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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
verpflichtet die Parteyen zur Erfüllung des Inhalts nur
wenn sie einwilligen; wenn sie jedoch zehen Tage lang
nicht widersprechen, so gilt ihr Schweigen als Einwilli-
gung (p). -- Wenn eine Anlage auf einem Grundstück dem
Nachbar die Gefahr einer Beschädigung durch Regenwasser
zuzieht, dieser aber dazu wissentlich schweigt, so willigt er
ein durch dieses bloße Schweigen (q).

In diesen ausgenommenen Fällen wird das bloße Still-
schweigen als Kennzeichen des wirklich vorhandenen Wil-
lens angesehen, gerade so wie bey der gewöhnlichen still-
schweigenden Willenserklärung (§ 131) die positive Hand-
lung. Daher muß auch, aus ähnlichen Gründen wie bey
dieser, eine solche Wirkung des Schweigens oft ausge-
schlossen werden. Dieses ist zu behaupten, wenn aus den
besonderen Umständen des einzelnen Falles andere Beweg-
gründe des Schweigens hervorgehen; ferner wenn der
Schweigende durch Zwang oder durch Irrthum zum Schwei-
gen bestimmt worden ist. Dagegen würde eine Protestation
in diesen Fällen gar nicht denkbar seyn, indem diese stets
in einer ausdrücklichen Erklärung besteht, durch eine solche
aber der Fall des bloßen Stillschweigens gänzlich ausge-
schlossen wird.


(p) L. 5 pr. C. de receptis
arb.
(2. 56.).
(q) L. 19 de aqua pluvia
(39. 3.).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
verpflichtet die Parteyen zur Erfüllung des Inhalts nur
wenn ſie einwilligen; wenn ſie jedoch zehen Tage lang
nicht widerſprechen, ſo gilt ihr Schweigen als Einwilli-
gung (p). — Wenn eine Anlage auf einem Grundſtück dem
Nachbar die Gefahr einer Beſchädigung durch Regenwaſſer
zuzieht, dieſer aber dazu wiſſentlich ſchweigt, ſo willigt er
ein durch dieſes bloße Schweigen (q).

In dieſen ausgenommenen Fällen wird das bloße Still-
ſchweigen als Kennzeichen des wirklich vorhandenen Wil-
lens angeſehen, gerade ſo wie bey der gewöhnlichen ſtill-
ſchweigenden Willenserklärung (§ 131) die poſitive Hand-
lung. Daher muß auch, aus ähnlichen Gründen wie bey
dieſer, eine ſolche Wirkung des Schweigens oft ausge-
ſchloſſen werden. Dieſes iſt zu behaupten, wenn aus den
beſonderen Umſtänden des einzelnen Falles andere Beweg-
gründe des Schweigens hervorgehen; ferner wenn der
Schweigende durch Zwang oder durch Irrthum zum Schwei-
gen beſtimmt worden iſt. Dagegen würde eine Proteſtation
in dieſen Fällen gar nicht denkbar ſeyn, indem dieſe ſtets
in einer ausdrücklichen Erklärung beſteht, durch eine ſolche
aber der Fall des bloßen Stillſchweigens gänzlich ausge-
ſchloſſen wird.


(p) L. 5 pr. C. de receptis
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(2. 56.).
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[252/0264] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. verpflichtet die Parteyen zur Erfüllung des Inhalts nur wenn ſie einwilligen; wenn ſie jedoch zehen Tage lang nicht widerſprechen, ſo gilt ihr Schweigen als Einwilli- gung (p). — Wenn eine Anlage auf einem Grundſtück dem Nachbar die Gefahr einer Beſchädigung durch Regenwaſſer zuzieht, dieſer aber dazu wiſſentlich ſchweigt, ſo willigt er ein durch dieſes bloße Schweigen (q). In dieſen ausgenommenen Fällen wird das bloße Still- ſchweigen als Kennzeichen des wirklich vorhandenen Wil- lens angeſehen, gerade ſo wie bey der gewöhnlichen ſtill- ſchweigenden Willenserklärung (§ 131) die poſitive Hand- lung. Daher muß auch, aus ähnlichen Gründen wie bey dieſer, eine ſolche Wirkung des Schweigens oft ausge- ſchloſſen werden. Dieſes iſt zu behaupten, wenn aus den beſonderen Umſtänden des einzelnen Falles andere Beweg- gründe des Schweigens hervorgehen; ferner wenn der Schweigende durch Zwang oder durch Irrthum zum Schwei- gen beſtimmt worden iſt. Dagegen würde eine Proteſtation in dieſen Fällen gar nicht denkbar ſeyn, indem dieſe ſtets in einer ausdrücklichen Erklärung beſteht, durch eine ſolche aber der Fall des bloßen Stillſchweigens gänzlich ausge- ſchloſſen wird. (p) L. 5 pr. C. de receptis arb. (2. 56.). (q) L. 19 de aqua pluvia (39. 3.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 252. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/264>, abgerufen am 25.04.2024.