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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 269. Wirkung der L. C. -- Prozeßzinsen. (Forts.)
§. 269.
Wirkung der L. C. -- II. Umfang der Verurtheilung. --
a) Erweiterungen. (Prozeßzinsen. Fortsetzung).

Unter den zwei möglichen Entstehungsgründen einer
Zinsenforderung (§ 268) ist die erste (der Vertrag) bisher
abgehandelt worden; es bleibt noch übrig, auch die zweite
darzustellen.

II. Allgemeine Rechtsregel als Entstehungsgrund
einer Zinsenforderung.

Diese Rechtsregel beruht auf folgender, in der Erfah-
rung begründeten, Betrachtung. Bei entwickeltem Verkehr
ist die zinsbare Benutzung des baaren Geldes in solchem
Grade üblich und verbreitet, daß man als durchschnittliche
Regel ohne Bedenken annehmen darf, es könne jede große
oder kleine Geldsumme in jedem beliebigen Zeitraum zins-
bar benutzt werden. Die Richtigkeit dieser Annahme wird
besonders anschaulich, wenn man dabei an das Daseyn
von öffentlichen Banken oder Sparkassen denkt, oder auch
an das Verhältniß laufender Rechnung, in welches irgend

Stelle verwerfen. Die incerti
pretii ratio
soll nach Einigen den
schwankenden Preis des Getreides
bedeuten; es ist aber durchaus kein
Grund denkbar, warum bei ganz
unwandelbaren Preisen nicht auch
Zinsen zulässig seyn sollten. --
Von Anderen wird alles Gewicht
auf die Worte ejusdem materiae
gelegt, so daß die Stelle eigentlich
die Absicht habe, ein Zinsversprechen
in anderen Stoffen zu untersagen.
Allein diese Worte sind daraus zu
erklären, daß auf ein Versprechen
anderer Stoffe der Begriff und
Name der Zinsen überhaupt nicht
paßt; ein Verbot sollte darin nicht
enthalten seyn. -- Nach der hier
gegebenen Erklärung der Stelle ist
nun auch die Behauptung zu be-
richtigen, welche auf eine irrige
Auffassung derselben oben (B. 5
S. 465) gegründet worden war.
§. 269. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.)
§. 269.
Wirkung der L. C. — II. Umfang der Verurtheilung. —
a) Erweiterungen. (Prozeßzinſen. Fortſetzung).

Unter den zwei möglichen Entſtehungsgründen einer
Zinſenforderung (§ 268) iſt die erſte (der Vertrag) bisher
abgehandelt worden; es bleibt noch übrig, auch die zweite
darzuſtellen.

II. Allgemeine Rechtsregel als Entſtehungsgrund
einer Zinſenforderung.

Dieſe Rechtsregel beruht auf folgender, in der Erfah-
rung begründeten, Betrachtung. Bei entwickeltem Verkehr
iſt die zinsbare Benutzung des baaren Geldes in ſolchem
Grade üblich und verbreitet, daß man als durchſchnittliche
Regel ohne Bedenken annehmen darf, es könne jede große
oder kleine Geldſumme in jedem beliebigen Zeitraum zins-
bar benutzt werden. Die Richtigkeit dieſer Annahme wird
beſonders anſchaulich, wenn man dabei an das Daſeyn
von öffentlichen Banken oder Sparkaſſen denkt, oder auch
an das Verhältniß laufender Rechnung, in welches irgend

Stelle verwerfen. Die incerti
pretii ratio
ſoll nach Einigen den
ſchwankenden Preis des Getreides
bedeuten; es iſt aber durchaus kein
Grund denkbar, warum bei ganz
unwandelbaren Preiſen nicht auch
Zinſen zuläſſig ſeyn ſollten. —
Von Anderen wird alles Gewicht
auf die Worte ejusdem materiae
gelegt, ſo daß die Stelle eigentlich
die Abſicht habe, ein Zinsverſprechen
in anderen Stoffen zu unterſagen.
Allein dieſe Worte ſind daraus zu
erklären, daß auf ein Verſprechen
anderer Stoffe der Begriff und
Name der Zinſen überhaupt nicht
paßt; ein Verbot ſollte darin nicht
enthalten ſeyn. — Nach der hier
gegebenen Erklärung der Stelle iſt
nun auch die Behauptung zu be-
richtigen, welche auf eine irrige
Auffaſſung derſelben oben (B. 5
S. 465) gegründet worden war.
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[133/0151] §. 269. Wirkung der L. C. — Prozeßzinſen. (Fortſ.) §. 269. Wirkung der L. C. — II. Umfang der Verurtheilung. — a) Erweiterungen. (Prozeßzinſen. Fortſetzung). Unter den zwei möglichen Entſtehungsgründen einer Zinſenforderung (§ 268) iſt die erſte (der Vertrag) bisher abgehandelt worden; es bleibt noch übrig, auch die zweite darzuſtellen. II. Allgemeine Rechtsregel als Entſtehungsgrund einer Zinſenforderung. Dieſe Rechtsregel beruht auf folgender, in der Erfah- rung begründeten, Betrachtung. Bei entwickeltem Verkehr iſt die zinsbare Benutzung des baaren Geldes in ſolchem Grade üblich und verbreitet, daß man als durchſchnittliche Regel ohne Bedenken annehmen darf, es könne jede große oder kleine Geldſumme in jedem beliebigen Zeitraum zins- bar benutzt werden. Die Richtigkeit dieſer Annahme wird beſonders anſchaulich, wenn man dabei an das Daſeyn von öffentlichen Banken oder Sparkaſſen denkt, oder auch an das Verhältniß laufender Rechnung, in welches irgend (p) (p) Stelle verwerfen. Die incerti pretii ratio ſoll nach Einigen den ſchwankenden Preis des Getreides bedeuten; es iſt aber durchaus kein Grund denkbar, warum bei ganz unwandelbaren Preiſen nicht auch Zinſen zuläſſig ſeyn ſollten. — Von Anderen wird alles Gewicht auf die Worte ejusdem materiae gelegt, ſo daß die Stelle eigentlich die Abſicht habe, ein Zinsverſprechen in anderen Stoffen zu unterſagen. Allein dieſe Worte ſind daraus zu erklären, daß auf ein Verſprechen anderer Stoffe der Begriff und Name der Zinſen überhaupt nicht paßt; ein Verbot ſollte darin nicht enthalten ſeyn. — Nach der hier gegebenen Erklärung der Stelle iſt nun auch die Behauptung zu be- richtigen, welche auf eine irrige Auffaſſung derſelben oben (B. 5 S. 465) gegründet worden war.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/151>, abgerufen am 29.03.2024.