Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

Bild:
<< vorherige Seite

Beylage XIV.
weil er nicht mehr bereichert ist; daß sie gegen ihn dennoch
gilt, kommt nur daher, daß er als Dieb beständig in
Mora ist. Ist nun der Dieb ein Sklave, so geht die Klage
gegen den Herrn als actio de peculio, aber ohne diese
schärfende Modification; denn da der Herr nicht Dieb ist,
so ist er auch nicht in Mora, und kann also auch nur
verklagt werden, insofern er eine gegenwärtige Bereiche-
rung hat. Genauer muß man Dieses so ausdrücken: gegen
den Herrn geht zwar die condictio, aber nicht als furtiva,
sondern als die gewöhnliche, unmodificirte, sine causa (k).

b) Gegen den stehlenden Sklaven selbst geht die Con-
diction nach der Freylassung gar nicht, weil die ihr zum
Grund liegende Obligation, als contractliche, nur natu-
ralis
ist, während die furti actio, als Delictsklage, aller-
dings gegen ihn geht (l).


(k) L. 30 pr. de act. emti
(19. 1.) " .. condictio eo no-
mine mihi adversus te compe-
tat, quasi res mea ad te sine
causa pervenerit."
Genau ge-
nommen ist es hier auch deswegen
keine eigentliche actio de peculio,
weil diese Klage wegen Bereiche-
rung des Herrn aus dem Diebstahl
seines Sklaven selbst dann gelten
muß, wenn der Sklave gar kein
Peculium hatte. Darauf geht
vielleicht der schwankende Ausdruck
(aut omnino ... non haberem)
der L. 30 cit. in Note i, und
eben so auch der sonst zu unein-
geschränkte Ausdruck der L. 5 de
cond. furt.
(13. 1.) "... num-
quam enim ea condictione alius,
quam qui fecit, tenetur, aut
heres ejus."
Gewiß ist durch
diese Worte auch die Möglichkeit
verneint, die Condiction als actio
noxalis
anzustellen.
(l) L. 15 de cond. furt. (13.
1.) "Quod ab alio servus sub-
ripuit, ejus nomine liber furti
tenetur: condici autem ei non
potest,
nisi liber contrectavit."

Diese Stelle ist eigentlich die ent-
scheidendste unter allen, und mit
ihr läßt sich die Delictsnatur der
condictio furtiva durchaus nicht
vereinigen, da die Regel: noxa
caput sequitur
allgemein und
durchgreifend für alle Delictsklagen

Beylage XIV.
weil er nicht mehr bereichert iſt; daß ſie gegen ihn dennoch
gilt, kommt nur daher, daß er als Dieb beſtändig in
Mora iſt. Iſt nun der Dieb ein Sklave, ſo geht die Klage
gegen den Herrn als actio de peculio, aber ohne dieſe
ſchärfende Modification; denn da der Herr nicht Dieb iſt,
ſo iſt er auch nicht in Mora, und kann alſo auch nur
verklagt werden, inſofern er eine gegenwärtige Bereiche-
rung hat. Genauer muß man Dieſes ſo ausdrücken: gegen
den Herrn geht zwar die condictio, aber nicht als furtiva,
ſondern als die gewöhnliche, unmodificirte, sine causa (k).

b) Gegen den ſtehlenden Sklaven ſelbſt geht die Con-
diction nach der Freylaſſung gar nicht, weil die ihr zum
Grund liegende Obligation, als contractliche, nur natu-
ralis
iſt, während die furti actio, als Delictsklage, aller-
dings gegen ihn geht (l).


