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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848.

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§. 306. Surrogate. I. Geständniß. Widerruf.
vor dem Juder, war eine solche Veränderung nicht mehr
möglich, ohne auf den Prätor zurück zu gehen und Re-
stitution zu erlangen (f).

Wenn ferner das Eingestandene in Folge von Rechts-
regeln als unmöglich erkannt werden muß, so bedarf es
keiner Restitution, und auch schon der Römische Judex
mußte diesem Geständniß jede Wirkung verfagen. Wenn
also eine Noxalklage angestellt wurde wegen der Handlung
eines Sklaven oder Sohnes gegen den vermeintlichen Herrn
oder Vater, welcher auf Befragen das Daseyn der po-
testas
einräumte, so war dieses Geständniß allerdings hin-
reichend, um gerade ihn zum Schuldner zu machen, und
also die Schuld vom wahren Herrn oder Vater auf ihn
zu übertragen. Wenn aber hinterher bewiesen wurde,
daß der Thäter gar nicht Sklave oder Sohn, sondern frei
und unabhängig war, oder daß der Geständige gar nicht
des Eigenthums (über einen Sklaven) fähig, oder seines
Alters wegen nicht der väterlichen Gewalt über den (viel-
leicht älteren) Thäter fähig war, so sollte in allen diesen
Fällen dem Geständniß alle Wirkung versagt werden (g).

Dieses ist nun die einzige Beziehung, in welcher dem
Beweis der Unmöglichkeit, worauf Manche einen unver-

(f) L. 11 § 12 de interr.
(11. 1), "licere responsi poeni-
tere." L. 26 § 5 de nox. act.

(9. 4).
(g) L. 13. 14. 16 de interr.
(11. 1). In diesem Sinn heißt
es in den angeführten Stellen:
"quia falsae confessiones natu-
ralibus convenire deberent",

und: "si id, quod in confessio-
nem venit, et jus et naturam
recipere potest".
VII. 3

§. 306. Surrogate. I. Geſtändniß. Widerruf.
vor dem Juder, war eine ſolche Veränderung nicht mehr
möglich, ohne auf den Prätor zurück zu gehen und Re-
ſtitution zu erlangen (f).

Wenn ferner das Eingeſtandene in Folge von Rechts-
regeln als unmöglich erkannt werden muß, ſo bedarf es
keiner Reſtitution, und auch ſchon der Römiſche Judex
mußte dieſem Geſtändniß jede Wirkung verfagen. Wenn
alſo eine Noxalklage angeſtellt wurde wegen der Handlung
eines Sklaven oder Sohnes gegen den vermeintlichen Herrn
oder Vater, welcher auf Befragen das Daſeyn der po-
testas
einräumte, ſo war dieſes Geſtändniß allerdings hin-
reichend, um gerade ihn zum Schuldner zu machen, und
alſo die Schuld vom wahren Herrn oder Vater auf ihn
zu übertragen. Wenn aber hinterher bewieſen wurde,
daß der Thäter gar nicht Sklave oder Sohn, ſondern frei
und unabhängig war, oder daß der Geſtändige gar nicht
des Eigenthums (über einen Sklaven) fähig, oder ſeines
Alters wegen nicht der väterlichen Gewalt über den (viel-
leicht älteren) Thäter fähig war, ſo ſollte in allen dieſen
Fällen dem Geſtändniß alle Wirkung verſagt werden (g).

Dieſes iſt nun die einzige Beziehung, in welcher dem
Beweis der Unmöglichkeit, worauf Manche einen unver-

(f) L. 11 § 12 de interr.
(11. 1), „licere responsi poeni-
tere.“ L. 26 § 5 de nox. act.

(9. 4).
(g) L. 13. 14. 16 de interr.
(11. 1). In dieſem Sinn heißt
es in den angeführten Stellen:
„quia falsae confessiones natu-
ralibus convenire deberent“,

und: „si id, quod in confessio-
nem venit, et jus et naturam
recipere potest“.
VII. 3
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[33/0055] §. 306. Surrogate. I. Geſtändniß. Widerruf. vor dem Juder, war eine ſolche Veränderung nicht mehr möglich, ohne auf den Prätor zurück zu gehen und Re- ſtitution zu erlangen (f). Wenn ferner das Eingeſtandene in Folge von Rechts- regeln als unmöglich erkannt werden muß, ſo bedarf es keiner Reſtitution, und auch ſchon der Römiſche Judex mußte dieſem Geſtändniß jede Wirkung verfagen. Wenn alſo eine Noxalklage angeſtellt wurde wegen der Handlung eines Sklaven oder Sohnes gegen den vermeintlichen Herrn oder Vater, welcher auf Befragen das Daſeyn der po- testas einräumte, ſo war dieſes Geſtändniß allerdings hin- reichend, um gerade ihn zum Schuldner zu machen, und alſo die Schuld vom wahren Herrn oder Vater auf ihn zu übertragen. Wenn aber hinterher bewieſen wurde, daß der Thäter gar nicht Sklave oder Sohn, ſondern frei und unabhängig war, oder daß der Geſtändige gar nicht des Eigenthums (über einen Sklaven) fähig, oder ſeines Alters wegen nicht der väterlichen Gewalt über den (viel- leicht älteren) Thäter fähig war, ſo ſollte in allen dieſen Fällen dem Geſtändniß alle Wirkung verſagt werden (g). Dieſes iſt nun die einzige Beziehung, in welcher dem Beweis der Unmöglichkeit, worauf Manche einen unver- (f) L. 11 § 12 de interr. (11. 1), „licere responsi poeni- tere.“ L. 26 § 5 de nox. act. (9. 4). (g) L. 13. 14. 16 de interr. (11. 1). In dieſem Sinn heißt es in den angeführten Stellen: „quia falsae confessiones natu- ralibus convenire deberent“, und: „si id, quod in confessio- nem venit, et jus et naturam recipere potest“. VII. 3

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 7. Berlin, 1848, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system07_1848/55>, abgerufen am 29.03.2024.