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Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849.

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§. 356. Origo und domicilium. Wirkung. (Forts.)
ordnung der Person unter das territoriale Recht einer Stadt
begründet werden.

Es wird also hier ein innerer Zusammenhang behauptet
zwischen den drei verschiedenen Wirkungen der Angehörig-
keit an eine Stadtgemeinde, und dieser Zusammenhang ist
besonders zu bemerken zwischen den zwei letzten Wirkungen
(dem Gerichtsstand und dem territorialen Recht), da beide
nur als verschiedene Seiten des gesammten örtlichen Rechts-
zustandes anzusehen sind. Die Anerkennung aber dieses
inneren Zusammenhanges ist für unsere ganze Aufgabe von
Wichtigkeit, und reicht selbst über die eigenthümliche Rö-
mische Verfassung hinaus, so daß auch bei der Feststellung
des heutigen Rechtszustandes davon Gebrauch zu machen
seyn wird.

Die Richtigkeit der hier aufgestellten Behauptung, so
wie die bestimmtere Ausführung derselben, will ich nun-
mehr in den Quellen des Römischen Rechts nachzuweisen
versuchen. Allerdings sind die Aussprüche der Römischen
Juristen über diese Frage sehr spärlich, um so mehr, als
wir bei einem kritischen Verfahren genöthigt sind, gar
manche scheinbare Aeußerungen über dieselbe als nicht da-
hin gehörend zurück zu weisen. Auch dürften jene wenige
Aussprüche kaum hinreichen, die Ansicht der Römer voll-
ständig zu erkennen.

1. Der älteste hierher gehörende Fall bezieht sich auf
die Collision eines positiven Römischen Gesetzes mit dem

§. 356. Origo und domicilium. Wirkung. (Fortſ.)
ordnung der Perſon unter das territoriale Recht einer Stadt
begründet werden.

Es wird alſo hier ein innerer Zuſammenhang behauptet
zwiſchen den drei verſchiedenen Wirkungen der Angehörig-
keit an eine Stadtgemeinde, und dieſer Zuſammenhang iſt
beſonders zu bemerken zwiſchen den zwei letzten Wirkungen
(dem Gerichtsſtand und dem territorialen Recht), da beide
nur als verſchiedene Seiten des geſammten örtlichen Rechts-
zuſtandes anzuſehen ſind. Die Anerkennung aber dieſes
inneren Zuſammenhanges iſt für unſere ganze Aufgabe von
Wichtigkeit, und reicht ſelbſt über die eigenthümliche Rö-
miſche Verfaſſung hinaus, ſo daß auch bei der Feſtſtellung
des heutigen Rechtszuſtandes davon Gebrauch zu machen
ſeyn wird.

Die Richtigkeit der hier aufgeſtellten Behauptung, ſo
wie die beſtimmtere Ausführung derſelben, will ich nun-
mehr in den Quellen des Römiſchen Rechts nachzuweiſen
verſuchen. Allerdings ſind die Ausſprüche der Römiſchen
Juriſten über dieſe Frage ſehr ſpärlich, um ſo mehr, als
wir bei einem kritiſchen Verfahren genöthigt ſind, gar
manche ſcheinbare Aeußerungen über dieſelbe als nicht da-
hin gehörend zurück zu weiſen. Auch dürften jene wenige
Ausſprüche kaum hinreichen, die Anſicht der Römer voll-
ſtändig zu erkennen.

1. Der älteſte hierher gehörende Fall bezieht ſich auf
die Colliſion eines poſitiven Römiſchen Geſetzes mit dem

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[77/0099] §. 356. Origo und domicilium. Wirkung. (Fortſ.) ordnung der Perſon unter das territoriale Recht einer Stadt begründet werden. Es wird alſo hier ein innerer Zuſammenhang behauptet zwiſchen den drei verſchiedenen Wirkungen der Angehörig- keit an eine Stadtgemeinde, und dieſer Zuſammenhang iſt beſonders zu bemerken zwiſchen den zwei letzten Wirkungen (dem Gerichtsſtand und dem territorialen Recht), da beide nur als verſchiedene Seiten des geſammten örtlichen Rechts- zuſtandes anzuſehen ſind. Die Anerkennung aber dieſes inneren Zuſammenhanges iſt für unſere ganze Aufgabe von Wichtigkeit, und reicht ſelbſt über die eigenthümliche Rö- miſche Verfaſſung hinaus, ſo daß auch bei der Feſtſtellung des heutigen Rechtszuſtandes davon Gebrauch zu machen ſeyn wird. Die Richtigkeit der hier aufgeſtellten Behauptung, ſo wie die beſtimmtere Ausführung derſelben, will ich nun- mehr in den Quellen des Römiſchen Rechts nachzuweiſen verſuchen. Allerdings ſind die Ausſprüche der Römiſchen Juriſten über dieſe Frage ſehr ſpärlich, um ſo mehr, als wir bei einem kritiſchen Verfahren genöthigt ſind, gar manche ſcheinbare Aeußerungen über dieſelbe als nicht da- hin gehörend zurück zu weiſen. Auch dürften jene wenige Ausſprüche kaum hinreichen, die Anſicht der Römer voll- ſtändig zu erkennen. 1. Der älteſte hierher gehörende Fall bezieht ſich auf die Colliſion eines poſitiven Römiſchen Geſetzes mit dem

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Zitationshilfe: Savigny, Friedrich Carl von: System des heutigen Römischen Rechts. Bd. 8. Berlin, 1849, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/savigny_system08_1849/99>, abgerufen am 25.04.2024.