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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortsetzung.)
rung dieser Art, selbst wenn dabey eine gehörige Form
beobachtet ist, durch Condictionen hinterher entkräftet wer-
den kann. Dieses Alles ist wahr und wichtig; es hätte
aber niemals eine ausführliche Theorie der Schenkung,
und insbesondere eine subtile Begränzung ihres Begriffs,
zur genauen Unterscheidung dessen, was Schenkung ist,
von dem, was es nicht ist, nöthig gemacht. Dieses Be-
dürfniß ist lediglich durch die negative Seite der Schen-
kung herbeygeführt worden, das heißt durch ihre, auf be-
sondere Rechtsregeln gegründete, Einschränkungen.

§. 143.
V. Schenkung. Einleitung. (Fortsetzung)

Bevor aber die Elemente jenes Rechtsbegriffs einzeln
erwogen werden, ist es nöthig, den Sprachgebrauch ge-
nauer festzustellen. Die Grundlage des Begriffs ist von
Seiten des Gebers das der einzelnen Handlung zum Grund
liegende uneigennützige Wohlwollen (a), zu dessen allgemei-
ner Bezeichnung die Ausdrücke beneficium, liberalitas, zu-
weilen auch officium, gebraucht werden (b). Das Ge-
meinsame dieser Handlungen besteht darin, daß der Han-

(a) Ich sage: der einzelnen
Handlung. Denn mag auch die
eigennützige Absicht im Hinter-
grund liegen, des Andern Wohl-
wollen durch unsre gegenwärtige
Freygebigkeit zu erwerben, und
daraus in der Folge größeren
Vortheil zu ziehen, so wird doch
dadurch die Natur der einzelnen,
für sich betrachteten, Handlung
nicht verändert.
(b) Viele Stellen sind gesam-
melt bey Meyerfeld § 1 und
§ 7. -- Officium hat diese Be-

§. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.)
rung dieſer Art, ſelbſt wenn dabey eine gehörige Form
beobachtet iſt, durch Condictionen hinterher entkräftet wer-
den kann. Dieſes Alles iſt wahr und wichtig; es hätte
aber niemals eine ausführliche Theorie der Schenkung,
und insbeſondere eine ſubtile Begränzung ihres Begriffs,
zur genauen Unterſcheidung deſſen, was Schenkung iſt,
von dem, was es nicht iſt, nöthig gemacht. Dieſes Be-
dürfniß iſt lediglich durch die negative Seite der Schen-
kung herbeygeführt worden, das heißt durch ihre, auf be-
ſondere Rechtsregeln gegründete, Einſchränkungen.

§. 143.
V. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung)

Bevor aber die Elemente jenes Rechtsbegriffs einzeln
erwogen werden, iſt es nöthig, den Sprachgebrauch ge-
nauer feſtzuſtellen. Die Grundlage des Begriffs iſt von
Seiten des Gebers das der einzelnen Handlung zum Grund
liegende uneigennützige Wohlwollen (a), zu deſſen allgemei-
ner Bezeichnung die Ausdrücke beneficium, liberalitas, zu-
weilen auch officium, gebraucht werden (b). Das Ge-
meinſame dieſer Handlungen beſteht darin, daß der Han-

(a) Ich ſage: der einzelnen
Handlung. Denn mag auch die
eigennützige Abſicht im Hinter-
grund liegen, des Andern Wohl-
wollen durch unſre gegenwärtige
Freygebigkeit zu erwerben, und
daraus in der Folge größeren
Vortheil zu ziehen, ſo wird doch
dadurch die Natur der einzelnen,
für ſich betrachteten, Handlung
nicht verändert.
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melt bey Meyerfeld § 1 und
§ 7. — Officium hat dieſe Be-
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[9/0023] §. 143. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung.) rung dieſer Art, ſelbſt wenn dabey eine gehörige Form beobachtet iſt, durch Condictionen hinterher entkräftet wer- den kann. Dieſes Alles iſt wahr und wichtig; es hätte aber niemals eine ausführliche Theorie der Schenkung, und insbeſondere eine ſubtile Begränzung ihres Begriffs, zur genauen Unterſcheidung deſſen, was Schenkung iſt, von dem, was es nicht iſt, nöthig gemacht. Dieſes Be- dürfniß iſt lediglich durch die negative Seite der Schen- kung herbeygeführt worden, das heißt durch ihre, auf be- ſondere Rechtsregeln gegründete, Einſchränkungen. §. 143. V. Schenkung. Einleitung. (Fortſetzung) Bevor aber die Elemente jenes Rechtsbegriffs einzeln erwogen werden, iſt es nöthig, den Sprachgebrauch ge- nauer feſtzuſtellen. Die Grundlage des Begriffs iſt von Seiten des Gebers das der einzelnen Handlung zum Grund liegende uneigennützige Wohlwollen (a), zu deſſen allgemei- ner Bezeichnung die Ausdrücke beneficium, liberalitas, zu- weilen auch officium, gebraucht werden (b). Das Ge- meinſame dieſer Handlungen beſteht darin, daß der Han- (a) Ich ſage: der einzelnen Handlung. Denn mag auch die eigennützige Abſicht im Hinter- grund liegen, des Andern Wohl- wollen durch unſre gegenwärtige Freygebigkeit zu erwerben, und daraus in der Folge größeren Vortheil zu ziehen, ſo wird doch dadurch die Natur der einzelnen, für ſich betrachteten, Handlung nicht verändert. (b) Viele Stellen ſind geſam- melt bey Meyerfeld § 1 und § 7. — Officium hat dieſe Be-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/23>, abgerufen am 28.03.2024.