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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 378. IV. Erbrecht. Preußisches Recht.
nahme der von ihnen angenommenen Regel, suchen aber
vergeblich diese Absicht aus der Entstehungsgeschichte der
Stelle herzuleiten (g).

2. Nach der Meinung der Gegner müßten oft mehrere
Erbschaften desselben Erblassers angenommen werden; in
dem oben angegebenen Beispiel Vier Erbschaften. Dann
wäre es consequent, für jede derselben einen besonderen
Gerichtsstand anzuordnen, da wo die einzelnen Grundstücke
liegen. Das Preußische Gesetz aber nimmt überall nur
Einen Gerichtsstand der Erbschaft an, am letzten Wohnsitz
des Verstorbenen (h), ohne den Fall auswärts liegender
Grundstücke auszunehmen. Darin erkennt sie an, daß stets
nur Eine Erbschaft vorkommen kann.

3. Wenn Jemand einen Erben einsetzt, und demselben
mehrere Personen ohne weitere Bestimmung substituirt,
welche die Intestaterben des eingesetzten Erben seyn wür-
den, so soll die Substitution so ausgelegt werden, daß sie
sich nach den Regeln der Intestaterbfolge richte, und diese

(g) Bornemann S. 58--60.
Der § 78 des Anhangs ist ent-
nommen aus einer Entscheidung
der Gesetzcommission von 1794.
Diese aber war veranlaßt durch
eine Anfrage der Regierung zu
Cleve, worin beiläufig die irrige
Lehre für andere Fälle als wahr
dargestellt wurde. Die Gesetzcom-
mission gab ihre Entscheidung,
ohne auf die Ausführung der
Gründe einzugehen, und dadurch
soll sie stillschweigend die falsche
Meinung der Regierung zu Cleve
gebilligt, und die Entscheidung
selbst als bloße Ausnahme aner-
kannt haben. Die Aktenstücke sind
abgedruckt in Klein's Annalen
B. 13 S. 3 -- 6.
(h) Allg. Gerichtsordnung I.
2 § 121.
21*

§. 378. IV. Erbrecht. Preußiſches Recht.
nahme der von ihnen angenommenen Regel, ſuchen aber
vergeblich dieſe Abſicht aus der Entſtehungsgeſchichte der
Stelle herzuleiten (g).

2. Nach der Meinung der Gegner müßten oft mehrere
Erbſchaften deſſelben Erblaſſers angenommen werden; in
dem oben angegebenen Beiſpiel Vier Erbſchaften. Dann
wäre es conſequent, für jede derſelben einen beſonderen
Gerichtsſtand anzuordnen, da wo die einzelnen Grundſtücke
liegen. Das Preußiſche Geſetz aber nimmt überall nur
Einen Gerichtsſtand der Erbſchaft an, am letzten Wohnſitz
des Verſtorbenen (h), ohne den Fall auswärts liegender
Grundſtücke auszunehmen. Darin erkennt ſie an, daß ſtets
nur Eine Erbſchaft vorkommen kann.

3. Wenn Jemand einen Erben einſetzt, und demſelben
mehrere Perſonen ohne weitere Beſtimmung ſubſtituirt,
welche die Inteſtaterben des eingeſetzten Erben ſeyn wür-
den, ſo ſoll die Subſtitution ſo ausgelegt werden, daß ſie
ſich nach den Regeln der Inteſtaterbfolge richte, und dieſe

(g) Bornemann S. 58—60.
Der § 78 des Anhangs iſt ent-
nommen aus einer Entſcheidung
der Geſetzcommiſſion von 1794.
Dieſe aber war veranlaßt durch
eine Anfrage der Regierung zu
Cleve, worin beiläufig die irrige
Lehre für andere Fälle als wahr
dargeſtellt wurde. Die Geſetzcom-
miſſion gab ihre Entſcheidung,
ohne auf die Ausführung der
Gründe einzugehen, und dadurch
ſoll ſie ſtillſchweigend die falſche
Meinung der Regierung zu Cleve
gebilligt, und die Entſcheidung
ſelbſt als bloße Ausnahme aner-
kannt haben. Die Aktenſtücke ſind
abgedruckt in Klein’s Annalen
B. 13 S. 3 — 6.
(h) Allg. Gerichtsordnung I.
2 § 121.
21*
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[323/0345] §. 378. IV. Erbrecht. Preußiſches Recht. nahme der von ihnen angenommenen Regel, ſuchen aber vergeblich dieſe Abſicht aus der Entſtehungsgeſchichte der Stelle herzuleiten (g). 2. Nach der Meinung der Gegner müßten oft mehrere Erbſchaften deſſelben Erblaſſers angenommen werden; in dem oben angegebenen Beiſpiel Vier Erbſchaften. Dann wäre es conſequent, für jede derſelben einen beſonderen Gerichtsſtand anzuordnen, da wo die einzelnen Grundſtücke liegen. Das Preußiſche Geſetz aber nimmt überall nur Einen Gerichtsſtand der Erbſchaft an, am letzten Wohnſitz des Verſtorbenen (h), ohne den Fall auswärts liegender Grundſtücke auszunehmen. Darin erkennt ſie an, daß ſtets nur Eine Erbſchaft vorkommen kann. 3. Wenn Jemand einen Erben einſetzt, und demſelben mehrere Perſonen ohne weitere Beſtimmung ſubſtituirt, welche die Inteſtaterben des eingeſetzten Erben ſeyn wür- den, ſo ſoll die Subſtitution ſo ausgelegt werden, daß ſie ſich nach den Regeln der Inteſtaterbfolge richte, und dieſe (g) Bornemann S. 58—60. Der § 78 des Anhangs iſt ent- nommen aus einer Entſcheidung der Geſetzcommiſſion von 1794. Dieſe aber war veranlaßt durch eine Anfrage der Regierung zu Cleve, worin beiläufig die irrige Lehre für andere Fälle als wahr dargeſtellt wurde. Die Geſetzcom- miſſion gab ihre Entſcheidung, ohne auf die Ausführung der Gründe einzugehen, und dadurch ſoll ſie ſtillſchweigend die falſche Meinung der Regierung zu Cleve gebilligt, und die Entſcheidung ſelbſt als bloße Ausnahme aner- kannt haben. Die Aktenſtücke ſind abgedruckt in Klein’s Annalen B. 13 S. 3 — 6. (h) Allg. Gerichtsordnung I. 2 § 121. 21*

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/345>, abgerufen am 29.03.2024.