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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Beylage XIV.
brauch, über die hier gezogenen Gränzen hinaus erweitert
worden (i).

XXXV.

Wenn man so die aufgestellten drey Klassen der Con-
dictionen, nach ihren praktischen Eigenthümlichkeiten, ver-
gleicht, so ist es einleuchtend, daß die der ersten Klasse
dem Kläger den großen Vortheil der Sponsion einer Suc-
cumbenzstrafe verschafften, wodurch sie sich vor allen übri-
gen auszeichneten. Dagegen waren ihm die der zweyten
Klasse nachtheiliger als die der dritten. Sie führten die
Gefahr des plus petere mit sich, und sie verschafften ihm
nicht, neben der Hauptsache, noch die Früchte derselben;
vielleicht auch verschafften sie ihm nur den reinen Sach-
werth, nicht das Interesse, welche Meynung jedoch oben
bekämpft worden ist.

Außer und über diesen drey Klassen der Condictionen

(i) Zimmern Rechtsgeschichte
B. 3 S. 185. Hasse Wesen der
actio S. 84. 85. Ganz irrig wird
von Diesem der Ausdruck abusive
oder non proprie mit einem sol-
chen vermeyntlichen uneigentlichen
Sprachgebrauch in Verbindung
gesetzt, vgl. oben Num. XXVII. --
Wenn ich aber behaupte, daß der
Ausdruck condictio nie über die hier
gezogenen Gränzen hinaus erweitert
worden sey, so ist Dieses von wirk-
lichem, besonnenem Sprachgebrauch
zu verstehen. Der falsche Schein
größerer Allgemeinheit des Be-
griffs, der aus der unvorsichtigen
Fassung einiger Stellen der Justi-
nianischen Compilation entsteht
(Num. XXV. a, XXVI. f. g.),
kann dagegen nicht als Einwen-
dung gelten, und darf nicht als ein
wahrhaft veränderter Sprachge-
brauch der Justinianischen Zeit an-
gesehen werden, indem der alte
Begriff der condictio unzähligen
Stellen der Digesten so bestimmt
zum Grunde liegt, daß sie ohne
dessen Voraussetzung ganz unver-
ständlich seyn würden.

Beylage XIV.
brauch, über die hier gezogenen Gränzen hinaus erweitert
worden (i).

XXXV.

Wenn man ſo die aufgeſtellten drey Klaſſen der Con-
dictionen, nach ihren praktiſchen Eigenthümlichkeiten, ver-
gleicht, ſo iſt es einleuchtend, daß die der erſten Klaſſe
dem Kläger den großen Vortheil der Sponſion einer Suc-
cumbenzſtrafe verſchafften, wodurch ſie ſich vor allen übri-
gen auszeichneten. Dagegen waren ihm die der zweyten
Klaſſe nachtheiliger als die der dritten. Sie führten die
Gefahr des plus petere mit ſich, und ſie verſchafften ihm
nicht, neben der Hauptſache, noch die Früchte derſelben;
vielleicht auch verſchafften ſie ihm nur den reinen Sach-
werth, nicht das Intereſſe, welche Meynung jedoch oben
bekämpft worden iſt.

Außer und über dieſen drey Klaſſen der Condictionen

(i) Zimmern Rechtsgeſchichte
B. 3 S. 185. Haſſe Weſen der
actio S. 84. 85. Ganz irrig wird
von Dieſem der Ausdruck abusive
oder non proprie mit einem ſol-
chen vermeyntlichen uneigentlichen
Sprachgebrauch in Verbindung
geſetzt, vgl. oben Num. XXVII.
Wenn ich aber behaupte, daß der
Ausdruck condictio nie über die hier
gezogenen Gränzen hinaus erweitert
worden ſey, ſo iſt Dieſes von wirk-
lichem, beſonnenem Sprachgebrauch
zu verſtehen. Der falſche Schein
größerer Allgemeinheit des Be-
griffs, der aus der unvorſichtigen
Faſſung einiger Stellen der Juſti-
nianiſchen Compilation entſteht
(Num. XXV. a, XXVI. f. g.),
kann dagegen nicht als Einwen-
dung gelten, und darf nicht als ein
wahrhaft veränderter Sprachge-
brauch der Juſtinianiſchen Zeit an-
geſehen werden, indem der alte
Begriff der condictio unzähligen
Stellen der Digeſten ſo beſtimmt
zum Grunde liegt, daß ſie ohne
deſſen Vorausſetzung ganz unver-
ſtändlich ſeyn würden.
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[620/0634] Beylage XIV. brauch, über die hier gezogenen Gränzen hinaus erweitert worden (i). XXXV. Wenn man ſo die aufgeſtellten drey Klaſſen der Con- dictionen, nach ihren praktiſchen Eigenthümlichkeiten, ver- gleicht, ſo iſt es einleuchtend, daß die der erſten Klaſſe dem Kläger den großen Vortheil der Sponſion einer Suc- cumbenzſtrafe verſchafften, wodurch ſie ſich vor allen übri- gen auszeichneten. Dagegen waren ihm die der zweyten Klaſſe nachtheiliger als die der dritten. Sie führten die Gefahr des plus petere mit ſich, und ſie verſchafften ihm nicht, neben der Hauptſache, noch die Früchte derſelben; vielleicht auch verſchafften ſie ihm nur den reinen Sach- werth, nicht das Intereſſe, welche Meynung jedoch oben bekämpft worden iſt. Außer und über dieſen drey Klaſſen der Condictionen (i) Zimmern Rechtsgeſchichte B. 3 S. 185. Haſſe Weſen der actio S. 84. 85. Ganz irrig wird von Dieſem der Ausdruck abusive oder non proprie mit einem ſol- chen vermeyntlichen uneigentlichen Sprachgebrauch in Verbindung geſetzt, vgl. oben Num. XXVII. — Wenn ich aber behaupte, daß der Ausdruck condictio nie über die hier gezogenen Gränzen hinaus erweitert worden ſey, ſo iſt Dieſes von wirk- lichem, beſonnenem Sprachgebrauch zu verſtehen. Der falſche Schein größerer Allgemeinheit des Be- griffs, der aus der unvorſichtigen Faſſung einiger Stellen der Juſti- nianiſchen Compilation entſteht (Num. XXV. a, XXVI. f. g.), kann dagegen nicht als Einwen- dung gelten, und darf nicht als ein wahrhaft veränderter Sprachge- brauch der Juſtinianiſchen Zeit an- geſehen werden, indem der alte Begriff der condictio unzähligen Stellen der Digeſten ſo beſtimmt zum Grunde liegt, daß ſie ohne deſſen Vorausſetzung ganz unver- ſtändlich ſeyn würden.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 620. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/634>, abgerufen am 23.04.2024.