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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
die leichtesten Bedingungen stellt (p). Diese in der That
beabsichtigte Vorschrift konnte ohne besondere Gefahr so
ausgedrückt werden, wie es hier geschehen ist, weil man
im Voraus gewiß seyn konnte, daß kein fremdes Gesetz in
der Beschränkung der persönlichen Wechselfähigkeit so weit
gehen würde, wie das Preußische. Unter dieser Voraus-
setzung aber reichte der negative Satz des § 931 für den
praktischen Zweck völlig aus, obgleich ein einfacherer Aus-
druck der eigentlichen Absicht wünschenswerth gewesen wäre
zur Verhütung von Mißverständnissen. -- Ist nun aber,
wie ich glaube, der § 931 keine abweichende Vorschrift,
sondern nur eine einfache Anwendung der allgemeinen
Grundsätze, so bedarf es für ihn auch keiner besonderen
Erklärung und Rechtfertigung (q). Höchstens könnte man
fragen, warum der vormundschaftliche Schutz gegen die
Gefahren der Wechselstrenge, um dessen Willen das Land-

(p) Vgl. Ergänzungen etc. von
Gräff etc. B. 4 S. 804. -- Der
Unterschied vom § 35 der Ein-
leitung muß allerdings eintreten,
daß bei dem Wechsel nicht die
Einschränkung des § 35 hinzuge-
dacht werden darf, nach welcher
das Geschäft nur die im Inland
befindlichen Sachen betreffen darf.
Dieser Unterschied liegt aber in
der Natur und dem Gegenstand
des Wechsels.
(q) Die Ansicht von Koch
(s. o. Note k) ist, wie ich glaube,
mit dieser Bestimmung nicht wohl
vereinbar. Es läßt sich denken,
daß dem Preußischen Handelsstand
der aus dem Wechselgeschäft zu
ziehende Vortheil als ein Privile-
gium, mit Ausschließung der
übrigen Landeseinwohner, zugestan-
den worden wäre, welches nur in
der Absicht geschehen seyn könnte,
um den Handelsstand zu begün-
stigen. Dann wäre es aber völlig
inconsequent gewesen, den in das
Land kommenden Ausländern (auch
den Nichtkaufleuten) den Mitgenuß
jenes Vortheils zu gestatten,
während man ihn den gleichartigen
eigenen Unterthanen versagte.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
die leichteſten Bedingungen ſtellt (p). Dieſe in der That
beabſichtigte Vorſchrift konnte ohne beſondere Gefahr ſo
ausgedrückt werden, wie es hier geſchehen iſt, weil man
im Voraus gewiß ſeyn konnte, daß kein fremdes Geſetz in
der Beſchränkung der perſönlichen Wechſelfähigkeit ſo weit
gehen würde, wie das Preußiſche. Unter dieſer Voraus-
ſetzung aber reichte der negative Satz des § 931 für den
praktiſchen Zweck völlig aus, obgleich ein einfacherer Aus-
druck der eigentlichen Abſicht wünſchenswerth geweſen wäre
zur Verhütung von Mißverſtändniſſen. — Iſt nun aber,
wie ich glaube, der § 931 keine abweichende Vorſchrift,
ſondern nur eine einfache Anwendung der allgemeinen
Grundſätze, ſo bedarf es für ihn auch keiner beſonderen
Erklärung und Rechtfertigung (q). Höchſtens könnte man
fragen, warum der vormundſchaftliche Schutz gegen die
Gefahren der Wechſelſtrenge, um deſſen Willen das Land-

(p) Vgl. Ergänzungen ꝛc. von
Gräff ꝛc. B. 4 S. 804. — Der
Unterſchied vom § 35 der Ein-
leitung muß allerdings eintreten,
daß bei dem Wechſel nicht die
Einſchränkung des § 35 hinzuge-
dacht werden darf, nach welcher
das Geſchäft nur die im Inland
befindlichen Sachen betreffen darf.
Dieſer Unterſchied liegt aber in
der Natur und dem Gegenſtand
des Wechſels.
(q) Die Anſicht von Koch
(ſ. o. Note k) iſt, wie ich glaube,
mit dieſer Beſtimmung nicht wohl
vereinbar. Es läßt ſich denken,
daß dem Preußiſchen Handelsſtand
der aus dem Wechſelgeſchäft zu
ziehende Vortheil als ein Privile-
gium, mit Ausſchließung der
übrigen Landeseinwohner, zugeſtan-
den worden wäre, welches nur in
der Abſicht geſchehen ſeyn könnte,
um den Handelsſtand zu begün-
ſtigen. Dann wäre es aber völlig
inconſequent geweſen, den in das
Land kommenden Ausländern (auch
den Nichtkaufleuten) den Mitgenuß
jenes Vortheils zu geſtatten,
während man ihn den gleichartigen
eigenen Unterthanen verſagte.
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[158/0180] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. die leichteſten Bedingungen ſtellt (p). Dieſe in der That beabſichtigte Vorſchrift konnte ohne beſondere Gefahr ſo ausgedrückt werden, wie es hier geſchehen iſt, weil man im Voraus gewiß ſeyn konnte, daß kein fremdes Geſetz in der Beſchränkung der perſönlichen Wechſelfähigkeit ſo weit gehen würde, wie das Preußiſche. Unter dieſer Voraus- ſetzung aber reichte der negative Satz des § 931 für den praktiſchen Zweck völlig aus, obgleich ein einfacherer Aus- druck der eigentlichen Abſicht wünſchenswerth geweſen wäre zur Verhütung von Mißverſtändniſſen. — Iſt nun aber, wie ich glaube, der § 931 keine abweichende Vorſchrift, ſondern nur eine einfache Anwendung der allgemeinen Grundſätze, ſo bedarf es für ihn auch keiner beſonderen Erklärung und Rechtfertigung (q). Höchſtens könnte man fragen, warum der vormundſchaftliche Schutz gegen die Gefahren der Wechſelſtrenge, um deſſen Willen das Land- (p) Vgl. Ergänzungen ꝛc. von Gräff ꝛc. B. 4 S. 804. — Der Unterſchied vom § 35 der Ein- leitung muß allerdings eintreten, daß bei dem Wechſel nicht die Einſchränkung des § 35 hinzuge- dacht werden darf, nach welcher das Geſchäft nur die im Inland befindlichen Sachen betreffen darf. Dieſer Unterſchied liegt aber in der Natur und dem Gegenſtand des Wechſels. (q) Die Anſicht von Koch (ſ. o. Note k) iſt, wie ich glaube, mit dieſer Beſtimmung nicht wohl vereinbar. Es läßt ſich denken, daß dem Preußiſchen Handelsſtand der aus dem Wechſelgeſchäft zu ziehende Vortheil als ein Privile- gium, mit Ausſchließung der übrigen Landeseinwohner, zugeſtan- den worden wäre, welches nur in der Abſicht geſchehen ſeyn könnte, um den Handelsſtand zu begün- ſtigen. Dann wäre es aber völlig inconſequent geweſen, den in das Land kommenden Ausländern (auch den Nichtkaufleuten) den Mitgenuß jenes Vortheils zu geſtatten, während man ihn den gleichartigen eigenen Unterthanen verſagte.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/180>, abgerufen am 29.03.2024.