(k) L. 30 pr. de act. emti
(19. 1.) „ .. condictio eo no-
mine mihi adversus te compe-
tat, quasi res mea ad te sine
causa pervenerit.”
Genau ge-
nommen iſt es hier auch deswegen
keine eigentliche actio de peculio,
weil dieſe Klage wegen Bereiche-
rung des Herrn aus dem Diebſtahl
ſeines Sklaven ſelbſt dann gelten
muß, wenn der Sklave gar kein
Peculium hatte. Darauf geht
vielleicht der ſchwankende Ausdruck
(aut omnino … non haberem)
der L. 30 cit. in Note i, und
eben ſo auch der ſonſt zu unein-
geſchränkte Ausdruck der L. 5 de
cond. furt.
(13. 1.) „… num-
quam enim ea condictione alius,
quam qui fecit, tenetur, aut
heres ejus.”
Gewiß iſt durch
dieſe Worte auch die Möglichkeit
verneint, die Condiction als actio
noxalis
anzuſtellen.
(l) L. 15 de cond. furt. (13.
1.) „Quod ab alio servus sub-
ripuit, ejus nomine liber furti
tenetur: condici autem ei non
potest,
nisi liber contrectavit.”

Dieſe Stelle iſt eigentlich die ent-
ſcheidendſte unter allen, und mit
ihr läßt ſich die Delictsnatur der
condictio furtiva durchaus nicht
vereinigen, da die Regel: noxa
caput sequitur
allgemein und
durchgreifend für alle Delictsklagen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0574" n="560"/><fw place="top" type="header">Beylage <hi rendition="#aq">XIV.</hi></fw><lb/>
weil er nicht mehr bereichert i&#x017F;t; daß &#x017F;ie gegen ihn dennoch<lb/>
gilt, kommt nur daher, daß er als Dieb be&#x017F;tändig in<lb/>
Mora i&#x017F;t. I&#x017F;t nun der Dieb ein Sklave, &#x017F;o geht die Klage<lb/>
gegen den Herrn als <hi rendition="#aq">actio de peculio,</hi> aber ohne die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;chärfende Modification; denn da der Herr nicht Dieb i&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t er auch nicht in Mora, und kann al&#x017F;o auch nur<lb/>
verklagt werden, in&#x017F;ofern er eine gegenwärtige Bereiche-<lb/>
rung hat. Genauer muß man Die&#x017F;es &#x017F;o ausdrücken: gegen<lb/>
den Herrn geht zwar die <hi rendition="#aq">condictio,</hi> aber nicht als <hi rendition="#aq">furtiva,</hi><lb/>
&#x017F;ondern als die gewöhnliche, unmodificirte, <hi rendition="#aq">sine causa</hi> <note place="foot" n="(k)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 30 <hi rendition="#i">pr. de act. emti</hi><lb/>
(19. 1.) &#x201E; .. condictio eo no-<lb/>
mine mihi adversus te compe-<lb/>
tat, <hi rendition="#i">quasi res mea ad te sine<lb/>
causa pervenerit.&#x201D;</hi></hi> Genau ge-<lb/>
nommen i&#x017F;t es hier auch deswegen<lb/>
keine eigentliche <hi rendition="#aq">actio de peculio,</hi><lb/>
weil die&#x017F;e Klage wegen Bereiche-<lb/>
rung des Herrn aus dem Dieb&#x017F;tahl<lb/>
&#x017F;eines Sklaven &#x017F;elb&#x017F;t dann gelten<lb/>
muß, wenn der Sklave gar kein<lb/>
Peculium hatte. Darauf geht<lb/>
vielleicht der &#x017F;chwankende Ausdruck<lb/>
(<hi rendition="#aq">aut omnino &#x2026; non haberem</hi>)<lb/>
der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 30 cit.</hi> in Note <hi rendition="#aq">i,</hi> und<lb/>
eben &#x017F;o auch der &#x017F;on&#x017F;t zu unein-<lb/>
ge&#x017F;chränkte Ausdruck der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 5 <hi rendition="#i">de<lb/>
cond. furt.</hi> (13. 1.) &#x201E;&#x2026; num-<lb/>
quam enim <hi rendition="#i">ea condictione</hi> alius,<lb/>
quam qui fecit, tenetur, aut<lb/>
heres ejus.&#x201D;</hi> Gewiß i&#x017F;t durch<lb/>
die&#x017F;e Worte auch die Möglichkeit<lb/>
