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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Beylage XIV.

Wenn man hier die Bedeutung des Ausdrucks certum
stipulari
zum Grunde gelegt, die anderwärts, und zwar
gleichfalls in Stellen des Ulpian, vorkommt (Num. XLI.),
so würde die vorliegende Stelle sagen, daß die condictio
si certum petetur
bey der Stipulation auf ein Haus oder
Pferd eben so gut angestellt werden könne, als bey der
auf baares Geld gerichteten. Da aber dadurch Ulpian
mit sich selbst, und zwar gerade mit der unzweydeutigsten
aller diesen Gegenstand betreffenden Stellen (Num. XXXVII.)
in unauflöslichen Widerspruch gerathen würde, so muß
man annehmen, daß er in der gegenwärtigen Stelle unter
dem Ausdruck certum stipulatus blos eine Geldstipulation
verstanden hat. Dann scheint ihn allerdings noch der
Vorwurf eines in dieser Hinsicht schwankenden Sprachge-
brauchs zu treffen; allein auch dieser Vorwurf würde viel-
leicht verschwinden, wenn wir die so eben mitgetheilte
Stelle in ihrem ursprünglichen Zusammenhang lesen könn-
ten, der sich aus ihrer höchst fragmentarischen Gestalt un-
möglich errathen läßt.

XLIV.

Callistratus sagt, wenn ein Glaubiger einen Erben sei-
nes Schuldners verklagen wolle, und über den Umfang
des Erbtheils ungewiß sey, so solle er den Beklagten hier-
über vor dem Prätor befragen.

L. 1 pr. de interrog. (11. 1.).
Est autem interrogatio tunc necessaria, cum in per-
Beylage XIV.

Wenn man hier die Bedeutung des Ausdrucks certum
stipulari
zum Grunde gelegt, die anderwärts, und zwar
gleichfalls in Stellen des Ulpian, vorkommt (Num. XLI.),
ſo würde die vorliegende Stelle ſagen, daß die condictio
si certum petetur
bey der Stipulation auf ein Haus oder
Pferd eben ſo gut angeſtellt werden könne, als bey der
auf baares Geld gerichteten. Da aber dadurch Ulpian
mit ſich ſelbſt, und zwar gerade mit der unzweydeutigſten
aller dieſen Gegenſtand betreffenden Stellen (Num. XXXVII.)
in unauflöslichen Widerſpruch gerathen würde, ſo muß
man annehmen, daß er in der gegenwärtigen Stelle unter
dem Ausdruck certum stipulatus blos eine Geldſtipulation
verſtanden hat. Dann ſcheint ihn allerdings noch der
Vorwurf eines in dieſer Hinſicht ſchwankenden Sprachge-
brauchs zu treffen; allein auch dieſer Vorwurf würde viel-
leicht verſchwinden, wenn wir die ſo eben mitgetheilte
Stelle in ihrem urſprünglichen Zuſammenhang leſen könn-
ten, der ſich aus ihrer höchſt fragmentariſchen Geſtalt un-
möglich errathen läßt.

XLIV.

Calliſtratus ſagt, wenn ein Glaubiger einen Erben ſei-
nes Schuldners verklagen wolle, und über den Umfang
des Erbtheils ungewiß ſey, ſo ſolle er den Beklagten hier-
über vor dem Prätor befragen.

L. 1 pr. de interrog. (11. 1.).
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[634/0648] Beylage XIV. Wenn man hier die Bedeutung des Ausdrucks certum stipulari zum Grunde gelegt, die anderwärts, und zwar gleichfalls in Stellen des Ulpian, vorkommt (Num. XLI.), ſo würde die vorliegende Stelle ſagen, daß die condictio si certum petetur bey der Stipulation auf ein Haus oder Pferd eben ſo gut angeſtellt werden könne, als bey der auf baares Geld gerichteten. Da aber dadurch Ulpian mit ſich ſelbſt, und zwar gerade mit der unzweydeutigſten aller dieſen Gegenſtand betreffenden Stellen (Num. XXXVII.) in unauflöslichen Widerſpruch gerathen würde, ſo muß man annehmen, daß er in der gegenwärtigen Stelle unter dem Ausdruck certum stipulatus blos eine Geldſtipulation verſtanden hat. Dann ſcheint ihn allerdings noch der Vorwurf eines in dieſer Hinſicht ſchwankenden Sprachge- brauchs zu treffen; allein auch dieſer Vorwurf würde viel- leicht verſchwinden, wenn wir die ſo eben mitgetheilte Stelle in ihrem urſprünglichen Zuſammenhang leſen könn- ten, der ſich aus ihrer höchſt fragmentariſchen Geſtalt un- möglich errathen läßt. XLIV. Calliſtratus ſagt, wenn ein Glaubiger einen Erben ſei- nes Schuldners verklagen wolle, und über den Umfang des Erbtheils ungewiß ſey, ſo ſolle er den Beklagten hier- über vor dem Prätor befragen. L. 1 pr. de interrog. (11. 1.). Est autem interrogatio tunc necessaria, cum in per-

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/648>, abgerufen am 28.03.2024.