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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Stricti juris, bonae fidei actiones. XII.

Der ausgedehnte und mannichfaltige Gebrauch der
Stipulation zur Begründung privatrechtlicher Ansprüche,
die außerdem gar nicht vorhanden gewesen wären, zeigt
sich sehr deutlich in folgender merkwürdigen Erzählung.
Im Jahr der Stadt 512 erfochten die Römer einen großen
Sieg über die Flotte der Karthager, weshalb dem Consul
Lutatius der Triumph gestattet wurde. Der Prätor Va-
lerius behauptete, daß Er das größere Verdienst bey der
Schlacht gehabt habe, und um darüber einen Richter-
spruch zu erhalten, veranlaßte er den Consul zu einer
Sponsion, worauf ein gewöhnlicher Judex über die Streit-
frage entschied (b).

Diese dreyerley Entstehungsgründe der str. j. actiones
lassen sich wiederum auf ein einfaches Princip zurück füh-
ren, welches erst in der nachfolgenden Abhandlung von den
Condictionen gezeigt werden kann.

XII.

Für die Anwendung der b. f. actiones finden wir kein
allgemeines Princip aufgestellt, wohl aber ein Verzeichniß

(b) Valer. Max. II. 8. 2. Ohne
Zweifel war die Sponsion auf
eine Geldsumme gerichtet, wahr-
scheinlich nur zum Schein, also
insofern ähnlich einer sponsio
praejudicialis
(wie bey Gajus
IV.
§ 94.). Es kam nur auf
einen Ausspruch über den Ehren-
punkt an. -- Wir drücken dieses
Verfahren, hier wie bey den ge-
richtlichen Sponsionen, gewöhnlich
als eine Wette aus, und das
war auch jede gegenseitige Stipu-
lation (sponsio mit restipulatio)
allerdings; allein das juristische
Wesen solcher Wetten bestand doch
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Stricti juris, bonae fidei actiones. XII.

Der ausgedehnte und mannichfaltige Gebrauch der
Stipulation zur Begründung privatrechtlicher Anſprüche,
die außerdem gar nicht vorhanden geweſen wären, zeigt
ſich ſehr deutlich in folgender merkwürdigen Erzählung.
Im Jahr der Stadt 512 erfochten die Römer einen großen
Sieg über die Flotte der Karthager, weshalb dem Conſul
Lutatius der Triumph geſtattet wurde. Der Prätor Va-
lerius behauptete, daß Er das größere Verdienſt bey der
Schlacht gehabt habe, und um darüber einen Richter-
ſpruch zu erhalten, veranlaßte er den Conſul zu einer
Sponſion, worauf ein gewöhnlicher Judex über die Streit-
frage entſchied (b).

Dieſe dreyerley Entſtehungsgründe der str. j. actiones
laſſen ſich wiederum auf ein einfaches Princip zurück füh-
ren, welches erſt in der nachfolgenden Abhandlung von den
Condictionen gezeigt werden kann.

XII.

Für die Anwendung der b. f. actiones finden wir kein
allgemeines Princip aufgeſtellt, wohl aber ein Verzeichniß

(b) Valer. Max. II. 8. 2. Ohne
Zweifel war die Sponſion auf
eine Geldſumme gerichtet, wahr-
ſcheinlich nur zum Schein, alſo
inſofern ähnlich einer sponsio
praejudicialis
(wie bey Gajus
IV.
§ 94.). Es kam nur auf
einen Ausſpruch über den Ehren-
punkt an. — Wir drücken dieſes
Verfahren, hier wie bey den ge-
richtlichen Sponſionen, gewöhnlich
als eine Wette aus, und das
war auch jede gegenſeitige Stipu-
lation (sponsio mit restipulatio)
allerdings; allein das juriſtiſche
Weſen ſolcher Wetten beſtand doch
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[483/0497] Stricti juris, bonae fidei actiones. XII. Der ausgedehnte und mannichfaltige Gebrauch der Stipulation zur Begründung privatrechtlicher Anſprüche, die außerdem gar nicht vorhanden geweſen wären, zeigt ſich ſehr deutlich in folgender merkwürdigen Erzählung. Im Jahr der Stadt 512 erfochten die Römer einen großen Sieg über die Flotte der Karthager, weshalb dem Conſul Lutatius der Triumph geſtattet wurde. Der Prätor Va- lerius behauptete, daß Er das größere Verdienſt bey der Schlacht gehabt habe, und um darüber einen Richter- ſpruch zu erhalten, veranlaßte er den Conſul zu einer Sponſion, worauf ein gewöhnlicher Judex über die Streit- frage entſchied (b). Dieſe dreyerley Entſtehungsgründe der str. j. actiones laſſen ſich wiederum auf ein einfaches Princip zurück füh- ren, welches erſt in der nachfolgenden Abhandlung von den Condictionen gezeigt werden kann. XII. Für die Anwendung der b. f. actiones finden wir kein allgemeines Princip aufgeſtellt, wohl aber ein Verzeichniß (b) Valer. Max. II. 8. 2. Ohne Zweifel war die Sponſion auf eine Geldſumme gerichtet, wahr- ſcheinlich nur zum Schein, alſo inſofern ähnlich einer sponsio praejudicialis (wie bey Gajus IV. § 94.). Es kam nur auf einen Ausſpruch über den Ehren- punkt an. — Wir drücken dieſes Verfahren, hier wie bey den ge- richtlichen Sponſionen, gewöhnlich als eine Wette aus, und das war auch jede gegenſeitige Stipu- lation (sponsio mit restipulatio) allerdings; allein das juriſtiſche Weſen ſolcher Wetten beſtand doch 31*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/497>, abgerufen am 20.04.2024.