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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
führt worden sind; dann aber auch die anderen Gründe,
die überhaupt gegen das örtliche Recht des urtheilenden
Richters als durchgreifende Regel sprechen (§ 361. Nr. 3).
Und hier besonders muß daran erinnert werden, wie grell
sich die Anwendung jener Meinung darstellt in den Ländern,
worin der volle Landsassiat gilt. Denn da würde Jeder,
der einen unbedeutenden Grundbesitz in einem solchen Lande
hat, durch die bloße Willkür seines Gegners, einem ihm
völlig fremden Rechte in der Beurtheilung der rechtlichen
Wirkungen seiner eigenen persönlichen Zustände unterworfen
werden können.

Meine Meinung geht also vielmehr dahin, daß Jeder
in seinen persönlichen Zuständen stets nach dem Recht seines
Wohnsitzes zu beurtheilen ist; ohne Unterschied, ob darüber
im Inland oder im Ausland geurtheilt werde; eben so
aber auch ohne Unterschied, ob die persönliche Eigenschaft
an sich, oder die rechtliche Wirkung derselben, beurtheilt
werden soll.

Dabei sollen jedoch keinesweges die praktischen Schwie-
rigkeiten verkannt werden, die mit der Anwendung dieses
Grundsatzes in einzelnen Fällen verbunden seyn können.
Bei dem Vertrag mit einem Ausländer mag es zuweilen
schwer seyn, das örtliche Recht seiner Heimath sicher zu
erkennen; allein diese Schwierigkeit wird auch durch die
hier verworfene Unterscheidung nicht beseitigt, nur im Um-
fang verringert. Es wird also Nichts übrig bleiben, als
in Fällen solcher Art genaue Erkundigungen einzuziehen,

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
führt worden ſind; dann aber auch die anderen Gründe,
die überhaupt gegen das örtliche Recht des urtheilenden
Richters als durchgreifende Regel ſprechen (§ 361. Nr. 3).
Und hier beſonders muß daran erinnert werden, wie grell
ſich die Anwendung jener Meinung darſtellt in den Ländern,
worin der volle Landſaſſiat gilt. Denn da würde Jeder,
der einen unbedeutenden Grundbeſitz in einem ſolchen Lande
hat, durch die bloße Willkür ſeines Gegners, einem ihm
völlig fremden Rechte in der Beurtheilung der rechtlichen
Wirkungen ſeiner eigenen perſönlichen Zuſtände unterworfen
werden können.

Meine Meinung geht alſo vielmehr dahin, daß Jeder
in ſeinen perſönlichen Zuſtänden ſtets nach dem Recht ſeines
Wohnſitzes zu beurtheilen iſt; ohne Unterſchied, ob darüber
im Inland oder im Ausland geurtheilt werde; eben ſo
aber auch ohne Unterſchied, ob die perſönliche Eigenſchaft
an ſich, oder die rechtliche Wirkung derſelben, beurtheilt
werden ſoll.

Dabei ſollen jedoch keinesweges die praktiſchen Schwie-
rigkeiten verkannt werden, die mit der Anwendung dieſes
Grundſatzes in einzelnen Fällen verbunden ſeyn können.
Bei dem Vertrag mit einem Ausländer mag es zuweilen
ſchwer ſeyn, das örtliche Recht ſeiner Heimath ſicher zu
erkennen; allein dieſe Schwierigkeit wird auch durch die
hier verworfene Unterſcheidung nicht beſeitigt, nur im Um-
fang verringert. Es wird alſo Nichts übrig bleiben, als
in Fällen ſolcher Art genaue Erkundigungen einzuziehen,

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[140/0162] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. führt worden ſind; dann aber auch die anderen Gründe, die überhaupt gegen das örtliche Recht des urtheilenden Richters als durchgreifende Regel ſprechen (§ 361. Nr. 3). Und hier beſonders muß daran erinnert werden, wie grell ſich die Anwendung jener Meinung darſtellt in den Ländern, worin der volle Landſaſſiat gilt. Denn da würde Jeder, der einen unbedeutenden Grundbeſitz in einem ſolchen Lande hat, durch die bloße Willkür ſeines Gegners, einem ihm völlig fremden Rechte in der Beurtheilung der rechtlichen Wirkungen ſeiner eigenen perſönlichen Zuſtände unterworfen werden können. Meine Meinung geht alſo vielmehr dahin, daß Jeder in ſeinen perſönlichen Zuſtänden ſtets nach dem Recht ſeines Wohnſitzes zu beurtheilen iſt; ohne Unterſchied, ob darüber im Inland oder im Ausland geurtheilt werde; eben ſo aber auch ohne Unterſchied, ob die perſönliche Eigenſchaft an ſich, oder die rechtliche Wirkung derſelben, beurtheilt werden ſoll. Dabei ſollen jedoch keinesweges die praktiſchen Schwie- rigkeiten verkannt werden, die mit der Anwendung dieſes Grundſatzes in einzelnen Fällen verbunden ſeyn können. Bei dem Vertrag mit einem Ausländer mag es zuweilen ſchwer ſeyn, das örtliche Recht ſeiner Heimath ſicher zu erkennen; allein dieſe Schwierigkeit wird auch durch die hier verworfene Unterſcheidung nicht beſeitigt, nur im Um- fang verringert. Es wird alſo Nichts übrig bleiben, als in Fällen ſolcher Art genaue Erkundigungen einzuziehen,

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/162>, abgerufen am 29.03.2024.