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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Beylage XIV.
XLV.

Größere Zweifel erregt folgende Stelle aus Justinians
Institutionen.

pr. J. de verb. oblig. (3. 15.).
Verbis obligatio contrahitur ex interrogatione et re-
sponsione ... Ex qua duae proficiscuntur actiones,
tam condictio, si certa sit stipulatio, quam ex stipu-
latu,
si incerta.

Liest man die Stelle so, wie sie hier abgedruckt ist, so
würde darin der actio ex stipulatu die Eigenschaft einer
Condiction abgesprochen seyn, wodurch die Stelle mit den
unzweifelhaftesten Zeugnissen in Widerspruch treten würde
(Num. XLII. e). Diese Schwierigkeit verschwindet, wenn
man die durch mehrere und gute Handschriften bewährte
Leseart certi condictio oder condictio certi vorzieht (a),
wodurch von dieser Seite eine völlige Übereinstimmung
der verschiedenen Zeugnisse entsteht. Dann bleibt aber
noch die zweyte Schwierigkeit übrig, daß nun die certi
condictio
auf den Fall jeder certa stipulatio bezogen wer-
den müßte, also auch auf die Stipulation eines Ackers
oder eines Buchs, wie Dieses Theophilus ausdrücklich
sagt. Hier scheint mir kein anderer Ausweg übrig, als
die Annahme, daß sich die Verfasser der Institutionen,
getäuscht durch die Zweydeutigkeit des Ausdrucks certi,

(a) Schrader p. 495 ed. Inst. in 4°. Theophilus freylich bestä-
tigt die hier im Text abgedruckte Leseart.
Beylage XIV.
XLV.

Größere Zweifel erregt folgende Stelle aus Juſtinians
Inſtitutionen.

pr. J. de verb. oblig. (3. 15.).
Verbis obligatio contrahitur ex interrogatione et re-
sponsione … Ex qua duae proficiscuntur actiones,
tam condictio, si certa sit stipulatio, quam ex stipu-
latu,
si incerta.

Lieſt man die Stelle ſo, wie ſie hier abgedruckt iſt, ſo
würde darin der actio ex stipulatu die Eigenſchaft einer
Condiction abgeſprochen ſeyn, wodurch die Stelle mit den
unzweifelhafteſten Zeugniſſen in Widerſpruch treten würde
(Num. XLII. e). Dieſe Schwierigkeit verſchwindet, wenn
man die durch mehrere und gute Handſchriften bewährte
Leſeart certi condictio oder condictio certi vorzieht (a),
wodurch von dieſer Seite eine völlige Übereinſtimmung
der verſchiedenen Zeugniſſe entſteht. Dann bleibt aber
noch die zweyte Schwierigkeit übrig, daß nun die certi
condictio
auf den Fall jeder certa stipulatio bezogen wer-
den müßte, alſo auch auf die Stipulation eines Ackers
oder eines Buchs, wie Dieſes Theophilus ausdrücklich
ſagt. Hier ſcheint mir kein anderer Ausweg übrig, als
die Annahme, daß ſich die Verfaſſer der Inſtitutionen,
getäuſcht durch die Zweydeutigkeit des Ausdrucks certi,

(a) Schrader p. 495 ed. Inst. in 4°. Theophilus freylich beſtä-
tigt die hier im Text abgedruckte Leſeart.
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[636/0650] Beylage XIV. XLV. Größere Zweifel erregt folgende Stelle aus Juſtinians Inſtitutionen. pr. J. de verb. oblig. (3. 15.). Verbis obligatio contrahitur ex interrogatione et re- sponsione … Ex qua duae proficiscuntur actiones, tam condictio, si certa sit stipulatio, quam ex stipu- latu, si incerta. Lieſt man die Stelle ſo, wie ſie hier abgedruckt iſt, ſo würde darin der actio ex stipulatu die Eigenſchaft einer Condiction abgeſprochen ſeyn, wodurch die Stelle mit den unzweifelhafteſten Zeugniſſen in Widerſpruch treten würde (Num. XLII. e). Dieſe Schwierigkeit verſchwindet, wenn man die durch mehrere und gute Handſchriften bewährte Leſeart certi condictio oder condictio certi vorzieht (a), wodurch von dieſer Seite eine völlige Übereinſtimmung der verſchiedenen Zeugniſſe entſteht. Dann bleibt aber noch die zweyte Schwierigkeit übrig, daß nun die certi condictio auf den Fall jeder certa stipulatio bezogen wer- den müßte, alſo auch auf die Stipulation eines Ackers oder eines Buchs, wie Dieſes Theophilus ausdrücklich ſagt. Hier ſcheint mir kein anderer Ausweg übrig, als die Annahme, daß ſich die Verfaſſer der Inſtitutionen, getäuſcht durch die Zweydeutigkeit des Ausdrucks certi, (a) Schrader p. 495 ed. Inst. in 4°. Theophilus freylich beſtä- tigt die hier im Text abgedruckte Leſeart.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 636. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/650>, abgerufen am 29.03.2024.