.). Es gilt hier daſſelbe wie bey der vorhergehenden Stelle (Num. XXXIV. f) Auch iſt dabey nicht einmal geſagt, daß gerade ein Rechts- irrthum zum Grunde gelegen habe. XXXIX. Die condictio indebiti giebt außerdem Veranlaſſung, auf eine ſchon oben (Num. III.) aufgeſtellte Anſicht über den Beweis des Irrthums zurück zu kommen. Wo näm- lich der Irrthum überhaupt hilft (welches in der Regel nur vom factiſchen gilt), da wird zugleich ſein Daſeyn von ſelbſt angenommen, anſtatt daß bey dem Rechtsirr- thum, welcher überhaupt nicht helfen ſoll, auch ſchon das bloße Daſeyn nicht anzunehmen iſt. Daher braucht denn bey der Uſucapion, der mit einem Titel verſehene Beſitzer den factiſchen Irrthum, der die bona fides möglich machte, nicht zu beweiſen: eben ſo der Bonorum Possessor, dem der Lauf der Agnitionsfriſt erſt angerechnet werden kann von dem Tage, für welchen ihm die Kenntniß der Dela- tion zuerſt nachgewieſen werden kann. Dieſe ganze Anſicht liegt zum Grunde bey folgender Beſtimmung, welche in Anwendung auf die condictio in- debiti eine feſtere Regel über die Beweislaſt enthält, als III. 30

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/477
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/477>, abgerufen am 29.03.2024.