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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 383. Einleitung.
die Gränzen dieses Gebietes, zu bestimmen (§ 344). Eine
solche Gränzbestimmung kann nach zwei Seiten hin nöthig
seyn, je nachdem neben einander, oder nach einander, ver-
schiedene Rechtsregeln als geltend gedacht werden. Von
der ersten Art, der Bestimmung der örtlichen Gränzen, ist
bisher gehandelt worden (Kap. I.). Es bleibt nun noch
die zweite Art der Gränzbestimmung übrig, die sich auf die
zeitlichen Gränzen bezieht.

Dabei wird vorausgesetzt, daß an demselben Orte in
zwei verschiedenen Zeiträumen verschiedene Rechtsregeln
gelten, zu welchen ein gegebenes Rechtsverhältniß, oder eine
einzelne Rechtsfrage, in solche Beziehung kommt, daß es
zweifelhaft wird, welche unter jenen beiden Rechtsregeln die
Entscheidung der Frage beherrschen soll. Ein solcher Streit
zweier Rechtsregeln um die Herrschaft setzt also stets eine
eingetretene Veränderung voraus. Diese Veränderung aber,
sofern sie dem Gebiet der nun folgenden Untersuchung ange-
hören soll, muß noch näher dahin bestimmt werden, daß
es eine Veränderung in den Rechtsregeln selbst (dem objec-
tiven Recht) seyn muß, nicht eine bloße Veränderung in
den thatsächlichen Bedingungen des Rechtsverhältnisses (dem
subjectiven Recht), indem nämlich die Veränderungen dieser
letzten Art bereits in Verbindung mit den örtlichen Gränzen
der Herrschaft abgehandelt worden sind (b). Wir setzen
also im Laufe der jetzt folgenden Untersuchung voraus ein

(b) S. o. § 344 am Schluß des §.
VIII. 24

§. 383. Einleitung.
die Gränzen dieſes Gebietes, zu beſtimmen (§ 344). Eine
ſolche Gränzbeſtimmung kann nach zwei Seiten hin nöthig
ſeyn, je nachdem neben einander, oder nach einander, ver-
ſchiedene Rechtsregeln als geltend gedacht werden. Von
der erſten Art, der Beſtimmung der örtlichen Gränzen, iſt
bisher gehandelt worden (Kap. I.). Es bleibt nun noch
die zweite Art der Gränzbeſtimmung übrig, die ſich auf die
zeitlichen Gränzen bezieht.

Dabei wird vorausgeſetzt, daß an demſelben Orte in
zwei verſchiedenen Zeiträumen verſchiedene Rechtsregeln
gelten, zu welchen ein gegebenes Rechtsverhältniß, oder eine
einzelne Rechtsfrage, in ſolche Beziehung kommt, daß es
zweifelhaft wird, welche unter jenen beiden Rechtsregeln die
Entſcheidung der Frage beherrſchen ſoll. Ein ſolcher Streit
zweier Rechtsregeln um die Herrſchaft ſetzt alſo ſtets eine
eingetretene Veränderung voraus. Dieſe Veränderung aber,
ſofern ſie dem Gebiet der nun folgenden Unterſuchung ange-
hören ſoll, muß noch näher dahin beſtimmt werden, daß
es eine Veränderung in den Rechtsregeln ſelbſt (dem objec-
tiven Recht) ſeyn muß, nicht eine bloße Veränderung in
den thatſächlichen Bedingungen des Rechtsverhältniſſes (dem
ſubjectiven Recht), indem nämlich die Veränderungen dieſer
letzten Art bereits in Verbindung mit den örtlichen Gränzen
der Herrſchaft abgehandelt worden ſind (b). Wir ſetzen
alſo im Laufe der jetzt folgenden Unterſuchung voraus ein

(b) S. o. § 344 am Schluß des §.
VIII. 24
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[369/0391] §. 383. Einleitung. die Gränzen dieſes Gebietes, zu beſtimmen (§ 344). Eine ſolche Gränzbeſtimmung kann nach zwei Seiten hin nöthig ſeyn, je nachdem neben einander, oder nach einander, ver- ſchiedene Rechtsregeln als geltend gedacht werden. Von der erſten Art, der Beſtimmung der örtlichen Gränzen, iſt bisher gehandelt worden (Kap. I.). Es bleibt nun noch die zweite Art der Gränzbeſtimmung übrig, die ſich auf die zeitlichen Gränzen bezieht. Dabei wird vorausgeſetzt, daß an demſelben Orte in zwei verſchiedenen Zeiträumen verſchiedene Rechtsregeln gelten, zu welchen ein gegebenes Rechtsverhältniß, oder eine einzelne Rechtsfrage, in ſolche Beziehung kommt, daß es zweifelhaft wird, welche unter jenen beiden Rechtsregeln die Entſcheidung der Frage beherrſchen ſoll. Ein ſolcher Streit zweier Rechtsregeln um die Herrſchaft ſetzt alſo ſtets eine eingetretene Veränderung voraus. Dieſe Veränderung aber, ſofern ſie dem Gebiet der nun folgenden Unterſuchung ange- hören ſoll, muß noch näher dahin beſtimmt werden, daß es eine Veränderung in den Rechtsregeln ſelbſt (dem objec- tiven Recht) ſeyn muß, nicht eine bloße Veränderung in den thatſächlichen Bedingungen des Rechtsverhältniſſes (dem ſubjectiven Recht), indem nämlich die Veränderungen dieſer letzten Art bereits in Verbindung mit den örtlichen Gränzen der Herrſchaft abgehandelt worden ſind (b). Wir ſetzen alſo im Laufe der jetzt folgenden Unterſuchung voraus ein (b) S. o. § 344 am Schluß des §. VIII. 24

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/391>, abgerufen am 20.04.2024.