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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 378. IV. Erbrecht. Preußisches Recht.
letzten unter den angeführten Schriftstellern behaupten),
oder vielmehr bei unbeweglichen Vermögensstücken das
Recht der gelegenen Sache (nach den zwei ersten Schrift-
stellern).

Betrachten wir die Sache blos vom Standpunkt allge-
gemeiner Grundsätze aus, so müssen wir unbedenklich den
Wohnsitz als allgemeine Grundlage annehmen, übereinstim-
mend mit dem Römischen Recht. Denn diese Annahme folgt
streng und nothwendig aus dem Römischen Begriff der
Universalsuccession (§ 375); dieser Begriff aber wird nicht
etwa von uns der Preußischen Gesetzgebung untergeschoben,
sondern er liegt unzweifelhaft dem gesammten Preußischen
Erbrecht zum Grunde. Wäre es also anders nach bestimm-
ten Preußischen Gesetzen, so könnten wir darin doch höch-
stens eine Inconsequenz erkennen.

Der ganze Streit dreht sich in der That um die Erklä-
rung folgender Stelle des allgemeinen Landrechts (Einlei-
tung § 32):
In Ansehung des unbeweglichen Vermögens gel-
ten, ohne Rücksicht auf die Person des Eigen-
thümers, die Gesetze der Gerichtsbarkeit, unter
welcher sich dasselbe befindet.

Wenn man dieser sehr abstract gefaßten Vorschrift die
höchste Ausdehnung giebt, deren die Worte empfänglich
sind, so kann allerdings der von den Gegnern behauptete
Sinn in dieselbe gelegt werden. Es fragt sich aber, wel-
cher Sinn in ihr nach richtiger Auslegung zu finden ist.

§. 378. IV. Erbrecht. Preußiſches Recht.
letzten unter den angeführten Schriftſtellern behaupten),
oder vielmehr bei unbeweglichen Vermögensſtücken das
Recht der gelegenen Sache (nach den zwei erſten Schrift-
ſtellern).

Betrachten wir die Sache blos vom Standpunkt allge-
gemeiner Grundſätze aus, ſo müſſen wir unbedenklich den
Wohnſitz als allgemeine Grundlage annehmen, übereinſtim-
mend mit dem Römiſchen Recht. Denn dieſe Annahme folgt
ſtreng und nothwendig aus dem Römiſchen Begriff der
Univerſalſucceſſion (§ 375); dieſer Begriff aber wird nicht
etwa von uns der Preußiſchen Geſetzgebung untergeſchoben,
ſondern er liegt unzweifelhaft dem geſammten Preußiſchen
Erbrecht zum Grunde. Wäre es alſo anders nach beſtimm-
ten Preußiſchen Geſetzen, ſo könnten wir darin doch höch-
ſtens eine Inconſequenz erkennen.

Der ganze Streit dreht ſich in der That um die Erklä-
rung folgender Stelle des allgemeinen Landrechts (Einlei-
tung § 32):
In Anſehung des unbeweglichen Vermögens gel-
ten, ohne Rückſicht auf die Perſon des Eigen-
thümers, die Geſetze der Gerichtsbarkeit, unter
welcher ſich daſſelbe befindet.

Wenn man dieſer ſehr abſtract gefaßten Vorſchrift die
höchſte Ausdehnung giebt, deren die Worte empfänglich
ſind, ſo kann allerdings der von den Gegnern behauptete
Sinn in dieſelbe gelegt werden. Es fragt ſich aber, wel-
cher Sinn in ihr nach richtiger Auslegung zu finden iſt.

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[317/0339] §. 378. IV. Erbrecht. Preußiſches Recht. letzten unter den angeführten Schriftſtellern behaupten), oder vielmehr bei unbeweglichen Vermögensſtücken das Recht der gelegenen Sache (nach den zwei erſten Schrift- ſtellern). Betrachten wir die Sache blos vom Standpunkt allge- gemeiner Grundſätze aus, ſo müſſen wir unbedenklich den Wohnſitz als allgemeine Grundlage annehmen, übereinſtim- mend mit dem Römiſchen Recht. Denn dieſe Annahme folgt ſtreng und nothwendig aus dem Römiſchen Begriff der Univerſalſucceſſion (§ 375); dieſer Begriff aber wird nicht etwa von uns der Preußiſchen Geſetzgebung untergeſchoben, ſondern er liegt unzweifelhaft dem geſammten Preußiſchen Erbrecht zum Grunde. Wäre es alſo anders nach beſtimm- ten Preußiſchen Geſetzen, ſo könnten wir darin doch höch- ſtens eine Inconſequenz erkennen. Der ganze Streit dreht ſich in der That um die Erklä- rung folgender Stelle des allgemeinen Landrechts (Einlei- tung § 32): In Anſehung des unbeweglichen Vermögens gel- ten, ohne Rückſicht auf die Perſon des Eigen- thümers, die Geſetze der Gerichtsbarkeit, unter welcher ſich daſſelbe befindet. Wenn man dieſer ſehr abſtract gefaßten Vorſchrift die höchſte Ausdehnung giebt, deren die Worte empfänglich ſind, ſo kann allerdings der von den Gegnern behauptete Sinn in dieſelbe gelegt werden. Es fragt ſich aber, wel- cher Sinn in ihr nach richtiger Auslegung zu finden iſt.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/339>, abgerufen am 28.03.2024.