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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 351. Origo und domicilium I. Origo.
wohner von Italien waren Angehörige entweder der Stadt
Rom, oder irgend einer dieser städtischen Gemeinden.

Die Provinzen dagegen hatten ursprünglich sehr ver-
schiedene Verfassungen. Indessen wurden sie allmälig immer
mehr der Städteverfassung von Italien angenähert, wenn
gleich diese nicht so vollständig und eingreifend in ihnen
durchgeführt wurde. Zur Zeit der großen Juristen, im
zweiten und dritten Jahrhundert unsrer Zeitrechnung, konnte
man den so eben für Italien aufgestellten Grundsatz fast
auf das ganze Reich anwenden: der Boden des Reichs
war fast ganz in bestimmten Stadtgebieten enthalten, und
die Einwohner des Reichs waren nunmehr Angehörige ent-
weder der Stadt Rom, oder irgend einer anderen städtischen
Gemeinde (b).

Die Stadtgemeinden führen den gemeinsamen Namen
civitates oder respublicae (c). Das Gebiet jeder Stadt
heißt territorium, auch wohl regio (d). Jedes städtische
Gebiet, und die demselben angehörende Gemeinde, umfaßte

(b) In wiefern sie auch beides
zugleich seyn konnten, späterhin
sogar sein mußten, wird weiter
unten festgestellt werden.
(c) S. o. B. 2 § 87. Auch
municipes, als collectiver Aus-
druck, wird häufig gebraucht, um
die Gemeinde selbst, als juristische
Person, zu bezeichnen; der Aus-
druck steht dann für municipium,
welches letzte aber gerade in dieser
abstracten Bedeutung (für Städte
jeder Art) nicht üblich ist (§ 352.
f. g).
(d) Territorium. L. 239 § 8
de V. S. (50. 16), L. 20 de jurisd.
(2. 1), L. 20 de jud. (5. 1),
L 53 C. de decur. (10. 31). --
Regio. Siculus Flaccus de
condicionibus agrorum,
gleich
im Anfang der Schrift, p. 135 der
Gromatici veteres ed. Lach-
mann Berol.
1848.

§. 351. Origo und domicilium I. Origo.
wohner von Italien waren Angehörige entweder der Stadt
Rom, oder irgend einer dieſer ſtädtiſchen Gemeinden.

Die Provinzen dagegen hatten urſprünglich ſehr ver-
ſchiedene Verfaſſungen. Indeſſen wurden ſie allmälig immer
mehr der Städteverfaſſung von Italien angenähert, wenn
gleich dieſe nicht ſo vollſtändig und eingreifend in ihnen
durchgeführt wurde. Zur Zeit der großen Juriſten, im
zweiten und dritten Jahrhundert unſrer Zeitrechnung, konnte
man den ſo eben für Italien aufgeſtellten Grundſatz faſt
auf das ganze Reich anwenden: der Boden des Reichs
war faſt ganz in beſtimmten Stadtgebieten enthalten, und
die Einwohner des Reichs waren nunmehr Angehörige ent-
weder der Stadt Rom, oder irgend einer anderen ſtädtiſchen
Gemeinde (b).

Die Stadtgemeinden führen den gemeinſamen Namen
civitates oder respublicae (c). Das Gebiet jeder Stadt
heißt territorium, auch wohl regio (d). Jedes ſtädtiſche
Gebiet, und die demſelben angehörende Gemeinde, umfaßte

(b) In wiefern ſie auch beides
zugleich ſeyn konnten, ſpäterhin
ſogar ſein mußten, wird weiter
unten feſtgeſtellt werden.
(c) S. o. B. 2 § 87. Auch
municipes, als collectiver Aus-
druck, wird häufig gebraucht, um
die Gemeinde ſelbſt, als juriſtiſche
Perſon, zu bezeichnen; der Aus-
druck ſteht dann für municipium,
welches letzte aber gerade in dieſer
abſtracten Bedeutung (für Städte
jeder Art) nicht üblich iſt (§ 352.
f. g).
(d) Territorium. L. 239 § 8
de V. S. (50. 16), L. 20 de jurisd.
(2. 1), L. 20 de jud. (5. 1),
L 53 C. de decur. (10. 31). —
Regio. Siculus Flaccus de
condicionibus agrorum,
gleich
im Anfang der Schrift, p. 135 der
Gromatici veteres ed. Lach-
mann Berol.
1848.
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[45/0067] §. 351. Origo und domicilium I. Origo. wohner von Italien waren Angehörige entweder der Stadt Rom, oder irgend einer dieſer ſtädtiſchen Gemeinden. Die Provinzen dagegen hatten urſprünglich ſehr ver- ſchiedene Verfaſſungen. Indeſſen wurden ſie allmälig immer mehr der Städteverfaſſung von Italien angenähert, wenn gleich dieſe nicht ſo vollſtändig und eingreifend in ihnen durchgeführt wurde. Zur Zeit der großen Juriſten, im zweiten und dritten Jahrhundert unſrer Zeitrechnung, konnte man den ſo eben für Italien aufgeſtellten Grundſatz faſt auf das ganze Reich anwenden: der Boden des Reichs war faſt ganz in beſtimmten Stadtgebieten enthalten, und die Einwohner des Reichs waren nunmehr Angehörige ent- weder der Stadt Rom, oder irgend einer anderen ſtädtiſchen Gemeinde (b). Die Stadtgemeinden führen den gemeinſamen Namen civitates oder respublicae (c). Das Gebiet jeder Stadt heißt territorium, auch wohl regio (d). Jedes ſtädtiſche Gebiet, und die demſelben angehörende Gemeinde, umfaßte (b) In wiefern ſie auch beides zugleich ſeyn konnten, ſpäterhin ſogar ſein mußten, wird weiter unten feſtgeſtellt werden. (c) S. o. B. 2 § 87. Auch municipes, als collectiver Aus- druck, wird häufig gebraucht, um die Gemeinde ſelbſt, als juriſtiſche Perſon, zu bezeichnen; der Aus- druck ſteht dann für municipium, welches letzte aber gerade in dieſer abſtracten Bedeutung (für Städte jeder Art) nicht üblich iſt (§ 352. f. g). (d) Territorium. L. 239 § 8 de V. S. (50. 16), L. 20 de jurisd. (2. 1), L. 20 de jud. (5. 1), L 53 C. de decur. (10. 31). — Regio. Siculus Flaccus de condicionibus agrorum, gleich im Anfang der Schrift, p. 135 der Gromatici veteres ed. Lach- mann Berol. 1848.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/67>, abgerufen am 25.04.2024.