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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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Buch III. Herrschaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Recht beide Arten des Gerichtsstandes in der Art concur-
riren, daß der Kläger zwischen beiden die Wahl hat; als-
dann ist die lex domicilii des Beklagten anzuwenden auf
alle, die Eigenthumsklage betreffende, Rechtsfragen. Es ist
nicht zu verkennen, daß durch diese alternative Regel eine
bedenkliche Willkür in die Hand des Klägers gelegt wird;
sie ist aber hier unvermeidlich.

Eine große Verschiedenheit zwischen den Gesetzgebungen
findet sich in Ansehung der Beschränkung der Eigenthums-
klage. Das Römische Recht läßt die Klage unbedingt zu ge-
gen jeden Besitzer, der nicht Eigenthümer ist, und zwar ohne
Anspruch dieses Besitzers auf Ersatz des ausgelegten Kauf-
preises. -- Das Preußische Recht läßt gleichfalls die un-
bedingte Vindication zu, jedoch mit Vorbehalt des eben
erwähnten Ersatzes an den redlichen Besitzer (m). -- Das
Französische Recht läßt in der Regel gar keine Vindication
beweglicher Sachen zu, und macht davon nur einige Aus-
nahmen: bei gestohlenen oder verlorenen Sachen binnen
drei Jahren, und bei verkauften, noch unbezahlt gebliebenen
Sachen, die gegen den Käufer binnen acht Tagen vindicirt
werden können (n). Der eine oder der andere dieser Grund-
sätze wird zur Anwendung kommen müssen, je nachdem an
dem Ort des Gerichts, vor welchem der Prozeß geführt
wird, das Römische, das Preußische, das Französische
Recht gilt.


(m) A. L. R. I. 15 § 1. 26.
art. 2102 N. 4.
(n) Code civil art. 2279.

Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen.
Recht beide Arten des Gerichtsſtandes in der Art concur-
riren, daß der Kläger zwiſchen beiden die Wahl hat; als-
dann iſt die lex domicilii des Beklagten anzuwenden auf
alle, die Eigenthumsklage betreffende, Rechtsfragen. Es iſt
nicht zu verkennen, daß durch dieſe alternative Regel eine
bedenkliche Willkür in die Hand des Klägers gelegt wird;
ſie iſt aber hier unvermeidlich.

Eine große Verſchiedenheit zwiſchen den Geſetzgebungen
findet ſich in Anſehung der Beſchränkung der Eigenthums-
klage. Das Römiſche Recht läßt die Klage unbedingt zu ge-
gen jeden Beſitzer, der nicht Eigenthümer iſt, und zwar ohne
Anſpruch dieſes Beſitzers auf Erſatz des ausgelegten Kauf-
preiſes. — Das Preußiſche Recht läßt gleichfalls die un-
bedingte Vindication zu, jedoch mit Vorbehalt des eben
erwähnten Erſatzes an den redlichen Beſitzer (m). — Das
Franzöſiſche Recht läßt in der Regel gar keine Vindication
beweglicher Sachen zu, und macht davon nur einige Aus-
nahmen: bei geſtohlenen oder verlorenen Sachen binnen
drei Jahren, und bei verkauften, noch unbezahlt gebliebenen
Sachen, die gegen den Käufer binnen acht Tagen vindicirt
werden können (n). Der eine oder der andere dieſer Grund-
ſätze wird zur Anwendung kommen müſſen, je nachdem an
dem Ort des Gerichts, vor welchem der Prozeß geführt
wird, das Römiſche, das Preußiſche, das Franzöſiſche
Recht gilt.


(m) A. L. R. I. 15 § 1. 26.
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(n) Code civil art. 2279.
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[188/0210] Buch III. Herrſchaft der Rechtsregeln. Kap. I. Örtliche Gränzen. Recht beide Arten des Gerichtsſtandes in der Art concur- riren, daß der Kläger zwiſchen beiden die Wahl hat; als- dann iſt die lex domicilii des Beklagten anzuwenden auf alle, die Eigenthumsklage betreffende, Rechtsfragen. Es iſt nicht zu verkennen, daß durch dieſe alternative Regel eine bedenkliche Willkür in die Hand des Klägers gelegt wird; ſie iſt aber hier unvermeidlich. Eine große Verſchiedenheit zwiſchen den Geſetzgebungen findet ſich in Anſehung der Beſchränkung der Eigenthums- klage. Das Römiſche Recht läßt die Klage unbedingt zu ge- gen jeden Beſitzer, der nicht Eigenthümer iſt, und zwar ohne Anſpruch dieſes Beſitzers auf Erſatz des ausgelegten Kauf- preiſes. — Das Preußiſche Recht läßt gleichfalls die un- bedingte Vindication zu, jedoch mit Vorbehalt des eben erwähnten Erſatzes an den redlichen Beſitzer (m). — Das Franzöſiſche Recht läßt in der Regel gar keine Vindication beweglicher Sachen zu, und macht davon nur einige Aus- nahmen: bei geſtohlenen oder verlorenen Sachen binnen drei Jahren, und bei verkauften, noch unbezahlt gebliebenen Sachen, die gegen den Käufer binnen acht Tagen vindicirt werden können (n). Der eine oder der andere dieſer Grund- ſätze wird zur Anwendung kommen müſſen, je nachdem an dem Ort des Gerichts, vor welchem der Prozeß geführt wird, das Römiſche, das Preußiſche, das Franzöſiſche Recht gilt. (m) A. L. R. I. 15 § 1. 26. art. 2102 N. 4. (n) Code civil art. 2279.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/210>, abgerufen am 29.03.2024.