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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847.

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Appellatio und Provocatio.
fassungsmäßige Stellung der Tribunen. Bald wird von
ihnen gesagt, sie hätten keinen Theil an der Rechtspflege (m).
Dagegen werden sie in unzweideutigen anderen Stellen
mitten unter den richterlichen Obrigkeiten aufgezählt, und
selbst als Recht sprechend erwähnt (n). Es wird beson-
ders bemerkt, daß sie stets in der Lage seyen, in den
Civilprozeß eingreifen zu können, und daß es deshalb nicht
für schicklich erachtet werden könne, wenn sie während
ihrer Amtsführung für Andere als Sachwalter auftreten
wollten (o).

VII.

Die hier aufgestellten allgemeinen Ansichten von der
provocatio und appellatio, ihrer Ähnlichkeit und Verschie-
denheit, werden durch folgende Reihe von Beispielen aus
der Römischen Geschichte sowohl Anschaulichkeit als Be-
stätigung erhalten.

Besonders wichtig sind hier die Ereignisse während der
kurzen Regierung der Decemvirn und gleich nach dem
Sturze derselben, indem dabei die beiden oben genannten
Institute neben einander, und in ihrer verschiedenartigen
Wirksamkeit, erwähnt werden.

Die Decemvirn wurden ernannt sine provocatione,
das heißt so, daß von ihren Strafurtheilen eine Berufung

(m) Gellius XIII. 12. "Tri-
buni antiquitus creati videntur
non juri dicundo."
(n) Auct. ad Herennium II.
13, L. 2 § 34 de orig. jur.
(1. 2).
(o) Plinius epist. I. 23.

Appellatio und Provocatio.
faſſungsmäßige Stellung der Tribunen. Bald wird von
ihnen geſagt, ſie hätten keinen Theil an der Rechtspflege (m).
Dagegen werden ſie in unzweideutigen anderen Stellen
mitten unter den richterlichen Obrigkeiten aufgezählt, und
ſelbſt als Recht ſprechend erwähnt (n). Es wird beſon-
ders bemerkt, daß ſie ſtets in der Lage ſeyen, in den
Civilprozeß eingreifen zu können, und daß es deshalb nicht
für ſchicklich erachtet werden könne, wenn ſie während
ihrer Amtsführung für Andere als Sachwalter auftreten
wollten (o).

VII.

Die hier aufgeſtellten allgemeinen Anſichten von der
provocatio und appellatio, ihrer Ähnlichkeit und Verſchie-
denheit, werden durch folgende Reihe von Beiſpielen aus
der Römiſchen Geſchichte ſowohl Anſchaulichkeit als Be-
ſtätigung erhalten.

Beſonders wichtig ſind hier die Ereigniſſe während der
kurzen Regierung der Decemvirn und gleich nach dem
Sturze derſelben, indem dabei die beiden oben genannten
Inſtitute neben einander, und in ihrer verſchiedenartigen
Wirkſamkeit, erwähnt werden.

Die Decemvirn wurden ernannt sine provocatione,
das heißt ſo, daß von ihren Strafurtheilen eine Berufung

(m) Gellius XIII. 12. „Tri-
buni antiquitus creati videntur
non juri dicundo.“
(n) Auct. ad Herennium II.
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[491/0509] Appellatio und Provocatio. faſſungsmäßige Stellung der Tribunen. Bald wird von ihnen geſagt, ſie hätten keinen Theil an der Rechtspflege (m). Dagegen werden ſie in unzweideutigen anderen Stellen mitten unter den richterlichen Obrigkeiten aufgezählt, und ſelbſt als Recht ſprechend erwähnt (n). Es wird beſon- ders bemerkt, daß ſie ſtets in der Lage ſeyen, in den Civilprozeß eingreifen zu können, und daß es deshalb nicht für ſchicklich erachtet werden könne, wenn ſie während ihrer Amtsführung für Andere als Sachwalter auftreten wollten (o). VII. Die hier aufgeſtellten allgemeinen Anſichten von der provocatio und appellatio, ihrer Ähnlichkeit und Verſchie- denheit, werden durch folgende Reihe von Beiſpielen aus der Römiſchen Geſchichte ſowohl Anſchaulichkeit als Be- ſtätigung erhalten. Beſonders wichtig ſind hier die Ereigniſſe während der kurzen Regierung der Decemvirn und gleich nach dem Sturze derſelben, indem dabei die beiden oben genannten Inſtitute neben einander, und in ihrer verſchiedenartigen Wirkſamkeit, erwähnt werden. Die Decemvirn wurden ernannt sine provocatione, das heißt ſo, daß von ihren Strafurtheilen eine Berufung (m) Gellius XIII. 12. „Tri- buni antiquitus creati videntur non juri dicundo.“ (n) Auct. ad Herennium II. 13, L. 2 § 34 de orig. jur. (1. 2). (o) Plinius epist. I. 23.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 6. Berlin, 1847, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system06_1847/509>, abgerufen am 28.03.2024.