Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

Bild:
<< vorherige Seite

§. 373. III. Obligationenrecht. Örtliches Recht. (Forts.)
zeichnete Urkunde, oder durch die mündliche Willenserklärung
vermittelst eines Boten, zu Stande kommt (§ 370. b). --
Hierüber nun kann nur wiederholt werden, was oben
(S. 235) über den Gerichtsstand in solchen Fällen gesagt
worden ist. Der Vertrag durch Briefwechsel ist als ge-
schlossen anzusehen an dem Orte, wo der Brief empfangen
und zustimmend beantwortet wird. Käme es also blos
darauf an, so müßte durch diesen Ort auch das örtliche
Recht bestimmt werden, und dieses ist in der That die
Meinung mehrerer Schriftsteller (a). Diese Meinung muß
aber verworfen werden, weil der Verfasser des Briefes
höchstens einem Reisenden zu vergleichen ist, der sich auf
einen Augenblick zu dem Empfänger hinbegeben hat, um
den Vertrag zu schließen; durch einen solchen ganz vorüber-
gehenden Aufenthalt aber wird, auch wenn darin ein Ver-
trag zu Stande kam, der Sitz der Obligation mit seinen
rechtlichen Folgen nicht begründet. Daher ist hier das
örtliche Recht der Obligation zu beurtheilen vor Allem
nach dem Erfüllungsort, wenn ein solcher fest bestimmt ist;
fehlt es an einer solchen Bestimmung, so gilt für jede
Partei das Recht ihres Wohnsitzes (b). -- Ganz abweichend
von diesen verschiedenen Ansichten haben andere Schriftsteller
angenommen, der durch Briefwechsel geschlossene Vertrag

(a) Hommel rhaps., obs. 409
N. 17. 18, Meier p.
59.
(b) Wächter II. S. 45 nimmt
das Recht des Wohnsitzes allge-
mein an, ohne Rücksicht auf den
Erfüllungsort.
VIII. 17

§. 373. III. Obligationenrecht. Örtliches Recht. (Fortſ.)
zeichnete Urkunde, oder durch die mündliche Willenserklärung
vermittelſt eines Boten, zu Stande kommt (§ 370. b). —
Hierüber nun kann nur wiederholt werden, was oben
(S. 235) über den Gerichtsſtand in ſolchen Fällen geſagt
worden iſt. Der Vertrag durch Briefwechſel iſt als ge-
ſchloſſen anzuſehen an dem Orte, wo der Brief empfangen
und zuſtimmend beantwortet wird. Käme es alſo blos
darauf an, ſo müßte durch dieſen Ort auch das örtliche
Recht beſtimmt werden, und dieſes iſt in der That die
Meinung mehrerer Schriftſteller (a). Dieſe Meinung muß
aber verworfen werden, weil der Verfaſſer des Briefes
höchſtens einem Reiſenden zu vergleichen iſt, der ſich auf
einen Augenblick zu dem Empfänger hinbegeben hat, um
den Vertrag zu ſchließen; durch einen ſolchen ganz vorüber-
gehenden Aufenthalt aber wird, auch wenn darin ein Ver-
trag zu Stande kam, der Sitz der Obligation mit ſeinen
rechtlichen Folgen nicht begründet. Daher iſt hier das
örtliche Recht der Obligation zu beurtheilen vor Allem
nach dem Erfüllungsort, wenn ein ſolcher feſt beſtimmt iſt;
fehlt es an einer ſolchen Beſtimmung, ſo gilt für jede
Partei das Recht ihres Wohnſitzes (b). — Ganz abweichend
von dieſen verſchiedenen Anſichten haben andere Schriftſteller
angenommen, der durch Briefwechſel geſchloſſene Vertrag

