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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 355. Origo und domicilium. Wirkung.
Angehörigen jeder Stadt, und nur diese, betrafen. Dage-
gen ist es wichtig, davon streng zu unterscheiden diejenigen
Lasten, die blos auf dem Grundbesitz hafteten (wie die
Grundsteuern), ganz ohne Rücksicht darauf, ob der Besitzer
persönlich der Stadt angehörte (durch origo oder domicilium),
oder nicht (l).

Die hier dargestellte Verpflichtung zur Uebernahme
städtischer Lasten betraf in der Regel alle Angehörige einer
Stadt, ohne Unterschied, ob sie in dieses Verhältniß durch
Bürgerrecht oder durch Wohnsitz eingetreten waren (m).
Wer also in mehreren Städten zugleich das Bürgerrecht,
vielleicht auch in mehreren den Wohnsitz hatte (§ 351, 354),
war in jeder dieser Städte zur vollständigen Theilnahme
an diesen Lasten verpflichtet, und konnte dadurch in ein sehr
nachtheiliges Verhältniß kommen.

Obgleich aber diese allgemeine und gleichmäßige Ver-
pflichtung aller Angehörigen die Regel bildete, so gab es
doch daneben ausnahmsweise vielfache Befreiungen aus
sehr verschiedenen Gründen, und unter verschiedenen Benen-

(l) L. 6 § 5 de mun. (50. 4),
L. 14 § 2, L. 18 § 21--25, L. 29.
30 eod., L. 10 pr. de vac. (50. 5),
L. 11 eod.
-- Etwas abweichend
ist der Sprachgebrauch einer Stelle,
worin diese reine Grundlasten
patrimonii munera genannt
werden. L. un. C. de mulier.
(10. 62).
(m) L. 22 § 2, L. 29 ad
mun.
(50. 1), L. 6 § 5, L. 18
§ 22 de mun. (50. 4), L. 1 C. de
municip.
(10. 38), L. 4. 6 C. de
incolis
(10. 39). -- Die schwan-
kende Erklärung mancher Stellen
über das domicilium von Bauer-
höfen im Stadtgebiet (§ 353 d.),
mag daher rühren, daß vielleicht
für manche Arten der Lasten ein
verschiedener Vertheilungsmaaßstab,
etwa nach örtlichen Gränzen, an-
genommen wurde.

§. 355. Origo und domicilium. Wirkung.
Angehörigen jeder Stadt, und nur dieſe, betrafen. Dage-
gen iſt es wichtig, davon ſtreng zu unterſcheiden diejenigen
Laſten, die blos auf dem Grundbeſitz hafteten (wie die
Grundſteuern), ganz ohne Rückſicht darauf, ob der Beſitzer
perſönlich der Stadt angehörte (durch origo oder domicilium),
oder nicht (l).

Die hier dargeſtellte Verpflichtung zur Uebernahme
ſtädtiſcher Laſten betraf in der Regel alle Angehörige einer
Stadt, ohne Unterſchied, ob ſie in dieſes Verhältniß durch
Bürgerrecht oder durch Wohnſitz eingetreten waren (m).
Wer alſo in mehreren Städten zugleich das Bürgerrecht,
vielleicht auch in mehreren den Wohnſitz hatte (§ 351, 354),
war in jeder dieſer Städte zur vollſtändigen Theilnahme
an dieſen Laſten verpflichtet, und konnte dadurch in ein ſehr
nachtheiliges Verhältniß kommen.

Obgleich aber dieſe allgemeine und gleichmäßige Ver-
pflichtung aller Angehörigen die Regel bildete, ſo gab es
doch daneben ausnahmsweiſe vielfache Befreiungen aus
ſehr verſchiedenen Gründen, und unter verſchiedenen Benen-

(l) L. 6 § 5 de mun. (50. 4),
L. 14 § 2, L. 18 § 21—25, L. 29.
30 eod., L. 10 pr. de vac. (50. 5),
L. 11 eod.
— Etwas abweichend
iſt der Sprachgebrauch einer Stelle,
worin dieſe reine Grundlaſten
patrimonii munera genannt
werden. L. un. C. de mulier.
(10. 62).
(m) L. 22 § 2, L. 29 ad
mun.
(50. 1), L. 6 § 5, L. 18
§ 22 de mun. (50. 4), L. 1 C. de
municip.
(10. 38), L. 4. 6 C. de
incolis
(10. 39). — Die ſchwan-
kende Erklärung mancher Stellen
über das domicilium von Bauer-
höfen im Stadtgebiet (§ 353 d.),
mag daher rühren, daß vielleicht
für manche Arten der Laſten ein
verſchiedener Vertheilungsmaaßſtab,
etwa nach örtlichen Gränzen, an-
genommen wurde.
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[71/0093] §. 355. Origo und domicilium. Wirkung. Angehörigen jeder Stadt, und nur dieſe, betrafen. Dage- gen iſt es wichtig, davon ſtreng zu unterſcheiden diejenigen Laſten, die blos auf dem Grundbeſitz hafteten (wie die Grundſteuern), ganz ohne Rückſicht darauf, ob der Beſitzer perſönlich der Stadt angehörte (durch origo oder domicilium), oder nicht (l). Die hier dargeſtellte Verpflichtung zur Uebernahme ſtädtiſcher Laſten betraf in der Regel alle Angehörige einer Stadt, ohne Unterſchied, ob ſie in dieſes Verhältniß durch Bürgerrecht oder durch Wohnſitz eingetreten waren (m). Wer alſo in mehreren Städten zugleich das Bürgerrecht, vielleicht auch in mehreren den Wohnſitz hatte (§ 351, 354), war in jeder dieſer Städte zur vollſtändigen Theilnahme an dieſen Laſten verpflichtet, und konnte dadurch in ein ſehr nachtheiliges Verhältniß kommen. Obgleich aber dieſe allgemeine und gleichmäßige Ver- pflichtung aller Angehörigen die Regel bildete, ſo gab es doch daneben ausnahmsweiſe vielfache Befreiungen aus ſehr verſchiedenen Gründen, und unter verſchiedenen Benen- (l) L. 6 § 5 de mun. (50. 4), L. 14 § 2, L. 18 § 21—25, L. 29. 30 eod., L. 10 pr. de vac. (50. 5), L. 11 eod. — Etwas abweichend iſt der Sprachgebrauch einer Stelle, worin dieſe reine Grundlaſten patrimonii munera genannt werden. L. un. C. de mulier. (10. 62). (m) L. 22 § 2, L. 29 ad mun. (50. 1), L. 6 § 5, L. 18 § 22 de mun. (50. 4), L. 1 C. de municip. (10. 38), L. 4. 6 C. de incolis (10. 39). — Die ſchwan- kende Erklärung mancher Stellen über das domicilium von Bauer- höfen im Stadtgebiet (§ 353 d.), mag daher rühren, daß vielleicht für manche Arten der Laſten ein verſchiedener Vertheilungsmaaßſtab, etwa nach örtlichen Gränzen, an- genommen wurde.

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/93>, abgerufen am 25.04.2024.