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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841.

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Schenkung durch bloße Unterlassungen.

Der Unterschied dieser Fälle von der zugelassenen Klag-
verjährung liegt aber in Folgendem. Die ganze Prozeß-
führung muß als ein untrennbares Ganze angesehen wer-
den, worin Thun und Lassen nicht abgesondert betrachtet
werden können. Es ist also in den zuletzt erwähnten Fäl-
len stets anzunehmen, daß die eine Partey durch die Art
ihrer Prozeßführung, also durch positive Thätigkeit, den
Verlust des Prozesses absichtlich herbeygeführt hat.

XIV.

Eine besondere Betrachtung verdient noch die Regel
des älteren Rechts, nach welcher die Forderung eines
Glaubigers an Sponsoren und Fidepromissoren nur zwey
Jahre dauern, also durch Ablauf dieser Zeit ipso jure
untergehen sollte (a). Hatte nun der Mann bey seiner
Frau in diesen Formen für einen Dritten Bürgschaft ge-
leistet, und ließ die Frau die zwey Jahre ohne Klage ab-
sichtlich verstreichen, so war dieses so gut als ein Erlaß
der Bürgschaft, und könnte daher als Schenkung angese-
hen werden. In der That hat dieser Fall große Ähnlich-
keit mit dem Untergang der Servituten durch Nichtge-
brauch, welcher auch ipso jure eintritt, und in welchem
wirklich eine Schenkung angenommen wird (Num. II.).
Dennoch aber ist in diesem Fall keine Schenkung anzuneh-
men, weil überhaupt der einem Bürgen gewährte Erlaß
seiner Verbindlichkeit keine wahre Schenkung ist (§ 158).


(a) Gajus III. § 121.
Schenkung durch bloße Unterlaſſungen.

Der Unterſchied dieſer Fälle von der zugelaſſenen Klag-
verjährung liegt aber in Folgendem. Die ganze Prozeß-
führung muß als ein untrennbares Ganze angeſehen wer-
den, worin Thun und Laſſen nicht abgeſondert betrachtet
werden können. Es iſt alſo in den zuletzt erwähnten Fäl-
len ſtets anzunehmen, daß die eine Partey durch die Art
ihrer Prozeßführung, alſo durch poſitive Thätigkeit, den
Verluſt des Prozeſſes abſichtlich herbeygeführt hat.

XIV.

Eine beſondere Betrachtung verdient noch die Regel
des älteren Rechts, nach welcher die Forderung eines
Glaubigers an Sponſoren und Fidepromiſſoren nur zwey
Jahre dauern, alſo durch Ablauf dieſer Zeit ipso jure
untergehen ſollte (a). Hatte nun der Mann bey ſeiner
Frau in dieſen Formen für einen Dritten Bürgſchaft ge-
leiſtet, und ließ die Frau die zwey Jahre ohne Klage ab-
ſichtlich verſtreichen, ſo war dieſes ſo gut als ein Erlaß
der Bürgſchaft, und könnte daher als Schenkung angeſe-
hen werden. In der That hat dieſer Fall große Ähnlich-
keit mit dem Untergang der Servituten durch Nichtge-
brauch, welcher auch ipso jure eintritt, und in welchem
wirklich eine Schenkung angenommen wird (Num. II.).
Dennoch aber iſt in dieſem Fall keine Schenkung anzuneh-
men, weil überhaupt der einem Bürgen gewährte Erlaß
ſeiner Verbindlichkeit keine wahre Schenkung iſt (§ 158).


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[585/0599] Schenkung durch bloße Unterlaſſungen. Der Unterſchied dieſer Fälle von der zugelaſſenen Klag- verjährung liegt aber in Folgendem. Die ganze Prozeß- führung muß als ein untrennbares Ganze angeſehen wer- den, worin Thun und Laſſen nicht abgeſondert betrachtet werden können. Es iſt alſo in den zuletzt erwähnten Fäl- len ſtets anzunehmen, daß die eine Partey durch die Art ihrer Prozeßführung, alſo durch poſitive Thätigkeit, den Verluſt des Prozeſſes abſichtlich herbeygeführt hat. XIV. Eine beſondere Betrachtung verdient noch die Regel des älteren Rechts, nach welcher die Forderung eines Glaubigers an Sponſoren und Fidepromiſſoren nur zwey Jahre dauern, alſo durch Ablauf dieſer Zeit ipso jure untergehen ſollte (a). Hatte nun der Mann bey ſeiner Frau in dieſen Formen für einen Dritten Bürgſchaft ge- leiſtet, und ließ die Frau die zwey Jahre ohne Klage ab- ſichtlich verſtreichen, ſo war dieſes ſo gut als ein Erlaß der Bürgſchaft, und könnte daher als Schenkung angeſe- hen werden. In der That hat dieſer Fall große Ähnlich- keit mit dem Untergang der Servituten durch Nichtge- brauch, welcher auch ipso jure eintritt, und in welchem wirklich eine Schenkung angenommen wird (Num. II.). Dennoch aber iſt in dieſem Fall keine Schenkung anzuneh- men, weil überhaupt der einem Bürgen gewährte Erlaß ſeiner Verbindlichkeit keine wahre Schenkung iſt (§ 158). (a) Gajus III. § 121.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 4. Berlin, 1841, S. 585. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system04_1841/599>, abgerufen am 24.04.2024.