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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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§. 258. Wesen der L. C. -- I. R. R. (Fortsetzung.)

Dabei ist aber allerdings, nach der ganzen Wendung
die in dieser Zeit der Prozeß genommen hatte, der factische
Unterschied anzuerkennen, daß jetzt sehr häufig, wohl in
den meisten Fällen, die L. C. in dem Rechtsstreit merklich
später eintreten mochte als in dem älteren Prozeß.

§. 258.
Wesen der Litis Contestation -- I. R. R. (Fortsetzung.)

Bisher ist die äußerliche Natur der L. C. in Erwä-
gung gezogen worden: die Form, der Zeitpunkt, die Be-
zeichnung dieser Prozeßhandlung. Ich wende mich nun
zur Untersuchung ihres inneren oder juristischen Wesens,
welche noch wichtiger ist als jene erste Erwägung, theils
weil sie unmittelbar mit den Wirkungen zusammenhängt,
theils weil sie ein bleibenderes, von dem Wechsel histo-
rischer Zustände weniger abhängiges, auch für unsere Zeit
gültiges Interesse mit sich führt.

Es muß hier daran erinnert werden, daß jedes Klag-
recht, ohne Unterschied des Rechts welches ihm zum
Grunde liegt, die Natur einer Obligation mit sich führt
(§ 205). Die L. C. nun ist als diejenige Prozeßhandlung
zu denken, wodurch diese Obligation ein wirkliches Daseyn
und zugleich eine bestimmte Gestalt erhält.

Auf zweierlei Weise aber greift die L. C. in das be-
stehende Rechtsverhältniß ein: nach der Vergangenheit und
nach der Zukunft. Nach der Vergangenheit, indem die
vorhandene Klage in judicium deducirt, und dadurch

§. 258. Weſen der L. C. — I. R. R. (Fortſetzung.)

Dabei iſt aber allerdings, nach der ganzen Wendung
die in dieſer Zeit der Prozeß genommen hatte, der factiſche
Unterſchied anzuerkennen, daß jetzt ſehr häufig, wohl in
den meiſten Fällen, die L. C. in dem Rechtsſtreit merklich
ſpäter eintreten mochte als in dem älteren Prozeß.

§. 258.
Weſen der Litis Conteſtation — I. R. R. (Fortſetzung.)

Bisher iſt die äußerliche Natur der L. C. in Erwä-
gung gezogen worden: die Form, der Zeitpunkt, die Be-
zeichnung dieſer Prozeßhandlung. Ich wende mich nun
zur Unterſuchung ihres inneren oder juriſtiſchen Weſens,
welche noch wichtiger iſt als jene erſte Erwägung, theils
weil ſie unmittelbar mit den Wirkungen zuſammenhängt,
theils weil ſie ein bleibenderes, von dem Wechſel hiſto-
riſcher Zuſtände weniger abhängiges, auch für unſere Zeit
gültiges Intereſſe mit ſich führt.

Es muß hier daran erinnert werden, daß jedes Klag-
recht, ohne Unterſchied des Rechts welches ihm zum
Grunde liegt, die Natur einer Obligation mit ſich führt
(§ 205). Die L. C. nun iſt als diejenige Prozeßhandlung
zu denken, wodurch dieſe Obligation ein wirkliches Daſeyn
und zugleich eine beſtimmte Geſtalt erhält.

Auf zweierlei Weiſe aber greift die L. C. in das be-
ſtehende Rechtsverhältniß ein: nach der Vergangenheit und
nach der Zukunft. Nach der Vergangenheit, indem die
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[23/0041] §. 258. Weſen der L. C. — I. R. R. (Fortſetzung.) Dabei iſt aber allerdings, nach der ganzen Wendung die in dieſer Zeit der Prozeß genommen hatte, der factiſche Unterſchied anzuerkennen, daß jetzt ſehr häufig, wohl in den meiſten Fällen, die L. C. in dem Rechtsſtreit merklich ſpäter eintreten mochte als in dem älteren Prozeß. §. 258. Weſen der Litis Conteſtation — I. R. R. (Fortſetzung.) Bisher iſt die äußerliche Natur der L. C. in Erwä- gung gezogen worden: die Form, der Zeitpunkt, die Be- zeichnung dieſer Prozeßhandlung. Ich wende mich nun zur Unterſuchung ihres inneren oder juriſtiſchen Weſens, welche noch wichtiger iſt als jene erſte Erwägung, theils weil ſie unmittelbar mit den Wirkungen zuſammenhängt, theils weil ſie ein bleibenderes, von dem Wechſel hiſto- riſcher Zuſtände weniger abhängiges, auch für unſere Zeit gültiges Intereſſe mit ſich führt. Es muß hier daran erinnert werden, daß jedes Klag- recht, ohne Unterſchied des Rechts welches ihm zum Grunde liegt, die Natur einer Obligation mit ſich führt (§ 205). Die L. C. nun iſt als diejenige Prozeßhandlung zu denken, wodurch dieſe Obligation ein wirkliches Daſeyn und zugleich eine beſtimmte Geſtalt erhält. Auf zweierlei Weiſe aber greift die L. C. in das be- ſtehende Rechtsverhältniß ein: nach der Vergangenheit und nach der Zukunft. Nach der Vergangenheit, indem die vorhandene Klage in judicium deducirt, und dadurch

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/41>, abgerufen am 28.03.2024.