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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
zu den oben gerügten Irrthümern beygetragen hat, ist
L. 54 § 2 de leg. 1. (30. un.).

Sed et si servi mors impedisset manumissionem, cum
tibi legatum esset, si eum manumisisses: nihilo minus
debetur tibi legatum, quia per te non stetit quo minus
perveniat ad libertatem.

Sollte nun wohl diese einzige Stelle Dasjenige zweifel-
haft machen können, was in so vielen anderen einstimmig
anerkannt ist? Dann wäre ja die oben dargestellte dritte
Fiction keine singuläre Begünstigung der Freyheit, und es
bestände nicht in dieser Hinsicht der Gegensatz zwischen
Legat und Freylassung, der doch von mehreren alten Ju-
risten so scharf und bestimmt hervorgehoben wird (Note m.
und o.). Durch die geringe Veränderung eines einzigen
Buchstabens ließe sich der Widerspruch heben, wenn an-
statt mors gelesen würde mora, so daß die servi mora,
das heißt das aus seinem widerstrebenden Willen hervor-
gehende Hinderniß (z. B. indem er sich versteckte oder ent-
fernte) der wirklichen Erfüllung im Wege stände. Nun
würde die Bedingung als erfüllt gelten müssen, weil die
erste unter den drey dargestellten Fictionen anwendbar
wäre (w).


(w) Die Art, wie Donellus
VIII.
34 § 9 diesen Fall als ein-
zelne Ausnahme zu beseitigen sucht,
scheint mir gezwungen und will-
kührlich. -- Sell Versuche im
Gebiete des Civilrechts Th. 2
S. 228. 232 nimmt an, bey rei-
nen Potestativbedingungen schade
die Nichterfüllung wegen eines
äußeren Hindernisses nicht, die
Bedingung si Stichum manumi-
serit
sey aber eine solche. Schon
der aufgestellte Grundsatz selbst
gehört in die Reihe der oben ge-

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
zu den oben gerügten Irrthümern beygetragen hat, iſt
L. 54 § 2 de leg. 1. (30. un.).

Sed et si servi mors impedisset manumissionem, cum
tibi legatum esset, si eum manumisisses: nihilo minus
debetur tibi legatum, quia per te non stetit quo minus
perveniat ad libertatem.

Sollte nun wohl dieſe einzige Stelle Dasjenige zweifel-
haft machen können, was in ſo vielen anderen einſtimmig
anerkannt iſt? Dann wäre ja die oben dargeſtellte dritte
Fiction keine ſinguläre Begünſtigung der Freyheit, und es
beſtände nicht in dieſer Hinſicht der Gegenſatz zwiſchen
Legat und Freylaſſung, der doch von mehreren alten Ju-
riſten ſo ſcharf und beſtimmt hervorgehoben wird (Note m.
und o.). Durch die geringe Veränderung eines einzigen
Buchſtabens ließe ſich der Widerſpruch heben, wenn an-
ſtatt mors geleſen würde mora, ſo daß die servi mora,
das heißt das aus ſeinem widerſtrebenden Willen hervor-
gehende Hinderniß (z. B. indem er ſich verſteckte oder ent-
fernte) der wirklichen Erfüllung im Wege ſtände. Nun
würde die Bedingung als erfüllt gelten müſſen, weil die
erſte unter den drey dargeſtellten Fictionen anwendbar
wäre (w).


(w) Die Art, wie Donellus
VIII.
34 § 9 dieſen Fall als ein-
zelne Ausnahme zu beſeitigen ſucht,
ſcheint mir gezwungen und will-
kührlich. — Sell Verſuche im
Gebiete des Civilrechts Th. 2
S. 228. 232 nimmt an, bey rei-
nen Poteſtativbedingungen ſchade
die Nichterfüllung wegen eines
äußeren Hinderniſſes nicht, die
Bedingung si Stichum manumi-
serit
ſey aber eine ſolche. Schon
der aufgeſtellte Grundſatz ſelbſt
gehört in die Reihe der oben ge-
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[148/0160] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. zu den oben gerügten Irrthümern beygetragen hat, iſt L. 54 § 2 de leg. 1. (30. un.). Sed et si servi mors impedisset manumissionem, cum tibi legatum esset, si eum manumisisses: nihilo minus debetur tibi legatum, quia per te non stetit quo minus perveniat ad libertatem. Sollte nun wohl dieſe einzige Stelle Dasjenige zweifel- haft machen können, was in ſo vielen anderen einſtimmig anerkannt iſt? Dann wäre ja die oben dargeſtellte dritte Fiction keine ſinguläre Begünſtigung der Freyheit, und es beſtände nicht in dieſer Hinſicht der Gegenſatz zwiſchen Legat und Freylaſſung, der doch von mehreren alten Ju- riſten ſo ſcharf und beſtimmt hervorgehoben wird (Note m. und o.). Durch die geringe Veränderung eines einzigen Buchſtabens ließe ſich der Widerſpruch heben, wenn an- ſtatt mors geleſen würde mora, ſo daß die servi mora, das heißt das aus ſeinem widerſtrebenden Willen hervor- gehende Hinderniß (z. B. indem er ſich verſteckte oder ent- fernte) der wirklichen Erfüllung im Wege ſtände. Nun würde die Bedingung als erfüllt gelten müſſen, weil die erſte unter den drey dargeſtellten Fictionen anwendbar wäre (w). (w) Die Art, wie Donellus VIII. 34 § 9 dieſen Fall als ein- zelne Ausnahme zu beſeitigen ſucht, ſcheint mir gezwungen und will- kührlich. — Sell Verſuche im Gebiete des Civilrechts Th. 2 S. 228. 232 nimmt an, bey rei- nen Poteſtativbedingungen ſchade die Nichterfüllung wegen eines äußeren Hinderniſſes nicht, die Bedingung si Stichum manumi- serit ſey aber eine ſolche. Schon der aufgeſtellte Grundſatz ſelbſt gehört in die Reihe der oben ge-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/160>, abgerufen am 20.04.2024.