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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Beylage VIII.
zugleich die eigenthümliche Natur jeder Klasse sorgfältig
im Auge zu behalten.

Die Minderjährigen haben bekanntlich einen allge-
meinen Anspruch auf Restitution gegen alles Thun oder
Lassen, welches ihnen im erlaubten Rechtsverkehr (also
abgesehen von Verletzungen) Nachtheil bringen kann. Die-
ser allgemeine Grundsatz hat die wichtigsten Folgen auch
in Beziehung auf den Irrthum. Volljährige werden in
der Regel nicht gegen den aus ihrem Irrthum entstehen-
den Nachtheil geschützt, sondern nur in besonders bestimm-
ten Fällen (Num. VI.): Minderjährige allgemein (a). Bey
Volljährigen wird der Schutz gegen Irrthum ausgeschlos-
sen durch besondere Nachlässigkeit, und deshalb in der Re-
gel bey jedem Rechtsirrthum: Minderjährige dürfen sich
auch auf den Rechtsirrthum berufen (b). Bei Volljährigen
deutet der Schutz gegen Irrthum darauf hin, daß durch
wissentliches Handeln jeder Schutz ausgeschlossen seyn soll:
Minderjährige werden auch in diesem Fall geschützt.

Folgende Anwendungen dieser Grundsätze werden aus-
drücklich erwähnt: Wenn der Minderjährige einem filius-
familias
Geld als Darlehen giebt (Num. XIII.), wenn er
einen untauglichen Bürgen zur Prozeßcaution annimmt
(Num. XIX. Note d.), und wenn er die Frist einer Bono-

(a) L. 8 C. de in int. rest. min.
(2. 22.), interpolirt aus L. 3 C.
Th. de int. rest.
(2. 16.) s. u.
Num. XXXI.
(b) L. 9 pr. h. t., L. 11 C.
h. t.,
interpolirt aus L. 3 C. Th.
de sponsal.
(3. 5.).

Beylage VIII.
zugleich die eigenthümliche Natur jeder Klaſſe ſorgfältig
im Auge zu behalten.

Die Minderjährigen haben bekanntlich einen allge-
meinen Anſpruch auf Reſtitution gegen alles Thun oder
Laſſen, welches ihnen im erlaubten Rechtsverkehr (alſo
abgeſehen von Verletzungen) Nachtheil bringen kann. Die-
ſer allgemeine Grundſatz hat die wichtigſten Folgen auch
in Beziehung auf den Irrthum. Volljährige werden in
der Regel nicht gegen den aus ihrem Irrthum entſtehen-
den Nachtheil geſchützt, ſondern nur in beſonders beſtimm-
ten Fällen (Num. VI.): Minderjährige allgemein (a). Bey
Volljährigen wird der Schutz gegen Irrthum ausgeſchloſ-
ſen durch beſondere Nachläſſigkeit, und deshalb in der Re-
gel bey jedem Rechtsirrthum: Minderjährige dürfen ſich
auch auf den Rechtsirrthum berufen (b). Bei Volljährigen
deutet der Schutz gegen Irrthum darauf hin, daß durch
wiſſentliches Handeln jeder Schutz ausgeſchloſſen ſeyn ſoll:
Minderjährige werden auch in dieſem Fall geſchützt.

Folgende Anwendungen dieſer Grundſätze werden aus-
drücklich erwähnt: Wenn der Minderjährige einem filius-
familias
Geld als Darlehen giebt (Num. XIII.), wenn er
einen untauglichen Bürgen zur Prozeßcaution annimmt
(Num. XIX. Note d.), und wenn er die Friſt einer Bono-

(a) L. 8 C. de in int. rest. min.
(2. 22.), interpolirt aus L. 3 C.
Th. de int. rest.
(2. 16.) ſ. u.
Num. XXXI.
(b) L. 9 pr. h. t., L. 11 C.
h. t.,
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de sponsal.
(3. 5.).
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[430/0442] Beylage VIII. zugleich die eigenthümliche Natur jeder Klaſſe ſorgfältig im Auge zu behalten. Die Minderjährigen haben bekanntlich einen allge- meinen Anſpruch auf Reſtitution gegen alles Thun oder Laſſen, welches ihnen im erlaubten Rechtsverkehr (alſo abgeſehen von Verletzungen) Nachtheil bringen kann. Die- ſer allgemeine Grundſatz hat die wichtigſten Folgen auch in Beziehung auf den Irrthum. Volljährige werden in der Regel nicht gegen den aus ihrem Irrthum entſtehen- den Nachtheil geſchützt, ſondern nur in beſonders beſtimm- ten Fällen (Num. VI.): Minderjährige allgemein (a). Bey Volljährigen wird der Schutz gegen Irrthum ausgeſchloſ- ſen durch beſondere Nachläſſigkeit, und deshalb in der Re- gel bey jedem Rechtsirrthum: Minderjährige dürfen ſich auch auf den Rechtsirrthum berufen (b). Bei Volljährigen deutet der Schutz gegen Irrthum darauf hin, daß durch wiſſentliches Handeln jeder Schutz ausgeſchloſſen ſeyn ſoll: Minderjährige werden auch in dieſem Fall geſchützt. Folgende Anwendungen dieſer Grundſätze werden aus- drücklich erwähnt: Wenn der Minderjährige einem filius- familias Geld als Darlehen giebt (Num. XIII.), wenn er einen untauglichen Bürgen zur Prozeßcaution annimmt (Num. XIX. Note d.), und wenn er die Friſt einer Bono- (a) L. 8 C. de in int. rest. min. (2. 22.), interpolirt aus L. 3 C. Th. de int. rest. (2. 16.) ſ. u. Num. XXXI. (b) L. 9 pr. h. t., L. 11 C. h. t., interpolirt aus L. 3 C. Th. de sponsal. (3. 5.).

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system03_1840/442>, abgerufen am 25.04.2024.