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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Die Condictionen. XXIV.
worfen werden muß, weil eine Geldschuld gegenwärtig
gar nicht vorhanden ist, sondern erst künftig durch das
richterliche Urtheil entstehen kann (g). Es würde also hier
aliud pro alio eingeklagt seyn, Welches stets die Folge
hatte, daß die angestellte Klage abgewiesen wurde, eine
neue aber, auf den wahren Gegenstand der Schuld, mög-
lich blieb, indem in jenem Misgriff kein plus petere ent-
halten war (h). Daher würde es auch ganz unzulässig
seyn, zur Unterstützung dieser Meynung die in unsrer
Stelle vorkommende Worte: ex qua certum petimus
geltend zu machen, gleich als wollten diese Worte sagen:
"sobald es uns nur gefällt, unsere Forderung auf eine
genau bestimmte Geldsumme zu richten." Der wahre
Sinn dieser Worte ist schon oben angegeben worden
(Note a).

XXIV.

Die bis jetzt versuchte Erklärung der angeführten Di-
gestenstelle hat, in Beziehung auf die oben aufgestellte
Lehre von den Condictionen, eine blos abwehrende Natur
gehabt, ich will aber nunmehr denjenigen Theil der Stelle

(g) L. 37 de V. S. (50. 16.).
"Verbum oportere non ad fa-
cultatem judicis pertinet, qui
potest vel pluris vel minoris
condemnare, sed ad veritatem
refertur."
Vgl. System § 216.
(h) Gajus IV. § 55. -- Nicht
unmittelbar hierher gehört § 53
"sicut ipsa stipulatio concepta
est, ita et intentio formulae
concipi debet,"
denn Dieses geht,
nach den vorhergehenden Worten,
lediglich auf die Gefahr des plus
petere.

Die Condictionen. XXIV.
worfen werden muß, weil eine Geldſchuld gegenwärtig
gar nicht vorhanden iſt, ſondern erſt künftig durch das
richterliche Urtheil entſtehen kann (g). Es würde alſo hier
aliud pro alio eingeklagt ſeyn, Welches ſtets die Folge
hatte, daß die angeſtellte Klage abgewieſen wurde, eine
neue aber, auf den wahren Gegenſtand der Schuld, mög-
lich blieb, indem in jenem Misgriff kein plus petere ent-
halten war (h). Daher würde es auch ganz unzuläſſig
ſeyn, zur Unterſtützung dieſer Meynung die in unſrer
Stelle vorkommende Worte: ex qua certum petimus
geltend zu machen, gleich als wollten dieſe Worte ſagen:
„ſobald es uns nur gefällt, unſere Forderung auf eine
genau beſtimmte Geldſumme zu richten.“ Der wahre
Sinn dieſer Worte iſt ſchon oben angegeben worden
(Note a).

XXIV.

Die bis jetzt verſuchte Erklärung der angeführten Di-
geſtenſtelle hat, in Beziehung auf die oben aufgeſtellte
Lehre von den Condictionen, eine blos abwehrende Natur
gehabt, ich will aber nunmehr denjenigen Theil der Stelle

(g) L. 37 de V. S. (50. 16.).
„Verbum oportere non ad fa-
cultatem judicis pertinet, qui
potest vel pluris vel minoris
condemnare, sed ad veritatem
refertur.”
Vgl. Syſtem § 216.
(h) Gajus IV. § 55. — Nicht
unmittelbar hierher gehört § 53
„sicut ipsa stipulatio concepta
est, ita et intentio formulae
concipi debet,”
denn Dieſes geht,
nach den vorhergehenden Worten,
lediglich auf die Gefahr des plus
petere.
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[583/0597] Die Condictionen. XXIV. worfen werden muß, weil eine Geldſchuld gegenwärtig gar nicht vorhanden iſt, ſondern erſt künftig durch das richterliche Urtheil entſtehen kann (g). Es würde alſo hier aliud pro alio eingeklagt ſeyn, Welches ſtets die Folge hatte, daß die angeſtellte Klage abgewieſen wurde, eine neue aber, auf den wahren Gegenſtand der Schuld, mög- lich blieb, indem in jenem Misgriff kein plus petere ent- halten war (h). Daher würde es auch ganz unzuläſſig ſeyn, zur Unterſtützung dieſer Meynung die in unſrer Stelle vorkommende Worte: ex qua certum petimus geltend zu machen, gleich als wollten dieſe Worte ſagen: „ſobald es uns nur gefällt, unſere Forderung auf eine genau beſtimmte Geldſumme zu richten.“ Der wahre Sinn dieſer Worte iſt ſchon oben angegeben worden (Note a). XXIV. Die bis jetzt verſuchte Erklärung der angeführten Di- geſtenſtelle hat, in Beziehung auf die oben aufgeſtellte Lehre von den Condictionen, eine blos abwehrende Natur gehabt, ich will aber nunmehr denjenigen Theil der Stelle (g) L. 37 de V. S. (50. 16.). „Verbum oportere non ad fa- cultatem judicis pertinet, qui potest vel pluris vel minoris condemnare, sed ad veritatem refertur.” Vgl. Syſtem § 216. (h) Gajus IV. § 55. — Nicht unmittelbar hierher gehört § 53 „sicut ipsa stipulatio concepta est, ita et intentio formulae concipi debet,” denn Dieſes geht, nach den vorhergehenden Worten, lediglich auf die Gefahr des plus petere.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 583. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/597>, abgerufen am 23.04.2024.