Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
§. 386. A.Erwerb der Rechte. Grundsatz. (Fortsetzung.)
Der Grundsatz für die den Erwerb der Rechte betreffen- den Regeln ist bisher nur von dem Standpunkt einer allgemeinen Betrachtung über die Natur und Bestimmung der Gesetze erwogen worden; ich wende mich nun zu den Aussprüchen der Gesetzgebung über diese wichtige Frage.
Hier tritt uns zunächst entgegen eine für den Orient von K. Theodosius II. im J. 440 erlassene Verord- nung (a), die auf alle spätere Zeiten, sowohl in der Ge- setzgebung, als in der Praxis, und in der Lehre der Schrift- steller, den entschiedensten Einfluß ausgeübt hat. Sie lautet also: Leges et constitutiones futuris certum est dare formam negotiis, non ad facta praeterita revo- cari, nisi nominatim et de praeterito tempore et adhuc pendentibus negotiis cautum sit.
Der wichtige Inhalt dieser Berordnung, der die bisher vorgetragene Lehre völlig bestätigt, läßt sich auf folgende Hauptsätze zurückführen.
Sie unterscheidet nicht zwischen vergangenen und künf- tigen Wirkungen juristischer Thatsachen, sondern zwischen
(a)L. 7 C. de legibus (1. 14). -- Die Stelle wird wörtlich wieder- holt in einer Decretale von GregorIX., C. 13 X. de constit. (1. 2). Dem Inhalt nach stimmt damit überein C. 2 X. eod.
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
§. 386. A.Erwerb der Rechte. Grundſatz. (Fortſetzung.)
Der Grundſatz für die den Erwerb der Rechte betreffen- den Regeln iſt bisher nur von dem Standpunkt einer allgemeinen Betrachtung über die Natur und Beſtimmung der Geſetze erwogen worden; ich wende mich nun zu den Ausſprüchen der Geſetzgebung über dieſe wichtige Frage.
Hier tritt uns zunächſt entgegen eine für den Orient von K. Theodoſius II. im J. 440 erlaſſene Verord- nung (a), die auf alle ſpätere Zeiten, ſowohl in der Ge- ſetzgebung, als in der Praxis, und in der Lehre der Schrift- ſteller, den entſchiedenſten Einfluß ausgeübt hat. Sie lautet alſo: Leges et constitutiones futuris certum est dare formam negotiis, non ad facta praeterita revo- cari, nisi nominatim et de praeterito tempore et adhuc pendentibus negotiis cautum sit.
Der wichtige Inhalt dieſer Berordnung, der die bisher vorgetragene Lehre völlig beſtätigt, läßt ſich auf folgende Hauptſätze zurückführen.
Sie unterſcheidet nicht zwiſchen vergangenen und künf- tigen Wirkungen juriſtiſcher Thatſachen, ſondern zwiſchen
(a)L. 7 C. de legibus (1. 14). — Die Stelle wird wörtlich wieder- holt in einer Decretale von GregorIX., C. 13 X. de constit. (1. 2). Dem Inhalt nach ſtimmt damit überein C. 2 X. eod.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0414"n="392"/><fwplace="top"type="header">Buch <hirendition="#aq">III.</hi> Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. <hirendition="#aq">II.</hi> Zeitliche Gränzen.</fw><lb/><divn="3"><head>§. 386.<lb/><hirendition="#aq">A.</hi><hirendition="#g">Erwerb der Rechte. Grundſatz. (Fortſetzung.)</hi></head><lb/><p>Der Grundſatz für die den Erwerb der Rechte betreffen-<lb/>
den Regeln iſt bisher nur von dem Standpunkt einer<lb/>
allgemeinen Betrachtung über die Natur und Beſtimmung<lb/>
der Geſetze erwogen worden; ich wende mich nun zu<lb/>
den Ausſprüchen der Geſetzgebung über dieſe wichtige<lb/>
Frage.</p><lb/><p>Hier tritt uns zunächſt entgegen eine für den Orient<lb/>
von K. <hirendition="#g">Theodoſius <hirendition="#aq">II.</hi></hi> im J. 440 erlaſſene Verord-<lb/>
nung <noteplace="foot"n="(a)"><hirendition="#aq"><hirendition="#i">L.</hi> 7 <hirendition="#i">C. de legibus</hi></hi> (1. 14). — Die Stelle wird wörtlich wieder-<lb/>
holt in einer Decretale von <hirendition="#g">Gregor</hi><hirendition="#aq">IX.</hi>, <hirendition="#aq"><hirendition="#i">C.</hi> 13 <hirendition="#i">X. de constit.</hi></hi><lb/>
(1. 2). Dem Inhalt nach ſtimmt damit überein <hirendition="#aq"><hirendition="#i">C.</hi> 2 <hirendition="#i">X. eod.</hi></hi></note>, die auf alle ſpätere Zeiten, ſowohl in der Ge-<lb/>ſetzgebung, als in der Praxis, und in der Lehre der Schrift-<lb/>ſteller, den entſchiedenſten Einfluß ausgeübt hat. Sie<lb/>
lautet alſo:<lb/><hirendition="#et"><hirendition="#aq">Leges et constitutiones futuris certum est dare<lb/>
formam negotiis, non ad facta praeterita revo-<lb/>
cari, nisi nominatim et de praeterito tempore<lb/>
et adhuc pendentibus negotiis cautum sit.</hi></hi></p><lb/><p>Der wichtige Inhalt dieſer Berordnung, der die bisher<lb/>
vorgetragene Lehre völlig beſtätigt, läßt ſich auf folgende<lb/>
Hauptſätze zurückführen.</p><lb/><p>Sie unterſcheidet nicht zwiſchen vergangenen und künf-<lb/>
tigen <hirendition="#g">Wirkungen</hi> juriſtiſcher Thatſachen, ſondern zwiſchen<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[392/0414]
Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. II. Zeitliche Gränzen.
§. 386.
A. Erwerb der Rechte. Grundſatz. (Fortſetzung.)
Der Grundſatz für die den Erwerb der Rechte betreffen-
den Regeln iſt bisher nur von dem Standpunkt einer
allgemeinen Betrachtung über die Natur und Beſtimmung
der Geſetze erwogen worden; ich wende mich nun zu
den Ausſprüchen der Geſetzgebung über dieſe wichtige
Frage.
Hier tritt uns zunächſt entgegen eine für den Orient
von K. Theodoſius II. im J. 440 erlaſſene Verord-
nung (a), die auf alle ſpätere Zeiten, ſowohl in der Ge-
ſetzgebung, als in der Praxis, und in der Lehre der Schrift-
ſteller, den entſchiedenſten Einfluß ausgeübt hat. Sie
lautet alſo:
Leges et constitutiones futuris certum est dare
formam negotiis, non ad facta praeterita revo-
cari, nisi nominatim et de praeterito tempore
et adhuc pendentibus negotiis cautum sit.
Der wichtige Inhalt dieſer Berordnung, der die bisher
vorgetragene Lehre völlig beſtätigt, läßt ſich auf folgende
Hauptſätze zurückführen.
Sie unterſcheidet nicht zwiſchen vergangenen und künf-
tigen Wirkungen juriſtiſcher Thatſachen, ſondern zwiſchen
(a) L. 7 C. de legibus (1. 14). — Die Stelle wird wörtlich wieder-
holt in einer Decretale von Gregor IX., C. 13 X. de constit.
(1. 2). Dem Inhalt nach ſtimmt damit überein C. 2 X. eod.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/414>, abgerufen am 24.04.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.