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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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§. 251. Klagverjährung. Wirkung. (Fortsetzung.)
selben zwey Fragen vor wie bey dem Pfandrecht, je nach-
dem dasselbe nach oder vor Ablauf der Verjährung ge-
schlossen worden ist. Nach meiner Meynung ist in beiden
Fällen das Constitutum gültig, weil dieses überhaupt nur
eine naturalis obligatio als Grundlage erfordert (i). Nach
der entgegengesetzten Meynung, wenn sie consequent durch-
geführt werden soll, müßte es in beiden Fällen ungül-
tig seyn.

Ulpian scheint diese Fragen zu behandeln in folgender
Stelle, worin sogar einmal ausdrücklich der Ausdruck tem-
poralis actio
vorkommt, und die ich deshalb zuerst von
der Verjährung zu erklären versuchen will (k). Damit
das Constitutum gültig sey, sagt er, muß die zum Grund
liegende Obligation gültig seyn, aber es ist hinreichend
daß sie es sey zu der Zeit, worin das Constitutum ge-
schlossen wird. Ist also die Gültigkeit der Obligation auf
Zeit beschränkt, und wird constituirt vor Eintritt des Zeit-
punkts, so bleibt das Constitutum auch nachher gültig. Ja
selbst wenn in dem Constitutum die Zahlung ausdrücklich

(i) L. 1 § 7 de pec. const. (13.
5.) "Debitum autem vel natura
sufficit."
(k) L. 18 § 1 de pec. const.
(13. 5.). Zunächst möchte man
an eine Vergleichung dieser Stelle
mit der von der Bürgschaft han-
delnden (Note a) denken. Hier ist
aber der Hauptunterschied der, daß
bey der Bürgschaft immer zwey
Schuldner vorkommen, anstatt daß
in unsrer Stelle von dem s. g. con-
stitutum debiti proprii
die Rede
ist, also von einem Schuldner, der
nicht eine fremde Schuld übernimmt,
sondern seine eigene bestärkt oder
modificirt. Proinde temporali
actione obligatum constituendo
.. teneri debere;"
also der obli-
gatus
ist zugleich der, welcher con-
stituirt.
V. 26

§. 251. Klagverjährung. Wirkung. (Fortſetzung.)
ſelben zwey Fragen vor wie bey dem Pfandrecht, je nach-
dem daſſelbe nach oder vor Ablauf der Verjährung ge-
ſchloſſen worden iſt. Nach meiner Meynung iſt in beiden
Fällen das Conſtitutum gültig, weil dieſes überhaupt nur
eine naturalis obligatio als Grundlage erfordert (i). Nach
der entgegengeſetzten Meynung, wenn ſie conſequent durch-
geführt werden ſoll, müßte es in beiden Fällen ungül-
tig ſeyn.

Ulpian ſcheint dieſe Fragen zu behandeln in folgender
Stelle, worin ſogar einmal ausdrücklich der Ausdruck tem-
poralis actio
vorkommt, und die ich deshalb zuerſt von
der Verjährung zu erklären verſuchen will (k). Damit
das Conſtitutum gültig ſey, ſagt er, muß die zum Grund
liegende Obligation gültig ſeyn, aber es iſt hinreichend
daß ſie es ſey zu der Zeit, worin das Conſtitutum ge-
ſchloſſen wird. Iſt alſo die Gültigkeit der Obligation auf
Zeit beſchränkt, und wird conſtituirt vor Eintritt des Zeit-
punkts, ſo bleibt das Conſtitutum auch nachher gültig. Ja
ſelbſt wenn in dem Conſtitutum die Zahlung ausdrücklich

(i) L. 1 § 7 de pec. const. (13.
5.) „Debitum autem vel natura
sufficit.”
(k) L. 18 § 1 de pec. const.
(13. 5.). Zunächſt möchte man
an eine Vergleichung dieſer Stelle
mit der von der Bürgſchaft han-
delnden (Note a) denken. Hier iſt
aber der Hauptunterſchied der, daß
bey der Bürgſchaft immer zwey
Schuldner vorkommen, anſtatt daß
in unſrer Stelle von dem ſ. g. con-
stitutum debiti proprii
die Rede
iſt, alſo von einem Schuldner, der
nicht eine fremde Schuld übernimmt,
ſondern ſeine eigene beſtärkt oder
modificirt. Proinde temporali
actione obligatum constituendo
.. teneri debere;”
alſo der obli-
gatus
iſt zugleich der, welcher con-
ſtituirt.
V. 26
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[401/0415] §. 251. Klagverjährung. Wirkung. (Fortſetzung.) ſelben zwey Fragen vor wie bey dem Pfandrecht, je nach- dem daſſelbe nach oder vor Ablauf der Verjährung ge- ſchloſſen worden iſt. Nach meiner Meynung iſt in beiden Fällen das Conſtitutum gültig, weil dieſes überhaupt nur eine naturalis obligatio als Grundlage erfordert (i). Nach der entgegengeſetzten Meynung, wenn ſie conſequent durch- geführt werden ſoll, müßte es in beiden Fällen ungül- tig ſeyn. Ulpian ſcheint dieſe Fragen zu behandeln in folgender Stelle, worin ſogar einmal ausdrücklich der Ausdruck tem- poralis actio vorkommt, und die ich deshalb zuerſt von der Verjährung zu erklären verſuchen will (k). Damit das Conſtitutum gültig ſey, ſagt er, muß die zum Grund liegende Obligation gültig ſeyn, aber es iſt hinreichend daß ſie es ſey zu der Zeit, worin das Conſtitutum ge- ſchloſſen wird. Iſt alſo die Gültigkeit der Obligation auf Zeit beſchränkt, und wird conſtituirt vor Eintritt des Zeit- punkts, ſo bleibt das Conſtitutum auch nachher gültig. Ja ſelbſt wenn in dem Conſtitutum die Zahlung ausdrücklich (i) L. 1 § 7 de pec. const. (13. 5.) „Debitum autem vel natura sufficit.” (k) L. 18 § 1 de pec. const. (13. 5.). Zunächſt möchte man an eine Vergleichung dieſer Stelle mit der von der Bürgſchaft han- delnden (Note a) denken. Hier iſt aber der Hauptunterſchied der, daß bey der Bürgſchaft immer zwey Schuldner vorkommen, anſtatt daß in unſrer Stelle von dem ſ. g. con- stitutum debiti proprii die Rede iſt, alſo von einem Schuldner, der nicht eine fremde Schuld übernimmt, ſondern ſeine eigene beſtärkt oder modificirt. Proinde temporali actione obligatum constituendo .. teneri debere;” alſo der obli- gatus iſt zugleich der, welcher con- ſtituirt. V. 26

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/415>, abgerufen am 29.03.2024.