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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Buch II. Rechtsverhältnisse. Kap. IV. Verletzung.
der Grund, der dagegen hauptsächlich geltend gemacht
wird, beruht auf folgender Bestimmung des Römischen
Rechts. Wenn ein Käufer das Recht willkührlicher Auf-
lösung des Kaufcontracts ausbedingt, so kann er dieses
ausdrücklich auf unbeschränkte Zeit vorbehalten. Wird
aber über die Zeit gar Nichts gesagt, so soll es so ange-
sehen werden, als wäre dieser Vorbehalt auf 60 Tage ge-
schehen (r). Diese Stelle beweißt deswegen nicht den von
den Gegnern behaupteten Satz, weil sie überhaupt nicht
von der Klagverjährung spricht, sondern von der bloßen
Interpretation eines unbestimmten Vertrags, die dann na-
türlich einer ausdrücklichen Erklärung weichen muß (s).

Dagegen ist es nach Ablauf der Verjährung durchaus
gestattet, dieselbe durch Vertrag aufzuheben, das heißt auf
die durch dieselbe erlangten Vortheile ganz oder theilweise
zu verzichten. Dieses müssen auch Diejenigen einräumen,
welche nach abgelaufener Verjährung die Fortdauer einer
naturalis obligatio verneinen. Denn auch Diese geben zu,
daß die Verjährung nur per exceptionem wirke, das Recht
einer Exception aber ist jeder neuen Modification durch
Rechtsgeschäfte empfänglich (§ 225).

Mit der hier für das Römische Recht vorgetragenen

Meynung; Eichmann in einer
Note zu dieser Stelle hat die ent-
gegengesetzte Meynung; eben so
auch Unterholzner I. § 28.
(r) L. 31 § 22 de aedil ed.
(21. 1.).
(s) Als Verjährung kann es
schon deswegen nicht betrachtet
werden, weil hier aus dem Ver-
trag noch nicht eine actio nata
abgeleitet werden kann, eben so
wie bey dem Nebenvertrag über
Rückverkauf (§ 241).

Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung.
der Grund, der dagegen hauptſächlich geltend gemacht
wird, beruht auf folgender Beſtimmung des Römiſchen
Rechts. Wenn ein Käufer das Recht willkührlicher Auf-
löſung des Kaufcontracts ausbedingt, ſo kann er dieſes
ausdrücklich auf unbeſchränkte Zeit vorbehalten. Wird
aber über die Zeit gar Nichts geſagt, ſo ſoll es ſo ange-
ſehen werden, als wäre dieſer Vorbehalt auf 60 Tage ge-
ſchehen (r). Dieſe Stelle beweißt deswegen nicht den von
den Gegnern behaupteten Satz, weil ſie überhaupt nicht
von der Klagverjährung ſpricht, ſondern von der bloßen
Interpretation eines unbeſtimmten Vertrags, die dann na-
türlich einer ausdrücklichen Erklärung weichen muß (s).

Dagegen iſt es nach Ablauf der Verjährung durchaus
geſtattet, dieſelbe durch Vertrag aufzuheben, das heißt auf
die durch dieſelbe erlangten Vortheile ganz oder theilweiſe
zu verzichten. Dieſes müſſen auch Diejenigen einräumen,
welche nach abgelaufener Verjährung die Fortdauer einer
naturalis obligatio verneinen. Denn auch Dieſe geben zu,
daß die Verjährung nur per exceptionem wirke, das Recht
einer Exception aber iſt jeder neuen Modification durch
Rechtsgeſchäfte empfänglich (§ 225).

Mit der hier für das Römiſche Recht vorgetragenen

Meynung; Eichmann in einer
Note zu dieſer Stelle hat die ent-
gegengeſetzte Meynung; eben ſo
auch Unterholzner I. § 28.
(r) L. 31 § 22 de aedil ed.
(21. 1.).
(s) Als Verjährung kann es
ſchon deswegen nicht betrachtet
werden, weil hier aus dem Ver-
trag noch nicht eine actio nata
abgeleitet werden kann, eben ſo
wie bey dem Nebenvertrag über
Rückverkauf (§ 241).
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[412/0426] Buch II. Rechtsverhältniſſe. Kap. IV. Verletzung. der Grund, der dagegen hauptſächlich geltend gemacht wird, beruht auf folgender Beſtimmung des Römiſchen Rechts. Wenn ein Käufer das Recht willkührlicher Auf- löſung des Kaufcontracts ausbedingt, ſo kann er dieſes ausdrücklich auf unbeſchränkte Zeit vorbehalten. Wird aber über die Zeit gar Nichts geſagt, ſo ſoll es ſo ange- ſehen werden, als wäre dieſer Vorbehalt auf 60 Tage ge- ſchehen (r). Dieſe Stelle beweißt deswegen nicht den von den Gegnern behaupteten Satz, weil ſie überhaupt nicht von der Klagverjährung ſpricht, ſondern von der bloßen Interpretation eines unbeſtimmten Vertrags, die dann na- türlich einer ausdrücklichen Erklärung weichen muß (s). Dagegen iſt es nach Ablauf der Verjährung durchaus geſtattet, dieſelbe durch Vertrag aufzuheben, das heißt auf die durch dieſelbe erlangten Vortheile ganz oder theilweiſe zu verzichten. Dieſes müſſen auch Diejenigen einräumen, welche nach abgelaufener Verjährung die Fortdauer einer naturalis obligatio verneinen. Denn auch Dieſe geben zu, daß die Verjährung nur per exceptionem wirke, das Recht einer Exception aber iſt jeder neuen Modification durch Rechtsgeſchäfte empfänglich (§ 225). Mit der hier für das Römiſche Recht vorgetragenen (q) (r) L. 31 § 22 de aedil ed. (21. 1.). (s) Als Verjährung kann es ſchon deswegen nicht betrachtet werden, weil hier aus dem Ver- trag noch nicht eine actio nata abgeleitet werden kann, eben ſo wie bey dem Nebenvertrag über Rückverkauf (§ 241). (q) Meynung; Eichmann in einer Note zu dieſer Stelle hat die ent- gegengeſetzte Meynung; eben ſo auch Unterholzner I. § 28.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/426>, abgerufen am 25.04.2024.