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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. III. Entstehung und Untergang.
Endpunkt um volle 24 Stunden vor den mathematischen
legte, obgleich dieses Verfahren nach den von Vielen aus-
gesprochnen allgemeinen Begriffen und Grundsätzen aller-
dings consequent wäre (q).

§. 183.
VI. Die Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortsetzung).

Unter den einzelnen Fällen treten zuerst solche hervor,
in welchen durch Zeitlauf ein Recht erworben wird.

A. Usucapion.

Dasjenige Rechtsverhältniß, bey welchem wir die reich-
haltigsten Nachrichten über die Zeitberechnung haben, ist
die Usucapion. Wir besitzen darüber eine, von späte-
ren Schriftstellern aufbewahrte, Stelle des alten Q. Mucius
Scävola, eine von Venulejus, zwey von Ulpian.

Die Stelle des Scävola ist erhalten bey Gellius (III. 2)
und bey Macrobius (Saturn. I. 3). Der letzte hat sie
wahrscheinlich nur aus dem ersten genommen, so daß er
blos zur Berichtigung des Textes von Gellius benutzt wer-
den kann. Sie lautet nun bey Gellius in berichtigtem
Text (a) also.


(q) Koch S. 26. 91 hat die
eigenthümliche Ansicht, die wahre
civilis computatio müsse eigent-
lich um 24 Stunden vor dem ma-
thematischen Endpunkt zurückge-
hen; er fügt aber hinzu, die Rö-
mischen Juristen hätten diese nie
anerkannt, sondern irrigerweise
zuerst die auf diesen (eigentlich
richtigen) Endpunkt folgende Mit-
ternacht, dann die vorhergehende,
angenommen. Diese letzte An-
nahme sey das neueste, allein gel-
tende Recht.
(a) Ich will hier nicht durch
solche kritische Zweifel zerstreuen,
die bey dieser Stelle auf die hier
vorliegende Frage gar keinen Ein-

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang.
Endpunkt um volle 24 Stunden vor den mathematiſchen
legte, obgleich dieſes Verfahren nach den von Vielen aus-
geſprochnen allgemeinen Begriffen und Grundſätzen aller-
dings conſequent wäre (q).

§. 183.
VI. Die Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung).

Unter den einzelnen Fällen treten zuerſt ſolche hervor,
in welchen durch Zeitlauf ein Recht erworben wird.

A. Uſucapion.

Dasjenige Rechtsverhältniß, bey welchem wir die reich-
haltigſten Nachrichten über die Zeitberechnung haben, iſt
die Uſucapion. Wir beſitzen darüber eine, von ſpäte-
ren Schriftſtellern aufbewahrte, Stelle des alten Q. Mucius
Scävola, eine von Venulejus, zwey von Ulpian.

Die Stelle des Scävola iſt erhalten bey Gellius (III. 2)
und bey Macrobius (Saturn. I. 3). Der letzte hat ſie
wahrſcheinlich nur aus dem erſten genommen, ſo daß er
blos zur Berichtigung des Textes von Gellius benutzt wer-
den kann. Sie lautet nun bey Gellius in berichtigtem
Text (a) alſo.


(q) Koch S. 26. 91 hat die
eigenthümliche Anſicht, die wahre
civilis computatio müſſe eigent-
lich um 24 Stunden vor dem ma-
thematiſchen Endpunkt zurückge-
hen; er fügt aber hinzu, die Rö-
miſchen Juriſten hätten dieſe nie
anerkannt, ſondern irrigerweiſe
zuerſt die auf dieſen (eigentlich
richtigen) Endpunkt folgende Mit-
ternacht, dann die vorhergehende,
angenommen. Dieſe letzte An-
nahme ſey das neueſte, allein gel-
tende Recht.
(a) Ich will hier nicht durch
ſolche kritiſche Zweifel zerſtreuen,
die bey dieſer Stelle auf die hier
vorliegende Frage gar keinen Ein-
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[364/0378] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. III. Entſtehung und Untergang. Endpunkt um volle 24 Stunden vor den mathematiſchen legte, obgleich dieſes Verfahren nach den von Vielen aus- geſprochnen allgemeinen Begriffen und Grundſätzen aller- dings conſequent wäre (q). §. 183. VI. Die Zeit. 3. Civile Zeitrechnung. (Fortſetzung). Unter den einzelnen Fällen treten zuerſt ſolche hervor, in welchen durch Zeitlauf ein Recht erworben wird. A. Uſucapion. Dasjenige Rechtsverhältniß, bey welchem wir die reich- haltigſten Nachrichten über die Zeitberechnung haben, iſt die Uſucapion. Wir beſitzen darüber eine, von ſpäte- ren Schriftſtellern aufbewahrte, Stelle des alten Q. Mucius Scävola, eine von Venulejus, zwey von Ulpian. Die Stelle des Scävola iſt erhalten bey Gellius (III. 2) und bey Macrobius (Saturn. I. 3). Der letzte hat ſie wahrſcheinlich nur aus dem erſten genommen, ſo daß er blos zur Berichtigung des Textes von Gellius benutzt wer- den kann. Sie lautet nun bey Gellius in berichtigtem Text (a) alſo. (q) Koch S. 26. 91 hat die eigenthümliche Anſicht, die wahre civilis computatio müſſe eigent- lich um 24 Stunden vor dem ma- thematiſchen Endpunkt zurückge- hen; er fügt aber hinzu, die Rö- miſchen Juriſten hätten dieſe nie anerkannt, ſondern irrigerweiſe zuerſt die auf dieſen (eigentlich richtigen) Endpunkt folgende Mit- ternacht, dann die vorhergehende, angenommen. Dieſe letzte An- nahme ſey das neueſte, allein gel- tende Recht. (a) Ich will hier nicht durch ſolche kritiſche Zweifel zerſtreuen, die bey dieſer Stelle auf die hier vorliegende Frage gar keinen Ein-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 364. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/378>, abgerufen am 25.04.2024.