(a) Hommel rhaps., obs. 409
N. 17. 18, Meier p.
59.
(b) Wächter II. S. 45 nimmt
das Recht des Wohnſitzes allge-
mein an, ohne Rückſicht auf den
Erfüllungsort.
VIII. 17
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0279" n="257"/><fw place="top" type="header">§. 373. <hi rendition="#aq">III.</hi> Obligationenrecht. Örtliches Recht. (Fort&#x017F;.)</fw><lb/>
zeichnete Urkunde, oder durch die mündliche Willenserklärung<lb/>
vermittel&#x017F;t eines Boten, zu Stande kommt (§ 370. <hi rendition="#aq">b</hi>). &#x2014;<lb/>
Hierüber nun kann nur wiederholt werden, was oben<lb/>
(S. 235) über den Gerichts&#x017F;tand in &#x017F;olchen Fällen ge&#x017F;agt<lb/>
worden i&#x017F;t. Der Vertrag durch Briefwech&#x017F;el i&#x017F;t als ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en anzu&#x017F;ehen an dem Orte, wo der Brief empfangen<lb/>
und zu&#x017F;timmend beantwortet wird. Käme es al&#x017F;o blos<lb/>
darauf an, &#x017F;o müßte durch die&#x017F;en Ort auch das örtliche<lb/>
Recht be&#x017F;timmt werden, und die&#x017F;es i&#x017F;t in der That die<lb/>
Meinung mehrerer Schrift&#x017F;teller <note place="foot" n="(a)"><hi rendition="#aq"><hi rendition="#k">Hommel</hi> rhaps., obs. 409<lb/>
N. 17. 18, <hi rendition="#k">Meier</hi> p.</hi> 59.</note>. Die&#x017F;e Meinung muß<lb/>
aber verworfen werden, weil der Verfa&#x017F;&#x017F;er des Briefes<lb/>
höch&#x017F;tens einem Rei&#x017F;enden zu vergleichen i&#x017F;t, der &#x017F;ich auf<lb/>
einen Augenblick zu dem Empfänger hinbegeben hat, um<lb/>
den Vertrag zu &#x017F;chließen; durch einen &#x017F;olchen ganz vorüber-<lb/>
gehenden Aufenthalt aber wird, auch wenn darin ein Ver-<lb/>
trag zu Stande kam, der Sitz der Obligation mit &#x017F;einen<lb/>
rechtlichen Folgen nicht begründet. Daher i&#x017F;t hier das<lb/>
örtliche Recht der Obligation zu beurtheilen vor Allem<lb/>
nach dem Erfüllungsort, wenn ein &#x017F;olcher fe&#x017F;t be&#x017F;timmt i&#x017F;t;<lb/>
fehlt es an einer &#x017F;olchen Be&#x017F;timmung, &#x017F;o gilt für jede<lb/>
Partei das Recht ihres Wohn&#x017F;itzes <note place="foot" n="(b)"><hi rendition="#g">Wächter</hi><hi rendition="#aq">II.</hi> S. 45 nimmt<lb/>
das Recht des Wohn&#x017F;itzes allge-<lb/>
mein an, ohne Rück&#x017F;icht auf den<lb/>
Erfüllungsort.</note>. &#x2014; Ganz abweichend<lb/>
von die&#x017F;en ver&#x017F;chiedenen An&#x017F;ichten haben andere Schrift&#x017F;teller<lb/>
angenommen, der durch Briefwech&#x017F;el ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;ene Vertrag<lb/>
<fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">VIII.</hi> 17</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[257/0279] §. 373. III. Obligationenrecht. Örtliches Recht. (Fortſ.) zeichnete Urkunde, oder durch die mündliche Willenserklärung vermittelſt eines Boten, zu Stande kommt (§ 370. b). — Hierüber nun kann nur wiederholt werden, was oben (S. 235) über den Gerichtsſtand in ſolchen Fällen geſagt worden iſt. Der Vertrag durch Briefwechſel iſt als ge- ſchloſſen anzuſehen an dem Orte, wo der Brief empfangen und zuſtimmend beantwortet wird. Käme es alſo blos darauf an, ſo müßte durch dieſen Ort auch das örtliche Recht beſtimmt werden, und dieſes iſt in der That die Meinung mehrerer Schriftſteller (a). Dieſe Meinung muß aber verworfen werden, weil der Verfaſſer des Briefes höchſtens einem Reiſenden zu vergleichen iſt, der ſich auf einen Augenblick zu dem Empfänger hinbegeben hat, um den Vertrag zu ſchließen; durch einen ſolchen ganz vorüber- gehenden Aufenthalt aber wird, auch wenn darin ein Ver- trag zu Stande kam, der Sitz der Obligation mit ſeinen rechtlichen Folgen nicht begründet. Daher iſt hier das örtliche Recht der Obligation zu beurtheilen vor Allem nach dem Erfüllungsort, wenn ein ſolcher feſt beſtimmt iſt; fehlt es an einer ſolchen Beſtimmung, ſo gilt für jede Partei das Recht ihres Wohnſitzes (b). — Ganz abweichend von dieſen verſchiedenen Anſichten haben andere Schriftſteller angenommen, der durch Briefwechſel geſchloſſene Vertrag (a) Hommel rhaps., obs. 409 N. 17. 18, Meier p. 59. (b) Wächter II. S. 45 nimmt das Recht des Wohnſitzes allge- mein an, ohne Rückſicht auf den Erfüllungsort. VIII. 17

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/279
Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/279>, abgerufen am 24.04.2024.