verneint, die Condiction als <hi rendition="#aq">actio<lb/>
noxalis</hi> anzu&#x017F;tellen.</note>.</p><lb/>
              <p><hi rendition="#aq">b</hi>) Gegen den &#x017F;tehlenden Sklaven &#x017F;elb&#x017F;t geht die Con-<lb/>
diction nach der Freyla&#x017F;&#x017F;ung gar nicht, weil die ihr zum<lb/>
Grund liegende Obligation, als contractliche, nur <hi rendition="#aq">natu-<lb/>
ralis</hi> i&#x017F;t, während die <hi rendition="#aq">furti actio,</hi> als Delictsklage, aller-<lb/>
dings gegen ihn geht <note xml:id="seg2pn_83_1" next="#seg2pn_83_2" place="foot" n="(l)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">L.</hi> 15 <hi rendition="#i">de cond. furt.</hi> (13.<lb/>
1.) &#x201E;Quod ab alio servus sub-<lb/>
ripuit, ejus nomine liber <hi rendition="#i">furti<lb/>
tenetur: condici autem ei non<lb/>
potest,</hi> nisi liber contrectavit.&#x201D;</hi><lb/>
Die&#x017F;e Stelle i&#x017F;t eigentlich die ent-<lb/>
&#x017F;cheidend&#x017F;te unter allen, und mit<lb/>
ihr läßt &#x017F;ich die Delictsnatur der<lb/><hi rendition="#aq">condictio furtiva</hi> durchaus nicht<lb/>
vereinigen, da die Regel: <hi rendition="#aq">noxa<lb/>
caput sequitur</hi> allgemein und<lb/>
durchgreifend für alle Delictsklagen</note>.</p><lb/>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[560/0574] Beylage XIV. weil er nicht mehr bereichert iſt; daß ſie gegen ihn dennoch gilt, kommt nur daher, daß er als Dieb beſtändig in Mora iſt. Iſt nun der Dieb ein Sklave, ſo geht die Klage gegen den Herrn als actio de peculio, aber ohne dieſe ſchärfende Modification; denn da der Herr nicht Dieb iſt, ſo iſt er auch nicht in Mora, und kann alſo auch nur verklagt werden, inſofern er eine gegenwärtige Bereiche- rung hat. Genauer muß man Dieſes ſo ausdrücken: gegen den Herrn geht zwar die condictio, aber nicht als furtiva, ſondern als die gewöhnliche, unmodificirte, sine causa (k). b) Gegen den ſtehlenden Sklaven ſelbſt geht die Con- diction nach der Freylaſſung gar nicht, weil die ihr zum Grund liegende Obligation, als contractliche, nur natu- ralis iſt, während die furti actio, als Delictsklage, aller- dings gegen ihn geht (l). (k) L. 30 pr. de act. emti (19. 1.) „ .. condictio eo no- mine mihi adversus te compe- tat, quasi res mea ad te sine causa pervenerit.” Genau ge- nommen iſt es hier auch deswegen keine eigentliche actio de peculio, weil dieſe Klage wegen Bereiche- rung des Herrn aus dem Diebſtahl ſeines Sklaven ſelbſt dann gelten muß, wenn der Sklave gar kein Peculium hatte. Darauf geht vielleicht der ſchwankende Ausdruck (aut omnino … non haberem) der L. 30 cit. in Note i, und eben ſo auch der ſonſt zu unein- geſchränkte Ausdruck der L. 5 de cond. furt. (13. 1.) „… num- quam enim ea condictione alius, quam qui fecit, tenetur, aut heres ejus.” Gewiß iſt durch dieſe Worte auch die Möglichkeit verneint, die Condiction als actio noxalis anzuſtellen. (l) L. 15 de cond. furt. (13. 1.) „Quod ab alio servus sub- ripuit, ejus nomine liber furti tenetur: condici autem ei non potest, nisi liber contrectavit.” Dieſe Stelle iſt eigentlich die ent- ſcheidendſte unter allen, und mit ihr läßt ſich die Delictsnatur der condictio furtiva durchaus nicht vereinigen, da die Regel: noxa caput sequitur allgemein und durchgreifend für alle Delictsklagen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/574
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/574>, abgerufen am 25.04.2024.