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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841.

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Die Condictionen. XXVIII.
oben angeführten Stellen keine Schwierigkeit, denn in
diesen ist die Rede von Condictionen allein, hier aber von
den persönlichen Klagen im Allgemeinen, von welchen ja
die Condictionen nur eine einzelne Art ausmachen. -- Auch
Das ist auf den ersten Blick einleuchtend, und macht da-
her keine Schwierigkeit, daß die in den Worten: id est
... oportere
enthaltene Erklärung nicht alle persönliche
Klagen überhaupt zum Gegenstand hat, sondern nur die-
jenigen, welche mit einer Intentio in jus concepta versehen
sind; denn die in factum gefaßten waren ja einer solchen
gemeinschaftlichen Angabe ihres Inhalts nicht empfänglich,
da jede derselben ganz anders lautete als die übrigen.

Alle Schwierigkeit liegt in dem Wort praestare. Da
nämlich den vorhergehenden Worten dare facere ganz be-
kannte und sichere Intentionsformen entsprechen, so er-
wartet man, daß bey manchen Klagen die Intentio auf
praestare oportere gelautet haben möge. Nun kommt
aber eine solche Intentio in dem ganzen Umfang unsrer
Quellen nicht vor, und es läßt sich mit Wahrscheinlichkeit
nicht annehmen, daß Gajus, der so reich an mannichfal-
tigen Beyspielen ist, gerade diese Form in einem Beyspiel
anzuführen vergessen haben sollte; ganz unzulässig aber
würde die Annahme seyn, daß die Römer mit diesen Aus-
drücken nach Gutdünken abgewechselt haben sollten, da
vielmehr hierin die Beobachtung der strengsten Gleichför-
migkeit unverkennbar ist.

Alles aber erklärt sich daraus, daß Gajus von allen

Die Condictionen. XXVIII.
oben angeführten Stellen keine Schwierigkeit, denn in
dieſen iſt die Rede von Condictionen allein, hier aber von
den perſönlichen Klagen im Allgemeinen, von welchen ja
die Condictionen nur eine einzelne Art ausmachen. — Auch
Das iſt auf den erſten Blick einleuchtend, und macht da-
her keine Schwierigkeit, daß die in den Worten: id est
… oportere
enthaltene Erklärung nicht alle perſönliche
Klagen überhaupt zum Gegenſtand hat, ſondern nur die-
jenigen, welche mit einer Intentio in jus concepta verſehen
ſind; denn die in factum gefaßten waren ja einer ſolchen
gemeinſchaftlichen Angabe ihres Inhalts nicht empfänglich,
da jede derſelben ganz anders lautete als die übrigen.

Alle Schwierigkeit liegt in dem Wort praestare. Da
nämlich den vorhergehenden Worten dare facere ganz be-
kannte und ſichere Intentionsformen entſprechen, ſo er-
wartet man, daß bey manchen Klagen die Intentio auf
praestare oportere gelautet haben möge. Nun kommt
aber eine ſolche Intentio in dem ganzen Umfang unſrer
Quellen nicht vor, und es läßt ſich mit Wahrſcheinlichkeit
nicht annehmen, daß Gajus, der ſo reich an mannichfal-
tigen Beyſpielen iſt, gerade dieſe Form in einem Beyſpiel
anzuführen vergeſſen haben ſollte; ganz unzuläſſig aber
würde die Annahme ſeyn, daß die Römer mit dieſen Aus-
drücken nach Gutdünken abgewechſelt haben ſollten, da
vielmehr hierin die Beobachtung der ſtrengſten Gleichför-
migkeit unverkennbar iſt.

Alles aber erklärt ſich daraus, daß Gajus von allen

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[599/0613] Die Condictionen. XXVIII. oben angeführten Stellen keine Schwierigkeit, denn in dieſen iſt die Rede von Condictionen allein, hier aber von den perſönlichen Klagen im Allgemeinen, von welchen ja die Condictionen nur eine einzelne Art ausmachen. — Auch Das iſt auf den erſten Blick einleuchtend, und macht da- her keine Schwierigkeit, daß die in den Worten: id est … oportere enthaltene Erklärung nicht alle perſönliche Klagen überhaupt zum Gegenſtand hat, ſondern nur die- jenigen, welche mit einer Intentio in jus concepta verſehen ſind; denn die in factum gefaßten waren ja einer ſolchen gemeinſchaftlichen Angabe ihres Inhalts nicht empfänglich, da jede derſelben ganz anders lautete als die übrigen. Alle Schwierigkeit liegt in dem Wort praestare. Da nämlich den vorhergehenden Worten dare facere ganz be- kannte und ſichere Intentionsformen entſprechen, ſo er- wartet man, daß bey manchen Klagen die Intentio auf praestare oportere gelautet haben möge. Nun kommt aber eine ſolche Intentio in dem ganzen Umfang unſrer Quellen nicht vor, und es läßt ſich mit Wahrſcheinlichkeit nicht annehmen, daß Gajus, der ſo reich an mannichfal- tigen Beyſpielen iſt, gerade dieſe Form in einem Beyſpiel anzuführen vergeſſen haben ſollte; ganz unzuläſſig aber würde die Annahme ſeyn, daß die Römer mit dieſen Aus- drücken nach Gutdünken abgewechſelt haben ſollten, da vielmehr hierin die Beobachtung der ſtrengſten Gleichför- migkeit unverkennbar iſt. Alles aber erklärt ſich daraus, daß Gajus von allen

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 5. Berlin, 1841, S. 599. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system05_1841/613>, abgerufen am 19.04.2024.